Wohnungspolitisches Konzept für Sachsen
Beschluss der 4. Tagung des 14. Landesparteitages in Radebeul.
Zusammenfassung
Wohnen ist auch in Sachsen zu einer der zentralen sozialen Fragen geworden.
Insbesondere in Dresden und Leipzig steigen die Mieten stark an. Vor allem Menschen mit geringen Einkommen droht die Verdrängung aus ihren Wohnungen und ihrem gewohnten Umfeld. Eine ähnliche Entwicklung hat mittlerweile auch in kleineren Städten und Gemeinden in den Speckgürteln der beiden Großstädte eingesetzt. Gleichzeitig leiden viele Mittel- und Kleinstädte sowie Dörfer etwa in der Lausitz, im Erzgebirge und im Vogtland unter den Folgen der Abwanderung und des demografischen Wandels. Der Wohnungsleerstand im ländlichen Raum ist weiterhin hoch und dürfte perspektivisch mit dem Fortgang der demografischen Entwicklung sogar noch ansteigen. Hinzu kommt in ganz Sachsen ein erheblicher Investitionsbedarf beim altersgerechten und barrierefreien Umbau von Wohnungen, damit Menschen im Alter in ihren Wohnungen bleiben können.
Die Staatsregierung hat all diese Probleme nicht ausreichend angepackt. Sachsen hält die rote Laterne in der Wohnungspolitik.
Ein LINKES Wohnungskonzept muss den unterschiedlichen Problemen in den Ballungsgebieten und in den ländlichen Räumen gerecht werden. Wir nehmen die Unterschiedlichkeit wahr, ohne Stadt und Land gegeneinander auszuspielen. DIE LINKE stellt sich den damit verbundenen Herausforderungen. Dazu haben wir Handlungsvorschläge entwickelt und eine Reihe von Forderungen an Bund, Land und Kommunen erstellt.
Zu den zentralen Punkten gehören:
- keine weiteren Privatisierungen von öffentlichen Wohnungsbeständen und Liegenschaften;
- ein Neustart im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau, mehr finanzielle Mittel für die Soziale Wohnraumförderung von Bund und Land und deren zweckgebundene Verwendung sowie eine Ausweitung des Förderprogramms auf weitere Kommunen;
- die konsequente Nutzung aller Möglichkeiten, die das Miet- und das Städtebaurecht bieten, vor allem die Mietpreisbremse, Kappungsgrenze und Milieuschutzsatzungen, um Mieter*innen vor Mietsteigerungen und Verdrängung zu schützen und gewachsene Stadtviertel zu erhalten;
- die verstärkte Anstrengung zur Schaffung altersgerechten und barrierefreien Wohnraums durch bedarfsgerechte Programme und mehr Fördermittel;
- bei der geplanten Zusammenführung der Programme Stadtumbau Ost und Stadtumbau West darf es keine finanziellen Einschnitte für Ostdeutschland geben, sehr wohl aber eine Schwerpunktverschiebung von der Abrissförderung hin zur Stärkung der Innenstädte und Ortskerne;
- der Kampf um die Erhöhung der „Kosten der Unterkunft“ und des Wohngeldes und die Bekämpfung der Wohnungslosigkeit.
Viele engagierte Genossinnen und Genossen leisten eine wichtige Arbeit: vor Ort in den kommunalen Vertretungen, in den Aufsichtsräten der kommunalen Wohnungsgesellschaften, in Mietervereinen und Bürger*inneninitiativen sowie auf Bundes- und Landesebene. Der Kampf um bezahlbares und gutes Wohnen und um attraktive, lebendige Städte und Dörfer bietet viele Anknüpfungspunkte für DIE LINKE – parlamentarisch, aber auch auf der Straße und nicht zuletzt in den Häusern.
Wohnen: Auch in Sachsen eine zentrale soziale Frage
Problemaufriss: Da steigende Mieten und Verdrängung – dort Landflucht und Leerstand
Wohnen ist mittlerweile auch in Sachsen wieder zu einer der zentralen sozialen Fragen geworden. Insbesondere in Dresden und Leipzig steigen die Mieten stark an. In Leipzig sind sie für neu angebotene Wohnungen zwischen 2012 und 2016 um 21 Prozent gestiegen , in Dresden zwischen 2009 und 2014 sogar um 35 Prozent. Auch wenn die Quadratmeterpreise hier noch lange nicht so hoch sind wie in Hamburg oder München, muss jedoch berücksichtigt werden, dass auch die Einkommen hier deutlich niedriger sind. Der Anteil des Haushaltseinkommens, der für die Miete aufgebracht werden muss, ist ähnlich hoch.
Auch Menschen mit bestehenden Mietverträgen sind von Mietsteigerungen betroffen, vor allem in den Innenstädten. So stiegen z.B. im Leipziger Zentrum die Bestandsmieten zwischen 2003 und 2015 um 38 Prozent . Über die gesamte Stadt gesehen stiegen die Mieten im ähnlichen Zeitraum um 14,2 Prozent, die Nettoeinkommen jedoch nur um etwa die Hälfte (7,8 Prozent) . Im Ergebnis droht für Rentner*innen, Studierende, Erwerbslose, Geringverdiener*innen die Verdrängung aus ihren Wohnungen und ihrem gewohnten Umfeld in weniger attraktive Stadtgebiete. Viele verlieren die Sicherheit, ihre Wohnung weiterhin bezahlen zu können oder eine bezahlbare Wohnung zu finden. Familien mit geringen Einkommen, aber selbst manche Normalverdienenden finden keine bezahlbare Wohnung mehr. Durch eine sich so vollziehende soziale Entmischung geraten unserer Städte in Gefahr, dass zunehmend Viertel für Reiche im Zentrum und Viertel für Arme an den Rändern entstehen. Diese Entwicklung ist in vielen Ballungszentren zu beobachten und macht auch vor Sachsen nicht halt. Zwar hat ein regelrechter Bauboom in den Innenstädten eingesetzt, doch verschärft dieser eher das Problem anstatt es zu lösen. Die neuen Wohnungen entstehen fast ausschließlich im Luxussegment. Nur fünf Prozent der privaten Neubauwohnungen in den 20 größten deutschen Städten sind für Durchschnittsverdienende leistbar. Gebaut werden vorzugsweise Eigentumswohnungen als Kapitalanlage oder für Selbstnutzer*innen.
Eine ähnliche Entwicklung hat mittlerweile auch in kleineren Städten und Gemeinden in den Speckgürteln der beiden Großstädte eingesetzt. Die Einwohner*innenentwicklung ist hier meist deutlich positiver als in den Bevölkerungsprognosen des Bundes und des Landes vorausgesagt wurde. Aber auch in kleineren Städten wie z. B. in Bautzen oder Plauen werden zum Teil ganze Straßenzüge oder Wohnblocks von großen Investoren aufgekauft. Je weiter die neuen Eigentümer, häufig große Wohnungsunternehmen oder Finanzinvestoren mit Sitz in Dresden oder Leipzig, häufiger noch in den alten Bundesländern und zunehmend auch im Ausland, entfernt sind, desto schwieriger wird es für Mietervereine, Mieter*inneninteressen anzumelden und durchzusetzen.
Der neoliberale Rückzug des Staates aus einer aktiven Wohnungspolitik, die Reduzierung öffentlicher Gelder für den Wohnungsbau im Zuge der Sparpolitik, das Schleifen von Mieter*innenrechten hinterlässt auch hierzulande Spuren. Der Drang des Kapitals auf den Immobilienmarkt, nach Investitionen in Wohnungen und Grundstücke im Zuge der Finanzmarktkrisen und der Niedrigzinspolitik kommt erschwerend hinzu. Parallel hält die Abwanderung aus strukturschwachen Regionen in die Großstädte weiterhin an. Die neue
Wohnungsnot hat Sachsen erreicht.
Gleichzeitig leiden viele Mittel- und Kleinstädte sowie Dörfer etwa in der Lausitz, im Erzgebirge und im Vogtland unter den Folgen der Abwanderung und des demografischen Wandels. Der Wohnungsleerstand im ländlichen Raum ist weiterhin hoch und dürfte perspektivisch mit dem Fortgang der demografischen Entwicklung sogar noch ansteigen. Hier rächt sich eine jahrlange verfehlte Leuchtturmpolitik, die ländliche und strukturschwache Regionen hat ausbluten lassen, die auf niedrige Löhne gesetzt und die Infrastruktur, Schulen, Jugendclubs und vieles mehr fahrlässig abgebaut hat. Sie vermochte den Abstand der strukturschwachen Gebiete zu den Großstädten nicht zu überbrücken, im Gegenteil, sie machte den Graben noch breiter. Deindustrialisierung und Infrastrukturabbau waren schwere Einschnitte, die kurzfristig nicht umkehrbar sind – schon gar nicht mit den Mitteln der Wohnungspolitik. Anstatt Menschen auf Wohnungssuche und denen, die aus ihren Wohnungen verdrängt werden, mit der zynischen Empfehlung zu begegnen, sie sollen doch raus aufs Land ziehen, brauchen wir eine andere Wirtschaftspolitik, die die Mittel- und Kleinstädte und ländliche Räume stärkt und gleichwertige Lebensverhältnisse schafft. Wir brauchen Investition in die Infrastruktur, in die soziale und digitale Infrastruktur und in den öffentlichen Nahverkehr, um das Pendeln zu erleichtern. So kann die Landflucht wieder abgeschwächt werden.
Wohnen ist eine soziale Frage und eine Verteilungsfrage. Sachsen ist ein Land der Mieter*innen. Von über zwei Millionen Haushalten leben etwa 1,4 Millionen in Mietwohnungen und nur 700.000 in den eigenen vier Wänden. Die Eigentümer*innenquote von 33 Prozent ist die geringste aller deutschen Flächenländer. In den Großstädten wohnen sogar bis zu 87 Prozent der Menschen zur Miete.
Der Anteil des Haushaltseinkommens, der für Wohnen und Energie ausgegeben werden muss, steigt seit Jahren an. Er beträgt im Durchschnitt 36 Prozent , für Alleinlebende und Geringverdiener*innen ist er deutlich höher. In den Großstädten insbesondere wegen zum Teil erheblicher Mietsteigerungen – aber wegen der enormen Steigerungen bei den Nebenkosten auch in Mittel- und Kleinstädten und Dörfern. Das führt einerseits zur Enteignung der städtischen Mittelschichten und trägt zur Umverteilung von unten nach oben, von Nicht-Vermögenden zu Vermögenden bei. Diese Entwicklung belastet vor allem einkommensschwache Haushalte und Geringverdiener*innen. Die Angemessenheitswerte für die „Kosten der Unterkunft“ der Erwerbslosen sind häufig zu niedrig angesetzt. Gleiches gilt beim Wohngeld für Geringverdiener*innen. Angesichts der zunehmenden Altersarmut sind viele Seniorinnen und Senioren mit den Kosten für die altersgerechte und energetische Sanierung ihrer Wohnungen überfordert. Nach einer aktuellen Studie des VSWG können sich alleinlebende Durchschnittsrentner*innen in Sachsen gerade einmal eine Kaltmiete von 3,60 €/m² leisten . Solche Mieten sind auch in Sachsen inzwischen schwer zu finden. Die Kosten für den altersgerechten Umbau von Wohnungen übersteigen die finanziellen Möglichkeiten vieler Seniorinnen und Senioren, so dass sie gezwungen sind, in Heime zu ziehen. Dieses Problem wird in den nächsten Jahren aufgrund der Altersarmut deutlich zunehmen, insbesondere in abgehängten und finanzschwachen Regionen .
Es fehlt auch an einem ausreichenden Angebot an barrierefreien Wohnungen und Wohnungen für Menschen mit Behinderungen. Rund 88 Prozent der Menschen mit einer Behinderung in Sachsen wohnen nicht in einer bedarfsgerechten barrierefreien Wohnung. Etwa 74.000 Wohnungen müssten für sie modernisiert werden, bis 2030 wird der Bedarf auf 77.000 Wohnungen steigen . Da viele kommunale Wohnungsunternehmen nach wie vor mit Altschulden belastet und die kommunalen Kassen klamm sind, braucht es eine erhebliche finanzielle Unterstützung für barrierefreien und altersgerechten Umbau. Vielerorts gibt es einen großen Bedarf an kleinen 1- bis 2‑Raum-Wohnungen aufgrund der steigenden Zahl von Singlehaushalten, aber auch von größeren Wohnungen für mehrköpfige Familien, der vom freien Markt nur unzureichend gedeckt wird.
In Sachsen gibt es weiterhin Probleme mit der dezentralen Unterbringung von Geflüchteten. Noch immer gibt es vielerorts Massenunterkünfte – selbst dort wo zahlreiche Wohnungen leer stehen. Auch die Zahl der Wohnungslosen und Obdachlosen in Sachsen steigt.
DIE LINKE streitet für bezahlbares Wohnen für alle Menschen. Dabei knüpfen wir an die Tradition der Arbeiter*innenbewegung an, die gleichermaßen um höhere Löhne und Arbeiter*innenrechte als auch um besseres Wohnen gekämpft hat. Das Grundrecht auf eine menschenwürdige Wohnung ist für uns LINKE eine unserer wohnungspolitischen Kernforderungen. Es gehört als einklagbares Recht ins Grundgesetz. Unsere Verantwortung in der Politik ist es, dafür zu sorgen, dass jeder Mensch dieses Grundrecht auch wahrnehmen kann.
Sachsen hält die rote Laterne bei der Wohnungspolitik
Die sächsische Landesregierung hat vor allem aufgrund von Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, die sich mittlerweile als unzutreffend herausgestellt haben, und falsche Schwerpunktsetzungen über Jahre so gut wie keine aktive Wohnungspolitik betrieben. Erst der Druck von der Opposition im Landtag und aus den Städten hat dazu geführt, dass sich dies nun langsam ändert. Sachsen ist nicht nur als Abrissmeister bekannt, denn hier wurden die meisten Wohnungen bundesweit abgerissen, hier ist auch bundesweit der größte Abbau an Sozialwohnungen zu verzeichnen. Gelder des Bundes für die soziale Wohnraumversorgung werden bis heute größtenteils für andere Maßnahmen wie Eigenheimförderung und die Finanzierung der Landesanteile anderer Förderprogramme eingesetzt. Auch der rechtliche Spielraum zur Regulierung des Wohnungsmarktes wird in Sachsen nur sehr zögerlich eingesetzt. In anderen Bundesländern übliche wohnungspolitische Maßnahmen wie etwa die Mietpreisbremse, die Zweckentfremdungsverbotsverordnung oder die Ausweisung von Milieuschutzgebieten finden in Sachsen gar keine Anwendung.
Der größte Fehler war und ist jedoch die Finanzpolitik in Sachsen, die dem Dogma der „schwarzen Null“ folgt und für diesen Zweck vor allem auf Privatisierung öffentlicher Güter setzt. Auch auf die Kommunen wurde entsprechend Druck ausgeübt, die so zu demselben Mittel griffen und weiterhin greifen müssen. Einer der folgenschwersten Fehler kommunaler Politik war der Verkauf der städtischen Wohnungsgesellschaft WOBA in Dresden, der leider auch von Teilen der damaligen PDS-Fraktion mitgetragen wurde. Aus diesen Fehlern haben wir gelernt und anderswo für den Erhalt kommunaler Wohnungsunternehmen gekämpft. Doch leider ist der Trend zur Privatisierung noch nicht gestoppt. Noch immer wird kommunales Tafelsilber verkauft, nicht selten an große nationale und internationale Wohnungsunternehmen und Finanzinvestoren. Eines muss klar sein: Mit der LINKEN darf es keine Privatisierung öffentlicher Wohnungen geben.
LINKE Wohnungspolitik für Sachsen
Ein LINKES Wohnungskonzept muss den unterschiedlichen Problemen in den Städten und auf dem Land gerecht werden. Wir nehmen die Unterschiedlichkeit wahr, ohne Stadt und Land gegeneinander auszuspielen.
LINKE Wohnungspolitik für die angespannten Wohnungsmärkte
Mehr Geld für sozialen Wohnungsbau!
Hatte Sachsen im Jahr 2006 noch 134.000 Sozialwohnungen, waren es Jahre 2013 nur noch 7.026 . Und seither ist ihre Zahl aufgrund auslaufender Bindungen noch weiter zurückgegangen. Damit hat Sachsen mit 95 Prozent den größten Rückgang an Sozialwohnungen in der ganzen Republik. In Leipzig sind es beispielsweise nur noch etwa 300 Sozialwohnungen, das ist etwa ein Promille des gesamten Wohnungsbestandes der Stadt. Gleichzeitig haben aber z.B. 26 Prozent der Leipziger*innen Anspruch auf eine Sozialwohnung. Die ehemaligen Sozialwohnungen sind als Wohnungen fast immer noch erhalten – weggefallen ist aber die Verpflichtung, sie zu niedrigen Mieten und ausschließlich an Menschen mit einem sogenannten Wohnberechtigungsschein zu vermieten. Das Auslaufen der Belegungsbindung führt im Regelfall zu einer steigenden Mietbelastung für einkommensschwache Haushalte und mittelfristig nicht selten zum Verlust der Wohnung.
Zwar wurden in jüngster Zeit die Mittel, die der Bund den Ländern für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung gestellt, beträchtlich erhöht. Insgesamt stehen nun über 1,5 Milliarden Euro in den Jahren 2017 und 2018 zur Verfügung. Sachsen erhält davon pro Jahr 142,5 Mio. €. Davon gibt das Land jedoch nur 40 Mio. €, also weniger als ein Drittel, auch für den sozialen Wohnungsbau aus. Zwar ist es zu begrüßen, dass die Mittel als Zuschussförderung gewährt werden und nicht wie in vielen anderen Ländern als Kredit mit verbilligten Zinsen, doch reicht das Geld nicht annähernd aus. Lieber werden vom Land Sachsen die Mittel aus diesem Topf weiterhin in die Eigentumsförderung investiert.
Die beiden Großstädte Leipzig und Dresden erhalten jeweils 20 Mio. €, davon können pro Stadt und Jahr jeweils etwa 400 Sozialwohnungen neu gebaut oder saniert werden. Der Bedarf an neuen Sozialwohnungen liegt deutlich höher. In Leipzig zum Beispiel wird er von der Stadtverwaltung auf ca. 850 Wohneinheiten pro Jahr, also mehr als das Doppelte, geschätzt. Bei Neubauwohnungen wird die geförderte Miete bei ca. 6,50 €/m² liegen. Das ist für Menschen, für die Sozialwohnungen gedacht sind und die auf diese angewiesen sind, nicht bezahlbar. Die Miete liegt fast 2 €/m² über den Richtwerten für die sogenannten „Kosten der Unterkunft“, die die Stadt Leipzig beschlossen hat. Würde Sachsen die Bundesmittel zweckentsprechend einsetzen, also mehr Geld für den Sozialen Wohnungsbau ausgeben, wäre es möglich, diese Mieten weiter nach unten zu subventionieren.
DIE LINKE fordert einen Neustart im sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau mit unbefristeten Mietpreisbindungen für geförderte Wohnungen. Es kann nicht sein, dass die Belegungsbindung nach 15 Jahren ausläuft. Eine Sozialwohnung muss immer eine Sozialwohnung bleiben.
Weite Teile der Wohnungswirtschaft setzen weiterhin auf die sogenannte Subjekt- statt der Objektförderung. Statt der Schaffung preiswerter Wohnungen (Objekte) wollen sie allein staatliche Zuschüsse für die Menschen, die ihren Wohnraum nicht allein bezahlen können (Subjekte). Doch kann eine Subjektförderung nicht den Mietenanstieg eindämmen, der Staat ist somit gezwungen, der Preisentwicklung auf dem Markt immer mehr hinterher zu subventionieren. Außerdem lässt sich nur mit einem sozialen Wohnungsbau, der über die gesamte Stadt verteilt wird, die soziale Durchmischung der Stadt sichern und die Konzentration der Armen in den günstigeren Wohnvierteln am Stadtrand verhindern. Wir brauchen daher eine Mischung von Subjekt- und Objektförderung, um auf die unterschiedlichen Probleme reagieren zu können.
Sozialer Wohnungsbau wird auch anderswo im Land benötigt!
Außerdem fehlen Sozialwohnungen nicht nur in den beiden Großstädten Leipzig und Dresden. Auch in Mittel- und Kleinstädten in deren Speckgürtel wie etwa Markkleeberg und Taucha oder Freital und Radebeul ist der Wohnungsmarkt bereits jetzt zunehmend angespannt. Ähnliche Entwicklungen sind etwa auch in Chemnitz, Freiberg oder Meißen absehbar. Obwohl manche dieser Städte Bedarf angemeldet haben, werden sie durch das Land von der Förderung ausgeschlossen. Das ist nicht nachvollziehbar. Auch in anderen Städten ist eine hohe Leerstandsquote auf der einen Seite noch kein Garant dafür, dass Menschen mit geringen Einkommen, Wohnungslose oder Geflüchtete eine Wohnung erhalten.
Wir brauchen eine Zweckbindung der Bundesmittel, damit sie auch in Sachsen endlich sachgerecht für die soziale Wohnraumförderung ausgegeben werden. Das sächsische Programm für die Schaffung von Sozialwohnungen muss deutlich aufgestockt und auch anderen Gemeinden im Land zur Verfügung gestellt werden, wenn sie einen entsprechenden Bedarf nachweisen können. Auf Bundesebene setzt sich DIE LINKE für eine deutliche Aufstockung der Fördergelder ein sowie dafür, dass die Bundesförderung auch nach dem Jahr 2019 fortgeführt wird.
Mietpreisbremse schärfen und in Sachsen umsetzen!
Auf Bundesebene kämpft die LINKE für eine wirklich effektive Mietpreisbremse, also für die gesetzliche Deckelung der Neuvertragsmieten. Die zahlreichen Ausnahmen sollen abgeschafft und Vermieter, die sie ganz bewusst unterlaufen, sanktioniert werden. Die Beschränkung des Mietenanstiegs soll künftig unbefristet und nicht nur für die nächsten fünf Jahre gelten. Die verbesserte Mietpreisbremse muss dann auch in Sachsen Anwendung finden. Bislang weigert sich die Landesregierung, selbst die bestehende, also relativ uneffektive Mietpreisbremse umzusetzen.
Die sogenannte Kappungsgrenze, nach der Mieten in bestehenden Mietverträgen nur um maximal 15 Prozent in drei Jahren erhöht werden darf, ist immer noch viel zu hoch angesetzt. Trotzdem gilt sie in Sachsen bislang nur in Dresden. Sie sollte künftig auch in Leipzig und anderen Kommunen angewendet werden.
Groß- und Mittelstädte mit angespannten Wohnungsmärkten sollen künftig qualifizierte Mietspiegel erstellen und die Kommunen hierfür finanzielle Unterstützung durch den Bund oder das Land erhalten.
Milieus schützen, Verdrängung verhindern!
Auch in Sachsen, insbesondere in den Ballungsräumen, sind verstärkte Segregationsprozesse zu verzeichnen, d.h. die unterschiedliche Verteilung bzw. Konzentration sozialer Gruppen auf die Wohnstandorte. So bilden sich Stadtviertel, in denen überwiegend ärmere Menschen, darunter viele Bezieher*innen von ALG II und Migrant*innen, oder Studierende, Familien bzw. Rentner*innen leben. Dem wollen wir entgegnen und eine gute soziale Mischung in allen Stadtvierteln erhalten oder schaffen.
Kommunen können sogenannte Erhaltungssatzungen für bestimmte Gebiete ihrer Gemeinde erlassen, um insbesondere die soziale Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten (sogenannter Milieuschutz). Luxussanierungen und Umwandlungen in Eigentumswohnungen, die in der Regel eine rücksichtlose Verdrängung der Mieter*innen zur Folge haben, sollen somit verhindert werden. Deshalb müssen in diesen Gebieten geplante Modernisierungen von der Kommune zusätzlich genehmigt werden. Außerdem kann den Kommunen ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden. Zwar beweist die Praxis, dass diese Milieuschutzsatzungen Gentrifizierung und Verdrängung nicht komplett verhindern können, zumal das Bundesrecht zu viele Ausnahmen vorsieht, dennoch sollte diese Möglichkeit auch in sächsischen Städten, insbesondere in Dresden und Leipzig, angewendet werden. Bislang ist dies noch nirgends der Fall. Die Stadtverwaltungen müssen entsprechend geschult und personell ausgestattet werden.
Sachsen nutzt die rechtlichen Möglichkeiten, Mieter*innen und Mieter besser vor Verdrängung zu schützen, nicht. Anders als in vielen anderen Bundesländern gibt es kein Zweckentfremdungsverbot mehr, mit dem Wohnraum vor Zweckentfremdung durch Leerstand, Abriss und der Umwandlung in Gewerberaum oder in Ferienwohnungen geschützt werden soll. Dadurch könnte aber Verdrängung von Mieter*innen zumindest eingedämmt werden. Hier ist das Land in der Pflicht, eine Rechtsgrundlage für die Kommunen zu schaffen.
Kleine Gewerbebetriebe besser vor Kündigung und Verdrängung schützen!
Nicht nur Mieter und Mieterinnen von Wohnungen geraten in den Großstädten zunehmend unter Druck, auch kleine Läden und Gewerbebetriebe sind von Gentrifizierung und Verdrängung betroffen. Zunehmend werden Läden in Wohnungen und Gewerbeimmobilien in Lofts umgewandelt. DIE LINKE kämpft auf Bundesebene für einen besseren Kündigungsschutz bei Gewerbemietverträgen und auf allen Ebenen für die Unterstützung des lokalen Einzelhandels anstatt der weiteren Ausbreitung von globalisierten Handelsketten.
LINKE Wohnungspolitik für strukturschwache Regionen
Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“ weiterentwickeln!
Mit dem von Bund und Ländern gemeinsam finanzierten Städtebauförderprogramm »Stadtumbau Ost« sollten zwischen 2002 und 2016 die Lebens‑, Wohn- und Arbeitsqualität in ostdeutschen Städten und Gemeinden nachhaltig gesichert und erhöht werden. In Sachsen wurden die Mittel vor allem für den sogenannten Rückbau eingesetzt, wodurch das Land den zweifelhaften Titel des Abrissmeisters erlangte. Vor allem wurde in Sachsen der Komplettabriss bevorzugt, anstatt nur die oberen Geschosse von Mehrfamilienhäusern abzutragen. Diese Maßnahmen dienten nicht nur der Leerstandsbeseitigung, sondern auch der Angebotsverknappung, um das Mietniveau hoch zu halten. Skandalös ist es, dass mancherorts selbst solche Wohnungen abgerissen wurden, die zuvor mit öffentlichen Gelder gefördert worden waren.
Angesichts der hohen Wohnungsleerstände ist der Abriss dauerhaft nicht mehr benötigter Wohngebäude in einigen Kommunen weiterhin notwendig. Klar ist jedoch: Der Abriss von Wohnungen darf nicht länger Leitbild der sächsischen Wohnungspolitik sein. Es kann nicht sein, dass weiterhin dort Wohnungen abgerissen werden, wo Wohnraum für Geringverdiener oder Geflüchtete fehlt. Abriss von Wohnungen darf nur noch extremen Leerstandssituationen vorbehalten bleiben. Städte wie Hoyerswerda werden auch weiterhin Unterstützung beim Abriss brauchen. Hier soll jedoch vermehrt auf den sogenannten Teilrückbau, also das Abtragen der oberen Geschosse anstatt eines Komplettabrisses gesetzt werden.
Der Schwerpunkt der Förderung soll künftig jedoch bei der Verbesserung der Wohnungen und des Wohnumfeldes in den Stadtteilen und der Modernisierung sowie dem alters- und behindertengerechten Umbau von Gebäuden liegen. Der kommunale Eigenanteil bei Aufwertungsmaßnahmen ist künftig zu streichen. Hier muss wie beim so genannten „Rückbau“, also beim Abriss, 100-Prozent-Förderung möglich sein. Denn solange für andere Programmbestandteile ein kommunaler Eigenanteil verlangt wird, sind viele Kommunen allein wegen fehlender Eigenmittel gezwungen, den Abriss gegenüber der Aufwertung vorzuziehen.
Nun wird der „Stadtumbau Ost“ mit dem Programm „Stadtumbau West“ (seit 2004) zu einem einheitlichen Stadtumbauprogramm zusammengeführt. Bei der Zusammenlegung beider Programme besteht die Gefahr, dass Ostdeutschland künftig weniger Fördermittel erhält. Da jedoch der Bedarf hier immer noch deutlich höher ist, wird sich DIE LINKE vehement gegen Kürzungen des Budgets für Ostdeutschland einsetzen.
Bestandsgebäude im Stadt- oder Dorfkern sanieren statt neue Eigenheime am Rand bauen!
Nicht nur angesichts der demografischen Entwicklung und der Leerstände müssen wir uns künftig auf die Entwicklung des Gebäudebestandes im Kern der Städte und Dörfer konzentrieren. Statt sich weiterhin auf die Eigenheimförderung an den Ortsrändern zu konzentrieren, wie es die Landesregierung tut, wäre es sinnvoller, Konzepte zur Wiederbelebung der Ortskerne zu entwickeln. Mit dem sogenannten Wallmeroder Modell „Leben im Dorf – Leben mittendrin!“ oder Förderprogrammen wie z. B. „Jung kauft Alt – Junge Menschen kaufen alte Häuser“ wurden anderswo bundesweit beachtete Ergebnisse erzielt. Mit dem Förderprogramm „Vitale Dorfkerne und Ortszentren im ländlichen Raum“ stehen nun endlich auch für sächsische Kleinstädte und Dörfer ähnliche Möglichkeiten zur Verfügung. Vielerorts gibt es einen ungedeckten Bedarf an großen 4- und mehr-Zimmerwohnungen für Familien – sowohl als Miet- als auch als Eigentumswohnungen. Die Stadtumbauprogramme sollen auch für den familienfreundlichen Umbau von Wohnungen genutzt werden können.
LINKE Wohnungspolitik für das gesamte Land
Kommunale Wohnungsgesellschaften stärken und Rekommunalisierungsfonds auflegen!
Wohnen ist für DIE LINKE ein Teil der Daseinsvorsorge. Wir sind davon überzeugt, dass Wohnungsversorgung eine öffentliche Aufgabe ist. Bezahlbare Wohnungen sind Teil der öffentlichen Daseinsfürsorge wie die Bereitstellung von Wasser, Energie und dem ÖPNV. Ein hoher Anteil kommunalen Eigentums ist zentral, damit Wohnen bezahlbar bleibt. Dass dies in vielen sächsischen Kleinstädten nach wie vor der Fall ist, ist einer von mehreren Gründen für ein vernünftiges Preisniveau in diesen Städten. Deshalb wollen wir bestehende kommunale Wohnungsgesellschaften stärken und die Kommunen beim Aufbau wohnungswirtschaftlicher Eigenbetriebe unterstützen. Wir LINKEN halten die Bestimmung der Sächsischen Gemeindeordnung, der zufolge, der kommunale Wohnungsbestand keine marktbeherrschende Stellung einnehmen darf, und die entsprechende Auslegung, wonach die Grenze bereits bei 15 bis 20 Prozent Marktanteil liegt, daher für falsch. Noch immer wird dies als Begründung für Privatisierung genutzt.
Hunderttausende Wohnungen der öffentlichen Hand wurden in den letzten 20 Jahren im gesamten Bundesgebiet privatisiert. Auch in Dresden haben Teile der damaligen PDS-Fraktion den kompletten Verkauf der kommunalen WOBA ermöglicht. Dies hat nicht nur die Glaubwürdigkeit linker Politik nachhaltig gestört, sondern ist mitverantwortlich für den starken Mietenanstieg in dieser Stadt. Die Wiedergründung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft in Dresden, die DIE LINKE gegen viele Widerstände, auch bei SPD und Grünen, durchgesetzt hat, ist ein wichtiger Schritt, um die Fehler der Vergangenheit zu heilen und wieder unmittelbar Einfluss auf die Bautätigkeit in der Stadt nehmen zu können. Mittlerweile bieten private Wohnungsunternehmen zunehmend auch in Mittel- und Kleinstädten an, die Bestände der kommunalen Wohnungsunternehmen komplett oder in Teilen abzukaufen. Angesichts knapper Kassen der Kommunen besteht die Gefahr, dass hier die gleichen Fehler erneut gemacht werden. Dies werden wir als linke Kommunalpolitiker*innen beobachten und den Bestand an kommunalem Eigentum verteidigen! Im Bundestag fordern wir einen Rekommunalisierungsfonds des Bundes, damit die Gemeinden ehemals privatisierte Wohnungsbestände wieder zurückerwerben können. Die Kommunen sollten darüber hinaus ein gesetzlich geregeltes Vorkaufsrecht für diese und andere Mietwohnungen erhalten. Die Bestimmungen für Fördermittel im Bereich Wohnen und Bauen müssen so gestaltet sein, dass kommunale Wohnungsunternehmen sie in Anspruch nehmen können, am besten sogar vorrangig.
Wohnungsgenossenschaften unterstützen!
Neben den kommunalen Wohnungsunternehmen sind die Wohnungsgenossenschaften wichtige Partner bei der sozialen Wohnraumversorgung, die gestärkt werden müssen. Die über 200 großen Wohnungsgenossenschaften in Sachsen verfügen über einen Bestand von ca. 275.000 Wohnungen. Fördermittel im Bereich Bauen und Wohnen sollten neben den kommunalen Wohnungsgesellschaften vorrangig an Genossenschaften ausgegeben werden. Noch immer belasten Altschulden aus der DDR die kommunalen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften, auch wenn das Thema in den letzten Jahren aus dem medialen Focus gerückt ist. Doch stellen die Altschulden nach wie vor eine erhebliche Belastung für die Unternehmen dar und behindern notwendige Investitionen in den Bestand. Die anderen Parteien haben das Thema offensichtlich aufgegeben. DIE LINKE hält daran fest, dass dafür endlich Lösungen gefunden werden müssen, die eine Altschuldenentlastung nicht nur bei Rückbau und Teilrückbau vorsehen.
Kooperative Wohnprojekte wie das „Mietshäuser Syndikat“ und preiswerte Mietwohnungen zum Selbstausbau fördern!
Kooperative Wohnprojekte, seien es Genossenschaften, Vereine, GmbHs oder andere Rechtsformen, bei denen alle Mieter*innen ihr Haus im kollektiven Eigentum gemeinsam verwalten, gibt es in wachsender Zahl in den drei sächsischen Großstädten – allein in Leipzig weit über 60. Aber auch in Mittelstädten wie etwa Plauen oder ländlichen Räumen entstehen immer mehr solcher Projekte, die dauerhaft bezahlbaren Mietwohnraum schaffen, oft mehrere Generationen verbinden, soziale Anker in den Quartieren bilden sowie Arbeit und Wohnen zusammenbringen. Das ist eine gute Bereicherung unserer Städte mit sozialem, solidarischem und selbstverwaltetem Wohnraum, den DIE LINKE begrüßt. Diese am Genossenschaftsgedanken orientierten Projekte wie z.B. die bislang zwanzig Hausgemeinschaften im Verbund des „Mietshäuser Syndikats“ in Sachsen sollen unter anderem durch entsprechende Beratung z.B. für Neugründung und Finanzierung oder beim Erwerb von Grundstücken und Gebäuden etwa durch Konzeptvergaben unterstützt werden.
In der Phase der Schrumpfung und danach wurde in Leipzig die Modelle der „Wächterhäuser“ und „Ausbauhäuser“ und andere Eigentümer*innen-Mieter*innen-Kooperationen entwickelt. Unsanierte Altbauten werden dabei sowohl durch den/die Eigentümer*in als auch die Mieter*innen mit viel Eigenleistung niedrigschwellig instandgesetzt, anschließend für gar keine oder eine relativ geringe Kaltmiete zum Arbeiten oder Wohnen genutzt und gleichzeitig vor Vandalismus und weiterem Verfall geschützt. 18 überwiegend gründerzeitliche, denkmalgeschützte Häuser konnten so in Leipzig als „Wächterhäuser“ wiederbelebt werden. Später wurde das Modell in andere sächsische Städte wie Görlitz und Zittau und Dörfer in der Dübener Heide übertragen. DIE LINKE will solche Zwischennutzungsmodelle und Kooperationen von Eigentümer*innen und Mieter*innen vor allem in den weiterhin schrumpfenden Städten und Dörfern stärker unterstützen und nach Wegen suchen, sie zu verstetigen.
Neue Wohnungsgemeinnützigkeit einführen!
Der Markt wird die Probleme bei der Wohnungsversorgung nicht richten. Deshalb muss eine Alternative zum privatwirtschaftlichen Wohnungsmarkt geschaffen und ausgebaut werden. Anstelle der herrschenden Profitlogik setzt DIE LINKE eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit, eine Art Non-Profit-Sektor in der Wohnungswirtschaft. Wir wollen auf der Gemeinnützigkeit, wie sie in der Bundesrepublik bis 1989 bestand, aufbauen und sie an die Erfordernisse unserer Zeit anpassen.
Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit folgt einem einfachen Prinzip: Wer sich dem Gemeinwohl verpflichtet, erhält steuerliche Vergünstigungen, Förderungen und andere Anreize und Vorrechte, die helfen, den öffentlichen Auftrag der Wohnungsversorgung für Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen zu erfüllen. Nur so kommen wir weg vom Dogma der Gewinnmaximierung und Profitlogik. Die Gewinne sind gedeckelt und dürfen allein in den gemeinnützigen Zweck reinvestiert werden. Träger der neuen Gemeinnützigkeit können kommunale Wohnungsunternehmen, Genossenschaften, aber z.B. auch kooperative Wohnprojekte werden.
Privatisierung von öffentlichen Grundstücken stoppen, für eine soziale Liegenschafts- und Bodenpolitik!
Sowohl der Bund als auch das Land und die Kommunen verfügen immer noch über eine beträchtliche Anzahl an Immobilien. Die für den Verkauf nicht mehr benötigter Immobilien des Bundes zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) veräußert diese fast immer zum Höchstpreis, anstatt sie Ländern und Kommunen zur Schaffung preisgünstigen Wohnraums zur Verfügung zu stellen oder stadtentwicklungspolitische Ziele in den Vordergrund zu stellen. Wie auch im Bund brauchen wir im Land Sachsen und in den Kommunen endlich eine andere Liegenschaftspolitik und ein Vorkaufsrecht der Kommunen bei bundes- und landeseigenen Grundstücken. Auf allen Ebenen streitet DIE LINKE für eine Abkehr vom Höchstpreisverfahren. Den Zuschlag soll stattdessen der Anbieter erhalten, der das beste und sozialste Konzept vorschlägt, vorzugsweise kommunale Wohnungsunternehmen, Genossenschaften und gemeinnützige Träger.
Wir wollen, dass Grundstücke öffentlicher Eigentümer künftig in erster Linie im Erbbaurecht vergeben werden. Das ist auch ein wichtiger Schritt, um die Spekulation mit Wohnungen und Boden zu bekämpfen. Auf Bundeseben streiten wir für einen Bodenfonds, um Kommunen zu unterstützen, ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen zu können. Wir brauchen eine gesetzliche Bodenpreisbremse, um die Spekulation mit Bauland, aber auch mit Ackerland zu unterbinden.
Für eine neue Mieter*innenbewegung!
Mietervereine, Verbraucherzentralen, Sozialstationen und Stadt(teil)initiativen stärken!
DIE LINKE unterstützt Mieter*innen und alle Menschen, die sich gegen Mietsteigerungen und Verdrängung wehren. Wir brauchen eine kraftvolle Mieter*innenbewegung und empfehlen daher, Mitglied in den lokalen Mietervereinen zu werden und deren Beratungsangebote wahrzunehmen. Dies gilt ebenso für die Angebote der Verbraucherzentralen und Sozialstationen in den Kommunen. Die in Sachsen oft chronisch unterfinanzierten Institutionen sollen gestärkt werden. Auch Gruppen und Stadtteilinitiativen, die sich für ein „Recht auf Stadt“ und eine demokratische Stadtentwicklung „von unten“ einsetzen, leisten wichtige Basisarbeit. Sie alle sind Partner*innen im Kampf für eine soziale Wohnungsversorgung und Stadtentwicklung. Deshalb müssen sie unterstützt und ihre Beratungsangebote weiter ausgebaut werden. Wir brauchen nicht nur mehr Beteiligung, sondern tatsächliche Mitsprache und Mitentscheidung der Bürger*innen bei der Stadtentwicklung und bei Bauvorhaben.
Die Mieter*innen müssen bei ihren Belangen mitbestimmen können. Daher sollen bei öffentlichen Wohnungsunternehmen die demokratischen Mitwirkungsrechte von Mieter*innen in Beiräten gestärkt werden und Vertreter*innen Sitze in den Aufsichtsräten erhalten. Auch bei den Wohnungsgenossenschaften unterstützen wir die Demokratisierung und wollen das Genossenschaftsrecht entsprechend ändern. Die Genossenschaftsmitglieder sollen wieder mehr Mitsprache erhalten und über die Höhe der Miete sowie über Investitionen und Modernisierungen mitentscheiden können. Die Geschäftsprozesse und Geldströme der Genossenschaften müssen gegenüber ihren Mitgliedern vollständig offengelegt werden. Das Recht der Generalversammlung, dem Vorstand geschäftspolitische Weisungen zu erteilen, soll wieder eingeführt werden.
„Kosten der Unterkunft“ – Wohnen für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige und weitere Transferleistungsbeziehende bezahlbar machen!
Grundsätzlich will die LINKE das Hartz IV-System und damit auch die jeweiligen Regelungen für die „Kosten der Unterkunft“ abschaffen und durch gute Arbeit, eine bessere Erwerbslosenversicherung und eine bedarfsgerechte individuelle Mindestsicherung ohne Sanktionen und Kürzungen ersetzen. Die Höhe soll derzeit 1.050 Euro pro Monat betragen und für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige gelten. Davon können die Menschen sowohl den Bedarf zum Leben als auch die Bruttowarmmiete bestreiten. Bei Bedarf würde zusätzlich ein Wohngeld gezahlt.
Kurzfristig sind Verbesserungen innerhalb des bestehenden Systems notwendig: Die Kosten der Unterkunft werden häufig systematisch heruntergerechnet und den demokratisch gewählten Kreis- oder Stadträt*innen häufig nicht einmal mehr zur Entscheidung vorgelegt. Vorschläge von Jobcentern, nach denen erwachsene Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige und weitere Transferleistungsbeziehende einen Wohnraum von nur 24 m² anmieten sollen, der preislich innerhalb der Angemessenheitsgrenzen liegt, sind als Existenzminimum Wohnen unzumutbar. Auch in Sachsen häufen sich Hinweise, dass Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, zum Umzug gezwungen werden und/oder keine neue Wohnung finden, weil die Mieten schneller steigen als die Richtwerte für die Kosten der Unterkunft angepasst werden. Die Prüfung der Verfügbarkeit von menschenwürdigen und angemessenen Wohnraum, der den Mindestanforderungen entspricht, muss sorgfältiger erfolgen.
Wir wollen nicht nur eine rechtskonforme Ermittlung, sondern die Erhöhung der Mietobergrenzen. Alle angemessenen Wohnkosten sind zu ersetzen. Maßstab für die Mietkosten soll der Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Dabei wird die Bruttowarmmiete berücksichtigt, d. h. ein wechselseitiger Ausgleich von Bruttokaltmiete und Heizkosten ist bei Überschreitung einer der Angemessenheitsgrenzen möglich. Heizkosten sind in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu finanzieren, wenn sie sich bei einer Einzelfallprüfung als angemessen herausstellen. DIE LINKE streitet dafür, dass Zwangsumzüge von Hartz IV-Beziehenden weitgehend vermieden werden und setzt sich auf kommunaler Ebene für höhere Angemessenheitsgrenzen bei den „Kosten der Unterkunft“ ein.
Neben kommunalen Wohnungsgesellschaften bieten auch Wohnungsgenossenschaften preisgünstige Mietwohnungen an. Die dabei zu zahlenden Genossenschaftsanteile müssen von den Jobcentern künftig überall als Wohnungsbeschaffungskosten vollständig übernommen werden. Sie dürften nicht, wie zum Teil üblich, verweigert oder in Raten vom Regelsatz eingehalten werden.
Außerdem müssen auch junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren, die ALG II beziehen, das Anrecht auf eine eigene Wohnung haben und dürfen nicht gezwungen werden, bei ihren Eltern wohnen zu bleiben. Dies behindert junge Menschen nicht nur in einer eigenständigen und selbstbestimmten Entwicklung, es führt auch zum Anstieg der Wohnungslosigkeit in dieser Altersgruppe.
Wohngeld regelmäßig anpassen, Heizkostenzuschlag und Klimakomponente einführen!
Noch immer schämen sich viele Menschen, Wohngeld oder andere Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Wir LINKEN sagen ganz klar: Wohngeld ist ein Rechtsanspruch von Menschen mit geringen Einkommen und kein Almosen. Die Möglichkeit, Wohngeld in Anspruch zu nehmen, muss öffentlich beworben werden.
Auch das Wohngeld muss den steigenden Mietkosten regelmäßig angepasst werden und nicht nur aller fünf oder sechs Jahre. Dafür kämpft DIE LINKE auf Bundesebene. Die Anpassung muss die gestiegenen Wohnkosten im Verhältnis zum Einkommen berücksichtigen. Der Kreis der anspruchsberechtigten Haushalte muss erweitert und das Wohngeld deutlich erhöht werden. Bei Warmwasser und Heizung müssen die tatsächlichen Kosten berücksichtigt werden. Der Heizkostenzuschuss beim Wohngeld muss wieder eingeführt und um eine Klimakomponente erweitert werden, damit sich die Betroffenen ihre Wohnung auch noch nach einer energetischen Sanierung leisten können.
Kosten der energetischen Sanierungen abfedern!
Teure und überzogene Modernisierungen treiben die Mieten in die Höhe und nicht selten Menschen auch aus ihren Wohnungen. Der eingesetzte Aufwand steht oft in keinem realen Verhältnis zu den anschließend erzielten Energieeinsparungen. Wir wollen die Modernisierungsumlage abschaffen, da sie falsche Anreize setzt. Die Kosten der energetischen Gebäudesanierungen müssen gerecht verteilt und dürfen nicht mehr allein auf die Mieter*innen abgewälzt werden. Auch die Vermieter*innen müssen ihren Anteil tragen, außerdem ist eine ausreichende öffentliche Förderung bereitzustellen. DIE LINKE im Bundestag fordert daher eine Anhebung der Fördermittel für die energetische Gebäudesanierung auf mindestens fünf Mrd. Euro im Jahr. Wir empfehlen sinnvolle und effektive statt überzogene energetische Sanierungen, die Warmmietenneutralität zum Ziel haben. Es sollen nicht mehr Kosten für die energetische Sanierung auf die Mieter*innen umgelegt werden können als danach an Heiz- und sonstigen Energiekosten eingespart wird.
Betriebskosten senken, Energie wieder bezahlbar machen!
Mieter*innen und Mietervereine klagen zunehmend darüber, dass immer mehr Kosten, die früher beim Vermieter lagen, nun auf die Mieter*innen umgelegt werden. Oder es werden neue Ausgabenposten wie Wartungsarbeiten angeführt, die die Betriebskosten in die Höhe treiben. Immer weiter verbreitet ist das sog. Contracting, bei dem die Energieversorger nicht nur Wärme liefern, sondern auch die Heizungsanlage auf eigenes Risiko betreiben. Für sie und die Hauseigentümer*innen bedeutet dies eine Reihe von Vorteilen, die Nachteile erleiden meist die Mieter*innen. Häufig haben sie trotz unveränderten Heizverhaltens oder gar bewusster Einsparung höhere, oft sogar überdurchschnittlich hohe Heizkosten. Gleichzeitig verringern sich die Möglichkeiten, die Preise zu überprüfen oder Einspruch gegen die Kosten zu erheben. DIE LINKE unterstützt den Trend zum Contracting, den auch kommunale Wohnungsunternehmen vermehrt gehen wollen, nicht. Ebenso belasten teure Fernwärmeverträge vielerorts das Budget der Mieter*innen. Es kann des Weiteren nicht sein, dass Vermieter*innen immer mehr Ausgabenposten erfinden, die sie auf die Mieter*innen umlegen, und dass die Kosten für Wartungsarbeiten immer mehr steigen.
Auch Strom muss für alle bezahlbar sein: Wir wollen die Strompreise senken durch Abschaffung der Industrierabatte, die die Verbraucher*innen mitbezahlen, die Abschaffung der Stromsteuer und die Einrichtung eines Energiewendefonds.
Ausreichend Wohnheimplätze für Auszubildende und Studierende bereitstellen!
Auszubildende und Studierende konkurrieren vor allem auf den angespannten Wohnungsmärkten in Dresden und Leipzig mit Geringverdiener*innen, Familien u.a. um günstige Wohnungen. Die Nachfrage nach Wohnheimplätzen steigt und kann schon heute kaum gedeckt werden. Den insgesamt 2,8 Millionen Studierenden an den deutschen Hochschulen standen Anfang 2016 lediglich rund 240.000 öffentlich geförderte Wohnheimplätze zur Verfügung. Das heißt nicht einmal jede*r zehnte Studierende lebt in einem solchen Wohnheim . In Sachsen sind die Verhältnisse etwas besser: Für über 110.000 Studierende gibt es etwas mehr als 16.000 Wohnheimplätze , d.h. etwa jede*r siebte kann im Wohnheim wohnen. Doch neu gebaut werden fast nur private Luxus-Appartementhäuser für Studierende. Die vier Studierendenwerke Chemnitz-Zwickau, Dresden, Freiberg und Leipzig brauchen nicht nur mehr finanzielle Mittel von Bund und Land, sondern müssen dem wachsenden Bedarf dann auch nachkommen, um dauerhaft günstigen Wohnraum für Studierende bereitstellen zu können. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Wohnheimplätze muss erhöht werden!
Geflüchtete dezentral und in eigenen Wohnungen unterbringen!
In allen Städten und Landkreisen werden Geflüchtete weiterhin in Massenunterkünften untergebracht.
Nur zirka 50 % der Geflüchteten in Sachsen wohnen dezentral. Zahlreiche Wohnungen wurden in den letzten Monaten sogar zugunsten des Weiterbetriebs von Sammelunterkünften abgemietet. Insbesondere in Dresden und Leipzig wohnen Geflüchtete auch nach der Anerkennung ihres Asylantrags weiter in den Unterkünften. Ziel muss es sein, dass auch Geflüchtete während und nach ihrem Asylverfahren so schnell wie möglich in ihren eigenen Wohnungen leben können, denn dies ist die Basis für ein selbstbestimmtes Leben, und es ist ein Menschenrecht!
Vermittlungsstellen von Wohnungen und Wohnungspat*innen wie z.B. die Leipziger „Kontaktstelle Wohnen“ brauchen mehr Unterstützung. Essentiell ist die Betreuung und Unterstützung von dezentral wohnenden Geflüchteten durch eine ausreichende Zahl von Sozialarbeiter*innen. Ziel ist ein Personalschlüssel von 1:50 wie er in der Stadt Leipzig angewendet wird.
Es braucht zudem wirksame Strategien gegen rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und eine interkulturelle Öffnung von Vermieter*innen, egal ob staatlich, privat oder genossenschaftlich. Eine »rein deutsche« Mieter*innenschaft darf kein Ziel und kein Wettbewerbsvorteil sein. In einigen Städten und Landkreisen werden Geflüchtete weiterhin in Massenunterkünften untergebracht. Das ist vor allem dort nicht nachvollziehbar, wo gleichzeitig bezugsfertige oder sanierungsfähige Wohnungen leer stehen und so ebenfalls Kosten verursachen. Ziel muss es sein, dass auch Geflüchtete während und nach ihren Asylverfahren so schnell wie möglich selbständig in eigenen Wohnungen leben können. Vermittlungsstellen von Wohnungen und Wohnungspatinnen und ‑paten wie z.B. die Leipziger „Kontaktstelle Wohnen“ brauchen mehr Unterstützung. Selbstverständlich braucht es bei einer dezentralen Unterbringung auch die Betreuung und Unterstützung durch eine ausreichende Zahl von Sozialarbeiter*innen.
Für die sächsischen Kommunen soll ein Generalmietermodell entwickelt werden, um bestehende Probleme bei der Anmietung von Wohnungen für Geflüchtete und andere Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich selbst auf dem Wohnungsmarkt zu versorgen, zu lösen und um längerfristige und günstigere Mietkonditionen für soziale Träger und Projekte zu erreichen.
Wohnungslosigkeit bekämpfen! Zwangsräumungen verhindern!
Auch in Sachsen gibt es immer mehr Menschen, die von Wohnungslosigkeit betroffen oder bedroht sind. Die Wohnungslosenhilfe der Diakonie Sachsen betreute im Jahr 2015 2.722 Menschen, die bereits wohnungslos sind oder deren Wohnung gefährdet ist. Hinzu kamen über 450 mitbetroffene Partner*innen und Kinder . Die Tendenz ist aufgrund der weiteren sozialen Ausgrenzung, aber auch aufgrund von Geflüchteten, die keine Wohnung finden, steigend. Allerdings weigert sich die Landesregierung, einen von der LINKEN geforderten offiziellen Bericht über die Situation der Wohnungslosigkeit zu erstellen. Auch auf Bundesebene gibt es leider keine Wohnungslosenstatistik. Wir sind dagegen der Auffassung, dass die genaue Kenntnis von Fallzahlen eine wesentliche Voraussetzung für eine auf Vermeidung und Beseitigung von Wohnungslosigkeit gerichteten Politik ist. Wir müssen deren Ursachen genauer kennen, um ein Gesamtkonzept gegen Wohnungslosigkeit erstellen zu können.
Im Rahmen der neu zu treffenden Vereinbarungen zum Sozialen Wohnungsbau muss jeweils auch ein Anteil von Wohnungen festgelegt werden, bei denen die Kommune mit Benennungs‑, und Besetzungsrechten ganz bestimmte Mieter und Mieterinnen vorschlägt, die der Eigentümer nur bei triftigen Gründen ablehnen kann. Die Institutionen, die von Wohnungslosigkeit betroffene oder bedrohte Menschen beraten und ihnen Wohnungen und Unterkünfte zur Verfügung stellen oder vermitteln, müssen auskömmlich finanziert werden. Es nicht nur für die Menschen selbst besser, sondern insgesamt auch günstiger, den Verlust der Wohnung noch abzuwenden, anstatt aus der Wohnungslosigkeit heraus eine neue Wohnung zu suchen.
Eine wesentliche Ursache für Wohnungslosigkeit sind Zwangsräumungen. Im Jahr 2015 gab es in Sachsen insgesamt 4.762 Räumungsklagen, die meisten davon wegen Mietschulden. Leipzig nimmt dabei mit 1.369 Räumungsklagen eine traurige Führungsposition ein, gefolgt von Dresden mit 953 und Chemnitz mit 422 . Mit der letzten Mietrechtsnovelle wurde die Möglichkeit für Zwangsräumungen sogar erleichtert. Das muss dringend rückgängig gemacht werden. Housing first“ als Ansatz der US-amerikanischen Sozialpolitik ist ein Gegenkonzept zum so genannten Stufenmodell (Notunterbringung – Übergangswohnung – Wohnung inklusive Therapieerfolge und Erfüllung von Auflagen). Nach dem „housing first“-Ansatz müssen sich Menschen, die auf der Straße leben oder besondere Problemlagen aufweisen (Drogenabhängigkeit, psychische Erkrankungen, Straffällig gewordene) nicht zuerst „qualifizieren“ und verschiedene Notunterbringungsstationen durchlaufen, sondern bekommen sofort eine Wohnung und eine adäquate soziale Betreuung zur Seite gestellt.
Fördermittel für altersgerechten, barrierefreien Umbau bereitstellen!
Seniorinnen und Senioren können heute einen längeren Ruhestand genießen als dies frühere Generationen vermochten. Die Erfolge in der Medizin, aber auch die allgemeinen Arbeits- und Lebensbedingungen unserer Zeit tragen dazu erheblich bei. Seniorinnen und Senioren, die heute 65 Jahre alt sind, haben nach diesem statistischen Mittelwert noch 20,9 Jahre (Frauen) bzw. 17,7 Jahre (Männer) vor sich . Die steigende Lebenserwartung und die längere Zeit, in der die Seniorinnen und Senioren aktiv und körperlich mobil sind, lässt veränderte Bedürfnisse für die Lebensführung und somit auch für ein selbstbestimmtes Leben im Alter entstehen. Daran schließt das Bedürfnis älterer Menschen an, länger selbstständig zu bleiben und in den eigenen „vier Wänden“ zu leben. Dies erfordert viel stärker als bislang, die Bedürfnisse älterer Menschen in die Planung von Wohnungen im Neubau und bei der Sanierung und Modernisierung einzubeziehen und das Wohnumfeld einschließlich der Nahversorgungs- und Mobilitätszugänge entsprechend zu gestalten.
Die Wohnbedürfnisse älterer Menschen ändern sich. Nach einer Repräsentativbefragung aus dem Jahr 2006 wollten 17 Prozent der Befragten über 50 Jahre in einem Mehrgenerationenhaus leben. Mit der Familie oder Kindern in einem Haushalt könnten sich 24 Prozent vorstellen. Alle anderen der Generationen über 50 Jahre wollten in den verschiedensten Formen in eigener Wohnung, drei Prozent in Wohngemeinschaft mit Gleichgesinnten leben . Damit wächst selbstverständlich der Bedarf an altersgerechtem Wohnraum und auch pflegegeeignetem Wohnraum signifikant an. Ende 2014 ist die Sächsische Staatsregierung aufgrund Erhebungen unter kommunalen Wohnungsgesellschaften und Wohnungsgenossenschaften von einem Bestand an barrierefreien und barrierearmen Wohnungen von 43.000 Einheiten in Sachsen ausgegangen. Gegenwärtig besteht ein Bedarf an altersgerechtem und barrierefreiem Wohnraum von ca. 93.000 Wohnungen, der nach Auffassung des VSWG in Sachsen zu realisieren sei. Geht man von mindestens etwa 700.000 Menschen, die solchen Wohnraum benötigen, und einer Haushaltsgröße von knapp zwei Personen aus, dann ergibt sich unter Berücksichtigung der Wohnwünsche ein weit größerer Bedarf an mindestens altersgerechtem, also barrierearmen Wohnraum. Im Jahr 2009 waren in Sachsen mehr als 131.000 Menschen pflegebedürftig, 67 Prozent von ihnen wurden zu Hause gepflegt . Daraus ergibt sich zum Stand 2009 ein Bedarf an pflegegeeignetem, zu einem Großteil barrierefreiem Wohnraum von ca. 88.000 Wohnungen.
Der Wohnungsmarkt in Sachsen ist nur unzureichend auf diese Entwicklung eingestellt, der Bedarf übersteigt das Angebot in Größenordnungen. Die bisherigen Förderprogramme sind entweder unzureichend ausgestattet, aufgrund der Darlehens- statt Zuschussförderung unattraktiv oder zu wenig bekannt. Zugleich wachsen Altersgruppen mit gebrochenen Erwerbsbiografien in das Rentenalter vor, was mit einem sinkenden Niveau der Alterseinkünfte einhergeht bzw. gehen wird. Alleinlebende Durchschnittsrentner*innen in Sachsen können sich gerade einmal eine Kaltmiete von 3,60 €/m² leisten . Ein hoher Anteil alter und pflegebedürftiger Menschen, gepaart mit steigendem Ausmaß an Altersarmut macht Wohnen im Alter zu einer wichtigen sozialen Zukunftsfrage. Für uns ist klar: Menschen sollen im Alter in ihren Wohnungen bleiben können. Der altersgerechte Umbau von Wohnungen wird zu einer großen Herausforderung für Sachsen, der wir uns stellen wollen.
Damit wird umso vordringlicher, den Neubau- und Sanierungs- bzw. Modernisierungsbedarf für barrierearmen und barrierefreien Wohnraum in seiner Erstellung für einen großen Teil so kostengünstig wie möglich gestalten zu müssen. Denn die finanzielle Leistungsfähigkeit der betroffenen Mieter*innengruppen nimmt ab. Viele können sich Umbaumaßnahmen von einigen Tausend Euro einfach nicht leisten. Deshalb wollen wir eine Förderung für altersgerechten und barrierefreien Wohnraum durch das Land, die von der Darlehensverbilligung auf die Zuschussförderung umstellt und somit bezahlbare Mieten von bis zu maximal 6,50 €/m² nettokalt ermöglicht. Die vielfältigen Förderprogramme von Kranken- und Pflegekassen, die es außerdem gibt, für individuelle Um- und Einbauten sowie Anpassungen an die Wohnbedürfnisse, die sich an die Mieterinnen und Mieter richten, müssen viel offensiver beworben und deren Beantragung nach dem Prinzip des „einheitlichen Ansprechpartners“ bei den Kommunen gestaltet sein. Wir wollen die generationenübergreifende Durchmischung von Wohnquartieren stärken und fördern. Deshalb soll jeglicher Mehraufwand bei der Bauplanung, um dieses Ziel sowie baupreissenkende Maßnahmen zu erreichen, besondere Förderung durch den Freistaat erfahren. Dieses Prinzip wollen wir in allen Formen der sozialen Wohnraumförderung verankern.