Mit Herz und Hirn progressive Inhalte wählen
Taktisch wählen? Was dran ist und was nicht: Anmerkungen zum „taktischen Wählen gegen Rechts“ des Aufrufs #zukunftsachsen
Der Aufruf zum „taktisch Wählen“, der sich auch gegen uns richtet, ist eine Kapitulation vor Rechtsaußen. Er bedient die falsche und gefährliche Erzählung der Rechten, sie stünden allein „gegen alle anderen“, die „alle gleich“ wären. Die Stärke der Rechten resultiert zudem auch daraus, dass permanent über sie und ihre Themen gesprochen wird. In genau diese Falle tappt auch der Initiator von „#zukunftsachsen“: Er macht die Rechtsaußen-Partei zum Dreh- und Angelpunkt der Wahldebatte. Die einzige, die sich freut, dass nur noch über eine bestimmte rechte Partei statt über existenzielle Probleme – Klimaschutz, Mieten, wachsende soziale Ungleichheit, eine rückständige Demokratie, eine zunehmende Stadt-Land-Spaltung – gesprochen wird, ist genau diese rechte Partei.
Das wird nicht dadurch besser, dass der Kampagnen-Macher auch explizit dazu aufruft, beispielsweise CDU zu wählen – und damit genau jene Partei, die die AfD gerade in Sachsen stark gemacht und jahrzehntelang die extreme Rechte verharmlost hat. Es ergibt auch rechnerisch überhaupt keinen Sinn, dass die CDU in diesem Rechenspiel enthalten ist: Wenn die Verhinderung einer schwarz-blauen Regierung eines der Ziele sein sollte, warum sollte man dann mit der CDU eine dieser beiden Parteien wählen? Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es ist Unsinn.
Um auf einige Aspekte einzugehen:
- Eine Mehrheit im Landtag abseits von Rechten und Neoliberalen erzeugt man nicht, in dem man im Zweifel sogar eine dieser Parteien wählt, sondern indem man andere Parteien wählt.
- Es gibt derzeit auf dem Papier eine Koalition aus CDU und SPD in Sachsen. Faktisch gibt es eine CDU-Politik pur (siehe Polizeigesetz). Die AfD ist auf genau diesem Boden (CDU + Mini-Partnerin) groß geworden. Eine Koalition aus großer CDU mit einem (oder mehreren) kleinen Partnern, produziert weiter rechte CDU-Politik pur.
- Im Aufruf wird behauptet, bestimmte Optionen seien „ausgeschlossen“. Begründung: Es gibt sie noch nicht. Mit dieser Begründung wäre bis 1998 auch Rot-Grün im Bund, Rot-Rot (in Ländern), Rot-Rot-Grün sogar bis 2014 „ausgeschlossen“ oder unmöglich gewesen. Von Kenia, Jamaika & Co. ganz zu schweigen. Die Behauptung, andere Kooperationsformen (z. B. Tolerierung) seien „ausgeschlossen“ ist ebenfalls eine nicht belegte Aussage und bildet das Fundament der „Kampagne“ „Zukunft Sachsen“.
- Die Initiative stellt mehrheitlich auf Wahlumfragen ab – und tut damit so, als sei die Wahl bereits entschieden. Wahlen werden aber durch uns Wählerinnen und Wähler entschieden – und nicht durch Umfrageinstitute! Es lohnt sich also, für andere Mehrheiten zu mobilisieren. Die Wahlergebnisse in jüngster Vergangenheit in vielen Teilen der Welt zeigen: Auch in kurzer Zeit kann sich viel ändern.
Unsere Alternativvorschläge:
- Wählen gehen allein reicht nicht mehr. Vor Ort aktiv sein, außerparlamentarisch in einer Gruppe oder einem Bündnis (z. B. #unteilbar) und/oder auch in einer Partei (gerne auch bei uns).
- Streiten für soziale und progressive Mehrheiten. Dazu gehört auch: Nicht den Rechten das Wort reden und so tun, als gäbe es nur sie. Es gilt: Eigene Themen setzen, wie es die Mietenbewegung z. B. in Berlin mit dem Volksentscheid zur Enteignung macht, wie es Fridays for Future und #unteilbar zeigen, wie es auch in Süddeutschland die Proteste gegen die Polizeigesetze gezeigt haben! Wer vor der Wahl nur über Rechenspiele, Umfragen und die Rechten redet, macht sich selbst schwach!
- Wer taktisch gegen Schwarz-Blau wählen will kann das sehr einfach tun: Weder Schwarz noch Blau wählen. Und wer taktisch progressive, linke Inhalte stärken will, wählt eben links 😉