Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Verband Garten‑, Landschafts- und Sportplatzbau
1. Im Zusammenhang mit innerstädtischen Investitionen fordern wir, dass Ausgleichsmaßnahmen unmittelbar am Investitionsobjekt deutlich besser gestellt werden als Ausgleichsaktivitäten auf der grünen Wiese. Z. B. Dachbegrünungen, Fassadenbegrünungen oder Baumpflanzungen müssen dazu in Bebauungsplänen b Baugenehmigungen verankert werden. Im Mai 2017 wurde durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit das Weißbuch Stadtgrün veröffentlicht. Die dort dargestellten Handlungsfelder auf dem Weg zu grünen Städten erhielten als Anschub eine Erstfinanzierung durch den Bund. Vom Frei- staat Sachsen wurden und werden erfreulicherweise die anteiligen Fördermittel in gleicher Höhe kofinanziert, so dass für die Kommunen das verbleibende Drittel als aufzubringender Eigen- anteil bleibt. Dies gilt allerdings nur für Neuinvestitionen. Für den laufenden Unterhalt und die Pflege der öffentlichen Parks, Spiel- und Freizeit- sowie Grünanlagen steht laut Auskunft des sächsischen Innenministeriums den Kommunen nicht ein Euro an Unterstützung zu. In diesem Zusammenhang stellen wir seit Jahren vor Ort immer wieder fest, dass für hunderttausende Euro gut geplante und fachlich gut gebaute Grünanlagen anschließend dem schleichenden Verfall preisgegeben werden. Dies entspricht nicht unseren Vorstellungen von Nachhaltigkeit. Wie ist Ihre Haltung zu den inhaltlichen Forderungen des Weißbuch „Stadtgrün“?
Mit dieser Forderung rennen Sie bei uns offene Türen ein. Für die anstehende Kommunalwahl hat der Landesverband der LINKEN unter anderem diesen Schwerpunkt definiert:
Für grüne Kommunen!
Umweltpolitik ist Kommunalpolitik. Ob Hochwasserschutz, Renaturierungen, die Rücknahme von Versiegelungen, die Schaffung neuer grüner Oasen, Fassadenbegrünungen – die Kommunen müssen angehalten werden, Entscheidungen so zu treffen, dass der Klimaschutz mit bedacht ist.
In der Stadt Chemnitz hat die LINKE gemeinsam mit SPD und Grünen im Stadt den folgenden Beschluss herbeigeführt (BA-O16/2019, April 2019):
- Die Stadtverwaltung Chemnitz wird beauftragt:
1. bei Neubau- und Sanierungsvorhaben der Stadt Chemnitz obligatorisch eine Fassadenbegrünung zu prüfen,
2. die Anerkennung von Fassadenbegrünung als Ausgleichsflächen für öffentliche und private Bauherren zu ermöglichen,
3. ein Förderprogramm für Fassadenbegrünung in Höhe von mind. 50.000 Euro pro Jahr möglichst beginnend mit dem Jahr 2021 zu erarbeiten. - Im Programm soll enthalten sein:
– Förderung insbesondere für Rankhilfen, Pflanzgefäße und die Herstellung von Pflanzflächen
– Vorrangförderung des innerstädtischen Raums, dichtbebauter Wohngebiete sowie für Plätze und Straßenzügen ohne Möglichkeit für Baumpflanzungen
– Förderung für Gebäude mit mindestens zwei Volletagen
– Vermarktung des Programms.
Der Stadtverband der LINKEN in Dresden formuliert in seinem Programm für die Kommunalwahl unter anderem folgende Ziele:
- Dresden stellt auf ausgewählten Grünflächen zur Wahrung der Insektenvielfalt auf einschürige Mahd um und verzichtet auf den Einsatz von Pestiziden.
- Dresden bepflanzt den öffentlichen Raum im größeren Rahmen und achtet dabei auf Artenvielfalt.
- Dresden sät in ausgewählten öffentlichen Grünflächen Insekten-freundliche und mehrjährige Pflanzen, zum Beispiel Lavendel.
- Dresden fördert Dach- und Fassadenbegrünungen und bepflanzt öffentliche Gebäude zur Luftreinhaltung mit rankenden Pflanzen und Moosplatten.
- Dresden nutzt vorbeugend alle Instrumente der Bauleitplanung und der kommunalen Planungshoheit zur Förderung einer Baukultur hinsichtlich einer hochwertigen Aufenthaltsqualität, Mobilität und Stadtklima sowie ökologischen, sozialen und nachhaltigen Stadtentwicklung und sichert dabei Transparenz und Mitwirkung der Öffentlichkeit.
Auch in Leipzig setzt sich DIE LINKE als Ziel die Realisierung einer umfassenden Gründach- und Grün- fassadenstrategie sowie von verbindlichen Standards für klimafreundliche, energieeffiziente Gebäudestrukturen.
- Insofern unterstützen wir als LINKE klar die inhaltliche Ausrichtung des Weißbuchs Stadtgrün. Es ist auch unser Anliegen, dass einmal geschaffene öffentliche Anlagen, die das Leben in der Stadt grüner, gesünder und besser machen, langfristig erhalten bleiben, und wir werden uns in den Kommunalparlamenten stets dafür einsetzen. Wir streiten auch dafür, dass die Kommunen vom Freistaat mehr finanzielle Entscheidungsfreiheit erhalten, indem Förderrichtlinien sukzessive durch höhere pauschale Zuwei-sungen abgelöst werden. Über deren Verwendung sollen die Kommunen gemeinsam mit den Menschen vor Ort entscheiden und Schwerpunkte setzen können. Erstens erachten wir es als notwendig, dass die kommunale Finanzmasse im sächsischen Finanzausgleich dauerhaft um 400 Mio. Euro zu Gunsten der kommunalen Ebene angepasst wird. Damit erhielte jede sächsische Gemeinde pro Einwohner und Jahr 100 Euro mehr Schlüsselzuweisung. Zweitens schlagen wir vor, für die Landkreise und kreisfreien Städte Regionalbudgets in Höhe von jährlich 10 Mio. Euro als frei verfügbare Mittel bereitzustellen. Das wären noch einmal 32 Euro je Einwohner. Denn nicht die Dresdner Ministerien, sondern die Menschen vor Ort wissen am besten, wo Geld fehlt (vgl. unser Antrag Finanzkraft der sächsischen Kommunen jetzt stärken – Umsteuern für einen zukunftsfähigen kommunalen Finanzausgleich!, Drs 6/12960).
2. Unsere Branche baut öffentliche Parks und Grünanlagen und wenn die Pflege ausnahmsweise beauftragt wird, erhält sie diese Anlagen Die LKW, Transporter, Radlader, Bagger, sonstige Baumaschinen und zahlreiche PKW fahren mit Dieselmotoren. Bei vielen Spezialfahrzeugen werden von Seiten der Industrie auch aktuell keine Alternativen avisiert. Sollte ein Die-selfahrverbot kommen, werden zahlreiche Armen unserer Branche wirtschaftlich erheblich in Mitleidenschaft gezogen oder insolvent gehen. Auch den Kommunen im ländlichen Raum gehen dann auf Jahre die Gewerbesteuer verloren bzw. Gewerbesteuern müssten rückerstattet wer- den. Was unternehmen Sie konkret, damit diese Situation vermieden wird? Statt auf Verbote und technische Lösungen zu setzen, könnten mit mehr Grün insbesondere in den Städten natürliche Möglichkeiten u. a. zur Reduzierung von C02, Feinstaub- und Hitzebelastungen geschaffen werden. Unterstützen Sie unsere Haltung in diesem Punkt?
- Auch wir wollen keine Fahrverbote in den Städten. Aber wenn die Koalitionen im Land und Bund keine ausreichenden Maßnahmen zur Schadstoffreduktion im Verkehrssektor treffen – also einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr, sichere Rad- und Fußwege –, werden die Gerichte wohl auch in Sachsen irgendwann Fahrverbote anordnen, um den Gesundheitsschutz der Menschen einhalten zu können. Wir möchten nicht die Handwerkerinnen und Handwerker sowie die Pendlerinnen und Pendler gegen die Anwohnerinnen und Anwohner der Hauptverkehrsstraßen ausspielen. Wir wollen auch nicht, dass Gesundheits- und Verbraucherschutz im Widerspruch stehen. Für Handwerkerinnen und Handwerker müssten, wenn es soweit käme, Ausnahmeregelungen erlassen oder Fördermöglichkeiten für die Anschaffung von Spezialfahrzeugen mit alternativen Antriebstechnologien geschaffen werden.
3. Die geplante Einführung der Tachographen-Pflicht für Fahrzeuge ab 2,4 t hat das Ziel ausländische Transporteure zur Einhaltung der Lenkzeiten zu zwingen. Die Wirkung in der Praxis: immenser Aufwand und Kosten für kleine und mittelständische Unternehmen. Wie stehen Sie dazu?
- DIE LINKE begrüßt grundsätzlich die Einführung der Tachographen-Pflicht als wirksames Mittel zum Arbeitsschutz und zur Verkehrssicherheit. Gleichzeitig dürfen derartige Maßnahmen kleine und mittelständische Unternehmen nicht über die Maße belasten. Fördermöglichkeiten der Umrüstungsmaßnahmen für kleine und mittelständische Unternehmen sind zu prüfen.
- Die Einhaltung von Lenkzeiten dient der Verkehrssicherheit und der Gesundheit der Fahrer. Insofern ist die Tachographenpflicht eine sinnvolle Sache. Wenig sinnvoll scheint sie für kleine und Handwerksunternehmen, deren Kerngeschäft nicht das Transportieren ist. Diese zu zwingen, Lenkzeiten zu dokumentieren, deren Höchstdauer sie nie überschreiten, weil sie eben bauen, produzieren, pflanzen, instandhalten usw. und nicht zuerst fahren, erscheint uns unnötig. Zumindest für kleine und Handwerksbetriebe sollte es in einem Umkreis von drei Fahrstunden vom Betriebsstandort eine Ausnahme von der Tacho- graphenpflicht geben.
4. Sollte der Breitbandausbau auf Glasfaserbasis und das schnellere Internet erst 2025 zu 100 Prozent flächendeckend in Sachsen vorhanden sein, wird das zu schweren wirtschaftlichen Nachteilen für zahlreiche Firmen unserer Branche führen. Was wollen Sie außer der Zusage der einhundertprozentigen Refinanzierung durch die Landesregierung tun, um den Ausbau im ländlichen Raum zu beschleunigen?
- Dass der Netzausbau heute besser ist als vor fünf Jahren, heißt noch lange nicht, dass alles gut ist. Der Freistaat dümpelt im bundesweiten Vergleich am unteren Ende. Nur ein Bruchteil der Fördermittel für den Ausbau ist bewilligt, noch weniger wirklich geflossen. Auch gibt es keine landesweit abgestimmten Kreisprojekte. Trotzdem verkündet die Staatsregierung jeden bewilligten Bescheid als großen Durchbruch und streut der Öffentlichkeit damit Sand in die Augen. Doch selbst wenn alle laufenden oder beantragten Förderprojekte zügig abgeschlossen wären, hätten Sachsens Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen noch lange nicht jene Dateninfrastruktur, die sie brauchen. Glasfasernetze sind längst nicht flächendeckend verfügbar. Zudem müssen schon Ausbauleistungen nachgebessert werden. Das betrifft vor allem die in den letzten Jahren per Vectoring ertüchtigten Anschlüsse.
- Gerade in den Kernräumen zahlreicher Unter- und Mittelzentren werden Mindestdatenraten von über 30 Mbit auf absehbare Zeit nicht verfügbar sein. Der Breitbandausbau ist kein einmaliges Projekt mit absehbarem Ende. Wenn die Staatsregierung Zukunftstechnologien wie das Internet der Dinge und autonomes Fahren beschwört, dann muss man sich klar machen, dass 5G und die entsprechenden Netze noch gar nicht existieren. Schon um die Mobilfunklücken zu schließen, müssen abseits der Großstädte hunderte neue Masten gesetzt werden. Es ist blauäugig, allein auf private Netzanbieter zu setzen. Das zeigen Klagen der Telekommunikationsunternehmen gegen die Bedingungen bei der Versteigerung der Netzlizenzen. 5G wird es ohne massive staatliche Unterstützung nicht flächendeckend geben.
- Der Bund muss verfassungsrechtlich verpflichtet werden, deutschlandweit eine moderne Mobilfunkversorgung sicherzustellen. Wir fordern die Staatsregierung auf, diesbezügliche Vorstöße unterstützen. Ebenso fordern wir die Gründung einer Landesgesellschaft, die bisherige Aktivitäten der Kommunen und Kreise und laufende regionale Förderprojekte unterstützt sowie aktiv Lücken schließt. Wir wollen den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsbreitbandnetze nicht nur wie bisher mit öffentlichen Mitteln subventionieren, sondern auch sicherstellen, dass die Infrastruktureinrichtungen öffentliches Eigentum bleiben. Diese Glasfasernetze könnten dann an private Telekommunikationsanbieter vermietet werden, wie es die niederösterreichische Landesgesellschaft NÖGIG vormacht. Einen entsprechenden Antrag – „Versorgung mit schnellem Internet als Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge gesetzlich verankern – Sächsische Landesgesellschaft für den flächendeckenden Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen einrichten!“ haben wir in den Landtag eingebracht (Drs 6/16711). Die Landtagsmehrheit hat ihn im März 2019 niedergestimmt.
5. Von den Medien bisher unbemerkt hat das Jahr 2018 mit den extrem geringen Niederschlägen und den Hitzeperioden nicht nur gezeigt, dass der Klimawandel auch in unserer Region bereits angekommen ist Die Auswirkungen auf die Tätigkeitsfelder unserer Branche sind erheblich. Langfristig kann man z. B. mit geeigneten Baumarten darauf reagieren. Nutzen Sie dazu bitte die Forschungsergebnisse unserer sächsischen Wissenschaftler.
Auch wir sind der Auffassung, dass die Klimaerhitzung einerseits menschengemacht, zweitens hier bereits spürbar und drittens nur mit großen Anstrengungen zu bewältigen ist. Wir sind offen für entsprechende Forschungsergebnisse, ob sie nun aus Sachsen oder von außerhalb kommen, und wissen, dass das Land und die Kommunen im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Befugnisse alles unternehmen müssen, um einerseits die Ursachen der Klimaerhitzung zu bekämpfen und andererseits die Auswirkungen für die Menschen in Sachsen gering zu halten. Zum Bereich Ursachenbekämpfung gehören beispielsweise der schnellstmögliche, planvolle Ausstieg aus der Kohleverstromung, eine weniger auf Monokulturen setzende, stärker ökologische Landwirtschaft und eine sozial-ökologische Verkehrswende. Zum Bereich Folgenbewältigung gehören laut unseren programmatischen Zielstellungen für die Landtagswahl unter anderem die folgenden Punkte:
- Wir streben Naturschutz in der Fläche an. Hierfür setzen wir auf die kleinteiligere Bewirtschaftung und den Schutz vieler unterschiedlicher Kulturarten sowie die Erweiterung der Fruchtfolgen. Dies bedeutet auch eine konsequente Zielerreichung in Nationalparks und Naturschutzgebieten, den Erhalt von Stadtnatur sowie den Ausbau eines weiteren Biosphärenreservates in Sachsen.
- Wir wollen eine nachhaltige Landwirtschaft fördern, also auch bestäuberfreundliche Praktiken in der Fläche, sowie Blühstreifen in Städten und Dörfern ausbauen. Die Staatsregierung soll sich für die Verminderung des Einsatzes von Pflanzenvernichtungsmitteln einsetzen und darauf hin- arbeiten, dass Hersteller solcher Substanzen an den verursachten Kosten angemessen beteiligt werden. Das Insektensterben muss untersucht und vor allem muss gegengesteuert werden (vgl. Anträge „Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insbesondere mit den Wirkstoffen Clomazone und Glyphosat stärker reglementieren und Auswirkungen weiter erforschen“, Drs. 6/2666, sowie „Ursachen des Insektensterbens in Sachsen untersuchen und Gegenmaßnahmen in die Wege leiten“, Drs. 6/11500).
- Wir wollen ein Programm zur Wiederbegrünung und Renaturierung von Gemeindeflächen im Freistaat landespolitisch und finanziell unterstützen. Das „Baum-ab-Gesetz“, wodurch zahlreiche Bäume ohne Ersatz gefällt wurden, nehmen wir zurück.
- Wir führen das kommunale Vorkaufsrecht im Wald‑, Wasser- und Naturschutzrecht wieder ein, um die kommunale Entscheidungsfreiheit wiederherzustellen. Nur der Rückkauf von Flächen kann einen effizienten Hochwasserschutz gewährleisten und nur eine standortangepasste Mischung aus technischen und naturnahen Hochwasserschutzmaßnahmen kann weiterhelfen. Wir überwinden die Zersplitterung der Zuständigkeiten für kleine und große Flüsse und Bäche und betrachten Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung. Grundlage dafür ist unter anderem, durch die gezielte Unterstützung aller Gemeinden für einen effektiven Hochwasserschutz an ihren Gewässern zu sorgen. Dazu gehört auch der Stopp weiterer Bebauung in Überschwemmungsgebieten. Retentionsflächen sollen möglichst Vorrang vor baulichen Barrieren haben, die das Hochwasser ja nur verlagern.
- Sachsenweit setzen wir uns für die Verringerung des Flächenziels der Bodenversiegelung von 4 ha auf 2 ha pro Tag ein.
- Wir werden Wege zur Ausgestaltung einer verpflichtenden Elementarschadensversicherung (z.B. Unwetter, Hochwasser etc.) prüfen.
- Die zu erwartenden Tendenzen für die Zukunft des Waldes sind im Waldzustandsbericht des Freistaates nachzulesen: Die extremen Witterungsereignisse nehmen zu, die Durchschnittstemperaturen steigen, die jahreszeitliche Verteilung der Niederschläge verändert sich – in der Vegetationsperiode regnet es weniger, die Niederschläge werden intensiver. Schäden mit mehr als 200.000 m³ Schadholz sind mittlerweile ein „Normalfall“ geworden. Die Sturmereignisse der Jahre 2007 und 2018 warfen jeweils rund 2 Mio. m³ Schadholz zu Boden. Die zurückliegenden vier Trockenjahre in einem Jahrzehnt schädigen nicht nur die besonders anfälligen Forstkulturen, sondern auch ältere Bäume in immer stärkerem Umfang. Wir stehen für einen Waldumbau mit Augenmaß – für mehr Vielfalt, mehr Mischwälder und weniger Monokulturen. Gewinnerwartungen eines Staatsbetriebes können da nicht dauerhaft steigen, im Gegenteil. Staatswald hat in dieser Situation eine besondere Gemeinwohlverpflichtung gegenüber dem privaten und kommunalen Waldbesitz wahrzunehmen, damit stabile, klimawandelfeste Wälder über alle Eigentumsformen entstehen.
6. Die Sozialkassen verfügen mittlerweile über Rücklagen in Milliardenhöhe. Deshalb ist für unsere Unternehmer nicht nachvollziehbar, dass immer noch an der Beitragsfälligkeit der Sozialbeiträge vor Monatsende festgehalten wird. Die damit verbundene Schätzung erfordert eine Verrechnung im Folgemonat mit zusätzlichem Aufwand. Wollen Sie sich für die KMU in dieser Angelegenheit einsetzen?
- Nicht erst seitdem die Rücklagen der Sozialkassen steigen, haben wir die Vorveranlagung der Sozialversicherungsbeiträge kritisiert und deren Rücknahme gefordert. Es ist gerade für kapitalschwächere Unternehmen schwierig, Geld zu zahlen, das erst noch erwirtschaftet werden muss. Und der vermehrte Verwaltungsaufwand belastet die kleinen und Handwerksbetriebe, die sich keine Verwaltungsabteilungen leisten können. Durch den Wegfall der doppelten Berechnungsbelastung durch geschätzte und später erfolgende tatsächliche Berechnung würden die KMU wirklich entlastet. Deshalb werden wir uns weiterhin in dieser Angelegenheit für Sie einsetzen.
7. Wie ist Ihre Haltung zur Zuwanderung von Fachkräften aus Drittstaaten unterhalb der Qualifikationsebene Bachelor/Master?
- Wir wollen Hürden für Zuwanderung und für die Ausbildungs- und Arbeitsaufnahme von Drittstaatlerinnen und Drittstaatlern senken. Deutschland ist angewiesen auf Fachkräfte aus dem Ausland. Eine Viertel Millionen Menschen braucht es pro Jahr, um den Mangel an Fachkräften in technischen, handwerklichen und sozialen Berufen zu kompensieren. Als LINKE setzen wir uns dafür ein, dass geflüchtete Menschen, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind, schneller und unkomplizierter Ausbildung und Arbeit aufnehmen können. Unterm Strich braucht es passgerechte und gut entlohnte Ausbildungs- und Arbeitsangebote für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben. Wer gut integriert ist und einer Arbeit nachgeht oder sich in Ausbildung bewährt, sollte bleiben dürfen – ein Spurwechsel vom Asylrecht zum Zuwanderungsrecht ist notwendig.
8. In den nächsten Jahren steht in vielen Fällen die Übergabe von Unternehmen an. Gleichzeitig sind in Kenntnis des Alltags von Unternehmerinnen und Unternehmern deren Kinder immer weniger bereit, wirtschaftlich gut arbeitende Firmen zu übernehmen. Unternehmertum findet keine öffentliche Wertschätzung Im Gegenteil fühlen sich immer mehr Unternehmer durch permanent neue Vorschriften und Gesetze und damit eine überbordenden Regulierung drangsaliert und gegängelt. Als Stichworte nennen wir die neue Datenschutzgrundverordnung oder die neue Gewerbeabfallverordnung. Die Schmerzgrenze, was die kleinen und mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer noch alles außer dem Unternehmenszweck leisten sollen, ist aus Sicht unserer Firmen aktuell erreicht. Wir erfragen Ihre Haltung in diesem Zusammenhang.
- Die Einführung der Datenschutzgrundverordnung begrüßt DIE LINKE. Mit ihr wurden europaweit einheit- liche Standards im Datenschutz eingeführt. Die Bundesrepublik hat im Zuge der Umsetzung der DSGVO allerdings das Datenschutzniveau gesenkt, das Land Sachsen hat die Unternehmen bei der Umsetzung der DSGVO aus Sicht der LINKEN nicht ausreichend unterstützt. Wir haben im Zuge der Beschlussfassung des Datenschutzdurchführungsgesetzes beantragt, den Sächsischen Datenschutzbeauftragten als Aufsichtsbehörde besser auszustatten, eine Informationsoffensive zu starten und öffentliche Stellen sowie Unternehmen, Vereine und Verbände bei der Umsetzung der neuen Regelung tatkräftig zu unterstützen: Drs. 6/13226 Dieser Antrag wurde von der Mehrheit des Parlaments abgelehnt. Aktuell hat sich der Sächsische Datenschutzbeauftragte über den Personalmangel in seiner Behörde beklagtda besteht dringender Handlungsbedarf.
- Öffentliche Wertschätzung für Unternehmertum beginnt damit, anzuerkennen, dass Selbstständigkeit Risiko bedeutet. Deshalb braucht es eine ausreichende soziale Absicherung für Selbstständige. Die Gesundheitsversorgung muss gewährleistet und eine gute Altersvorsorge möglich sein. Oft ist der eigene Betrieb als Altersvorsorge gedacht, doch gelingt häufig der Verkauf zu einem Preis, der einen ruhigen Lebensabend ermöglichen soll, nicht. Deshalb müssen Selbstständige angemessen in das Rentensystem einbezogen werden, damit am Ende nicht nur die Grundsicherung bleibt. Dann ist selbstständiges Wirtschaften auch attraktiver für den unternehmerischen Nachwuchs.
9. Bestimmte Regionen Sachsen kommen wegen fehlender Verkehrslnfrastruktur seit Jahr- zehnten nicht voran, z. B. fehlendes Teilstück Autobahnzubringer A4 Weißenberg Richtung Löbau, fehlendes Teilstück A14 Richtung B169 Riesa oder unzureichende Bahnverbindungen. Der fehlende bzw. zeitlich stark ausgedünnte öffentliche Nahverkehr in den ländlichen Regionen führt z. B. für Azubis zu massiven Problemen beim Erreichen der Berufsschule und des Ausbildungsbetriebes. Setzen Sie sich für zeitnahe und ganz konkrete Verbesserungen ein?
- Einer der Schwerpunkte der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag war und ist die Stärkung des öffentlichen Personenverkehrs. So haben wir uns in den vergangenen Verhandlungen zum Doppelhaushalt für die Jahre 2019/2020 für massive Investitionen in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) eingesetztetwa für die Einführung eines dichteren Taktsystems: In jeder Gemeinde mit mehr als 800 Einwohnerinnen und Einwohnern soll ein ÖPNV-2-Stundentakt, in Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ein 1‑Stundentakt und in allen Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwoh- nerinnen und Einwohnern ein Halbstundentakt im Busverkehr angeboten werden, der vom Ortskern die umliegenden Gemeindeteile und die nächstgelegene Schienenpersonennahverkehr-Station anfährt. Ebenso fordern wir eine Taktverbesserung im Schienenpersonennahverkehr sowie die Wiederinbetriebnahme kürzlich abbestellter Zugleistungen. Hier darf man jedoch nicht auf die Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan warten, wo die Projektrealisierung Jahrzehnte dauern kann, sondern der Freistaat muss auch endlich eigenes Geld in die Hand nehmen, um den Öffentlichen Personenverkehr in Sachsen auszubauen. Damit würde der ländliche Raum gestärkt und Auszubildende könnten problemlos den ÖPNV nutzen und wären nicht darauf angewiesen, sich nach der Schule direkt ein Auto zuzulegen. Weiterhin erkennen wir insbesondere bei Schülerinnen und Schülern sowie bei Auszubildenden das Problem der hohen Ticketpreise. Wir wollen, dass mittelfristig alle Kinder und Jugendlichen unter 27 Jahren in ganz Sachsen entgeltfrei öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Auf dem Weg dahin sollen zu- nächst mit den Kammern Zielvereinbarungen getroffen werden, damit Auszubildende ab 2020 ein sachsenweit gültiges und günstiges Ticket erwerben können. Die Finanzierung soll zu je zu einem Drittel durch die Auszubildenden, den Freistaat und den Ausbildungsbetrieb erfolgen. Mittelfristig finanziert der Freistaat die Fahrkarten für alle Kinder und Jugendlichen unter 27 Jahren und stärkt damit auch die ländlichen Räume.
10. Wir fordern: Besetzung der obersten Entscheiderpositionen in Verwaltung, bei Gerichten, Universitäten, Kunst und Kultur ab sofort auch durch Sachsen. Unsere Kinder und Enkel gehören in der schulischen Ausbildung laut Pisa-Untersuchungen und beim Studium mit zu den Besten. Nach der erfolgreichen Ausbildung müssen sie sich auch im dreißigsten Jahr der friedlichen Revolution aber im Berufsleben weit überproportional immer noch mit der Perspektive nachgeordneter Funktionsebenen abfinden. Dies empfinden wir als Verschwendung menschlicher Ressourcen. Wie ist Ihre Haltung dazu?
- Mit Ihrer Forderung rennen Sie bei uns offene Türen ein. Wie Sie wissen, forderte z.B. die Bundestagsfraktion von DIE LINKE in einem Antrag, die im Grundgesetz, Artikel 36, festgelegte Regelung, dass bei den Bundesbehörden Beamte aus allen Bundesländern in angemessenem Verhältnis eingesetzt werden sollen, umzusetzen. Also gewissermaßen eine „Ostquote“. Und die Linksfraktion hat einen Antrag in den Sächsischen Landtag eingebracht, in dem sie u.a. „die Überwindung der fortgesetzten Unterrepräsentanz und strukturelle Benachteiligung von Menschen aus Ostdeutschland und Menschen mit ostdeutscher Biografie in Behörden, Gerichten und Unternehmen“ fordert (Drs. 6/17169). Wir bleiben dran, dass Entscheidungs- und Führungspositionen zunehmend auch von Sächsinnen und Sachsen besetzt werden.
Abschließend noch zu Ihren Nachbemerkungen: Wir verfolgen die Entwicklungen im Handwerk und bei den KMU und teilen Ihre Auffassung, dass diese Betriebe das Rückgrat der sächsischen Wirtschaft bilden, versorgen sie uns doch mit hochwertigen Produkten und Dienstleistungen und sichern Arbeit und Ausbildung. Deswegen liegt uns deren Unterstützung und Förderung besonders am Herzen. Für Rück- fragen stehen wir gern zur Verfügung.