Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Automobilclub von Deutschland e. V
Frage 1
Welche Idee und Konzepte enthält Ihr Wahlprogramm, mit denen die Arbeitsplätze in der sächsischen Automobilindustrie gesichert und zukunftsfest gemacht werden können, wie wollen Sie den Standort Dresden, Zwickau, Leipzig stärken und die Produktion der Hersteller dort halten?
Welche Änderungen der Rahmenbedingungen fordern sie dafür ein?
Verbrennungsmotoren sollen ab 2030 nicht mehr zulassungsfähig sein. Wir fördern alternative Antriebstechnologien wie Brennstoffzellen und Elektromotoren. Dabei werden wir u. a. die Akkuproduktion im Landkreis Bautzen forcieren. Nur wenn die Hersteller den anstehenden Wandel offensiv angehen, was sie zum Teil bereits tun, werden sich die Arbeitsplätze in der sächsischen Automobilindustrie langfristig sichern und erhalten lassen.
Frage 2
Wie soll die Zukunft des automatisierten Fahrens in Sachsen aussehen, welche eigenen Landesprogramme wollen Sie dazu auflegen?
Automatisierung, künstliche Intelligenz, Robotik, die Globalisierung von Geld- und Warenströmen – all das verändert nicht nur Wirtschaft und Arbeit, die Digitalisierung greift in alle Bereiche des Lebens ein. Mit einem Staatsministerium und einer Enquete-Kommission für Digitalisierung wollen wir versuchen, uns den Herausforderungen zu stellen und diese auf einem demokratischen und nachhaltigen Wege zu lösen.
Wie wollen Sie dabei mit Polen und Tschechien Zusammenarbeiten?
In unserem Wahlprogramm haben wir Vorschläge vorgelegt, die branchenunabhängig ausländischen Arbeitskräften bessere (Zugangs-)Bedingungen für den deutschen Arbeitsmarkt ermöglichen und mittelfristig auch die Kooperation mit den Ländern Polen und Tschechien begünstigen. In der Folge eine Auswahl:
- europaweite Mindeststandards für die Arbeitnehmerfreizügigkeit
- stärkere Kooperation im Drei-Länder-Eck Deutschland-Tschechien-Polen, u.a. institutionelle Unterstützung
- Ausbau des ÖPNV-Netzes und der Bildungsprojekte mit Polen und Tschechien
- Mehrsprachigkeit in Kitas und Schulen
- Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Schul‑, Berufs- und Hochschulabschlüssen in der Europäischen Union.
Frage 3
Welche Maßnahmen wollen Sie einleiten, um eine Gleichberechtigung aller Verkehrsträger innerhalb Sachsens zu fördern und diese auf die Verkehrsströme der Zukunft abzustimmen?
Um die Belastung des Klimas sowie der Umwelt und Menschen mit Lärm, Dreck und Abgasen zu verringern, wollen wir eine nachhaltige Verkehrsreduzierung vorantreiben. Wir wollen die „Region der kurzen Wege“ zum Leitbild für Planung und Entwicklung machen und die Chancen der Digitalisierung zur Wegevermeidung nutzen.
Wir werden ermöglichen, dass unvermeidbare Wege sachsenweit möglichst nachhaltig per Fahrrad, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt werden können. Egal ob in der Stadt oder auf dem Dorf: Jeder Mensch in Sachsen soll die Möglichkeit haben, auf die Nutzung des PKWs zu verzichten. Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr werden wir in ein neu strukturiertes Landesamt für nachhaltige Mobilität überführen, um den Schwerpunkt der Verkehrspolitik auf ökologisch-nachhaltige Verkehrsträger zu lenken. Das Amt wird die Straßeninfrastruktur erhalten, den ÖPNV zur Pflichtaufgabe für Kommunen machen und zentral organisieren sowie den deutlichen Ausbau von Radverkehrsanlagen und sicheren Gehwegen und Fußgängerzonen ermöglichen.
Wir wollen mehr Güter- und Personenverkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Dazu wollen wir den Ausbau des Schienennetzes und dessen Modernisierung und Elektrifizierung vorantreiben, unter anderem durch die Wiederinbetriebnahme abbestellter Zugverbindungen. Wir wollen die schnelle Elektrifizierung der Bahnstrecken Dresden-Bautzen-Görlitz-Polen, Leipzig-Chemnitz, Leipzig-Grimma sowie eine S‑Bahn-Verbindung von Dresden nach Hoyerswerda und die Wiedererrichtung der Strecke Hoyerswerda-Bautzen erreichen, notfalls mit Eigenmitteln des Freistaats Sachsen. Zudem muss Chemnitz schnell an den bundesweiten Fernverkehr angebunden werden.
Wir wollen den Radverkehr in den Städten stärken und ein flächendeckendes Radwegenetz im ländlichen Raum errichten. Den Radwege- und Fahrradspurenanteil wollen wir bis 2024 auf 50 Prozent und perspektivisch auf 100 Prozent aller Bundes- und Staatsstraßen erhöhen. Wir wollen überregionale Radschnellwege sowie Radstationen und Radabstellanlagen an allen Bahnhöfen und Haltepunkten schaffen, dazu gründen wir eine Landesgesellschaft Radwegebau. Zudem wollen wir Maßnahmen zur Radverkehrssicherheit treffen, die unter anderem die Bereiche Diebstahlschutz, höhere Radwegequalität und Verkehrssicherheit umfassen. In den Kommunen wollen wir Car- und Bikesharing-Projekte fördern. Die Nutzung von Car- und Bikesharing öffentlicher Verwaltungen werden wir fördern. Wir werden Konzepte entwickeln, wie die Nutzung von Car- und Bikesharing im ländlichen Raum vorangetrieben und der Lieferverkehr mit Hilfe von Lastenfahrrädern ökologisch gestaltet werden kann.
Frage 4
Setzen sie gemeinsam mit VW auf die einseitige E‑Mobilität oder werden Sie Einfluss nehmen, um auch künftig eine Technologieoffenheit zu erhalten.
siehe Antwort auf Frage 1
Frage 5
Welche Maßnahmen werden Sie den Fuhrpark der Landes- und Regierungsfahrzeuge umweltfreundlicher zu gestalten?
Wir werden ein Förderprogramm initiieren, um in staatlichen Verwaltungen und nachgeordneten Behörden oder kommunalen Betrieben die Anschaffung von alternativ betriebenen Fahrzeugen und den Ausbau eines Lade- und Tanknetzes zu fördern.
Frage 6
Wie wollen Sie die Klimaziele erreichen, ohne die freie und individuelle Mobilität zu beschränken?
siehe Antwort auf Frage 3
Frage 7
Welche Maßnahmen schlagen Sie vor, um Fahrverbote in Sachsen zu verhindern?
Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen zur verträglicheren Gestaltung des Verkehrs dienen auch dazu, die Luftqualität zu verbessern, im Endeffekt also auch Fahrverbote zu verhindern.
Frage 8
Welche Position haben Sie zu einem generellen Tempolimit auf Sachsens Autobahnen?
Erst vor kurzem hat sich unsere Bundestagsfraktion für ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen eingesetzt. Das wäre nicht nur aus Klimaschutzgründen ein wichtiger Schritt, sondern auch ein elementarer Baustein für stressfreies Fahren und mehr Verkehrssicherheit. Hierzu gehört auch eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen auf 80 km/h. Das hat Frankreich im letzten Jahr auch eingeführt. Im Landeswahlprogramm der LINKEN. Sachsen findet sich zum Thema Geschwindigkeitsbegrenzungen nur der nachfolgende Satz: „Zum Schutz von Fußgänger*innen werden wir außerdem die Ausweitung von Geschwindigkeits¬begrenzungen innerhalb von Ortschaften prüfen“
Frage 9
Welchen Stellenwert hat für Ihre Partei der Schutz des Kulturguts „Klassisches Automobil“? Mit welchen Regelungen wollen Sie diese ggf. schützen? Werde Sie Oldtimer-Fahrende von eventuellen Fahrverboten ausnehmen?
Der Schwerpunkt unserer kulturpolitischen Maßnahme liegt auf einem landesweiten Entwicklungskonzept für Kunst und Kultur. Wir werden u. a. die Kulturraummittel dynamisieren, um Tariferhöhungen und allgemeine Preissteigerungen abbilden zu können sowie Haustarifverträge in den Theatern und Orchestern abschaffen. Ob und wie weit sich Oldtimer darin einbinden lassen, ist zu prüfen. Interessant wäre gegebenenfalls eine Verknüpfung mit politischer Bildung oder kulturhistorischer Provenienz-Forschung an sächsischen Hochschulen, da viele Oldtimer von Unternehmen hergestellt wurden, welche die Nazis und den Angriffskrieg Deutschland aktiv unterstützten. Außerdem ist auch bekannt, dass Oldtimer im Rahmen der systematischen Vertreibung und Vernichtung der Juden aus Deutschland enteignet wurden. Ansonsten halten auch wir es für gerechtfertigt, Oldtimer als oft fahrende Zeugnisse der Geschichte bei passenden Gelegenheiten öffentlich zu präsentieren.
Frage 10
Welchen Verkehrsprojekten räumt Ihre Partei die obersten Prioritäten ein, um Städte und Gemeinden in den kommenden fünf Jahren wirksam von Durchgangsverkehr zu entlasten und die überregionale Mobilität zu fördern?
Wir wollen mehr Güter- und Personenverkehr von der Straße auf die Schiene bringen. Dazu wollen wir den Ausbau des Schienennetzes und dessen Modernisierung und Elektrifizierung vorantreiben, unter anderem durch die Wiederinbetriebnahme abbestellter Zugverbindungen. Wir wollen den Ausbau des Schienennetzes und dessen Modernisierung und Elektrifizierung vorantreiben, unter anderem durch die schnelle Elektrifizierung der Bahnstrecken Dresden-Bautzen-Görlitz-Polen, Leipzig-Chemnitz, Leipzig-Grimma sowie eine S‑Bahn-Verbindung von Dresden nach Hoyerswerda und die Wiedererrichtung der Strecke Hoyerswerda-Bautzen.
Die Organisation des ÖPNV werden wir für die Kommunen zur Pflichtaufgabe machen, u.a. durch eine vorgegebene Taktfrequenz. Wir werden den Tarifwirrwarr im ÖPNV beenden und unter anderem ein landesweites günstiges Azubi- und Ausbildungsticket einführen.
Frage 11:
Radfahrende zählen zweifelsfrei zu den schutzbedürftigen Verkehrsteilnehmern, fallen aber zugleich in vielen Fällen durch rücksichtsloses Verhalten und bewusstes Ignorieren von Verkehrsregeln und Beschilderungen auf. Daraus erwachsen immer wieder Gefahrensituationen für die Radfahrende selber, wie auch für andere Verkehrsteilnehmer. Besteht aus Ihrer Sicht angesichts der zunehmenden Zahl Radfahrender Handlungsbedarf im Sinne der Verkehrssicherheit? Welche konkreten Ideen und Maßnahmen liefert Ihre Partei, um das zu ändern? Wie stehen Sie zu der Idee, eine Kennzeichenpflicht für Radfahrende einzuführen, um der Polizei die Ahndung von Verkehrsverstößen durch Radfahrende zu erleichtern?
Die Zahl der Unfälle mit Beteiligung des Radverkehrs ist in Sachsen auf einem Rekordstand, auch bei den getöteten Radfahrenden. Es gibt keine empirische Grundlage dafür, die Hauptschuld einer Gruppe von Verkehrsteilnehmerinnen und –teilnehmern zuzuschreiben – rücksichtsloses Verhalten, das bewusste Ignorieren von Verkehrsregeln und Beschilderungen sowie unachtsames Fahren kommen auch im Kfz- und Lkw-Verkehr vor.
Teilweise sind die Rahmenbedingungen vor Ort auch nicht sicherheitsfördernd, der Radverkehr muss sich entweder mit schnell fahrenden Autos die Straße teilen oder einen sehr schmalen Gehweg mit dem Fußverkehr.
Um die Situation zu verbessern, wollen wir den Radverkehr in den Städten stärken und ein flächendeckendes Radwegenetz im ländlichen Raum errichten. Den Radwege- und Fahrradspurenanteil wollen wir bis 2024 auf 50 Prozent und perspektivisch auf 100 Prozent aller Bundes- und Staatsstraßen erhöhen. Dazu gründen wir eine Landesgesellschaft Radwegebau und wollen Maßnahmen zur Radverkehrssicherheit treffen.
Frage 12:
Die neu zugelassenen E‑Scooter sind in aller Munde. Auf dem Markt tummelt sich eine wachsende Zahl von Anbietern, die diese Elektrokleinstfahrzeuge vermieten. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey hat nun eine durchschnittliche Lebensdauer von 29 Tagen ermittelt. Sind E‑Scooter vor diesem Hintergrund tatsächlich in der Lage einen sinnvollen Beitrag zur Mobilitätswende zu leisten?
Die E‑Scooter leisten aus unserer Sicht keinen nennenswerten Beitrag für Klimaschutz und Mobilitätswende, da nicht vom Auto auf diese Fahrzeuge umgestiegen wird, sondern von „zu Fuß“, ÖPNV oder Fahrrad. Das Angebot ist zudem primär auf Touristen ausgerichtet.
Zu den ausbleibenden Effekten für Klimaschutz und Mobilitätswende kommen durch die Einführung der E‑Scooter negative Wirkungen hinzu, u. a. :
- Wird der Kampf um den öffentlichen Raum weiter verschärft,
- Werden die Konflikte in den Straßen-Seitenräumen zugespitzt – die Scooter sind zwar auf dem Gehweg verboten, gefahren wird dort trotzdem, weil es weder kontrolliert noch geahndet wird, zu Lasten von Kindern und älteren Menschen,
- Werden sinnvollere Klimaschutzmaßnahmen im Verkehrssektor weiter verzögert, da Minister Scheuer immer noch denkt, dass die Roller Klimaschutzwirkung haben
- Werden Ressourcenschutz-Initiativen konterkariert, weil, wie Sie zurecht schreiben, die Nutzungsdauer dieser Fahrzeuge sehr kurz ist
Fazit: Eine Verkehrspolitik mit systematischer und engagierter ÖPNV‑, Rad- und Fußverkehrsförderung braucht keine E‑Scooter.