Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Sachsen
Fragen:
Befürworten Sie…
… eine Klimapolitik, die zwecks Einhaltung der 1,5‑Grad-Grenze aus dem Pariser Klima-Abkommen verbindlich auf Nullemissionen in rund zwei Jahrzehnten abzielt und damit auf null fossile Brennstoffe bei Strom, Wärme, Mobilität, Kunststoffen und Landwirtschaft – und dies in sämtlichen politischen Entscheidungen hin zu einem Klimaschutzgesetz so umsetzt!
Ja, dies haben wir in Bezug auf Braunkohlentagebaue bereits im April 2018 (Landtags-Drs. 6/13055) ausdrücklich so gefordert. Bei den Themen Verkehrswende, der Hinwendung zu einer emissionsarmen Landbewirtschaftung und Nahrungsmittelerzeugung sowie den anderen Themen stehen wir erst ganz am Anfang – hier fehlt bei allen Beteiligten noch das Vorstellungsvermögen, wie eine solche Welt aussehen könnte und wie der kürzeste Weg dahin gestaltet werden kann. Auch unter dem Aspekt der globalen Nachhaltigkeitsziele sind Veränderungen der Lebensstile in den Industrieländern dringend erforderlich. Politik hat inmitten der Auseinandersetzung mit verschiedenen Interessengruppen u.a. die Aufgabe, um breit akzeptierte Lösungen zu ringen – die am Ende auch effektiven Klimaschutz sicherstellen. Insofern sind wir auf die Unterstützung von Gruppen wie dem BUND in der öffentlichen Meinungsbildung angewiesen.
„Null fossile Brennstoffe“ sind ein griffiges Ziel. Aufgrund des bisherigen „Nichtstuns“ ist dieses Ziel realistisch wohl erst für den Zeitraum nach 2030 zu erreichen; der Zeitraum bis dahin muss deshalb aktiv gestaltet werden. Dringend zu beachten sind auch die Nebeneffekte, die nicht allein die Brennstoffe, sondern auch die für die Verkehrsmittel und die Energieversorgung erforderlichen Rohstoffe (etwa diverse Konfliktrohstoffe und auf diesen basierende Technologien) in den Blick nehmen muss.
… im Interesse von Klimaschutz, Biodiversitätsschutz und der Lösung weiterer Umweltprobleme auch eine deutlich reduzierte Tierhaltung!
Die Zielrichtung wird geteilt. Gleichwohl ist die Forderung nach „deutlich reduzierter Tierhaltung“ im Detail erklärungs- und qualifizierungsbedürftig. Sachsen hat im Durchschnitt bereits eine vergleichsweise geringe Tierhaltung (vgl. Fleischatlas 2018, S. 21). Nichtsdestotrotz sind die lokalen Häufungen von Tierhaltungen mit ihren negativen Rückwirkungen auf Wasser und Boden, aber auch die daraus bedingten Fruchtfolgen in der hiesigen Landwirtschaft sowie die Herstellungs- und Transportumstände der importierten Rohstoffe nicht im Interesse einer nachhaltigen Entwicklung. Weder für die gehaltenen Tiere noch für die tierhaltenden Betriebe ist die Situation zufriedenstellend.
… unter anderem zur Bekämpfung des Insektensterbens einen vollständigen Ausstieg aus der Pestizidnutzung in zehn Jahren!
Um das Insektensterben zu stoppen sind Maßnahmen erforderlich, die über ein bloßes Pestizidverbot hinausgehen. Dafür haben wir uns im Landtag mit mehreren detaillierten Anträgen eingesetzt (u.a. Landtags-Drs. 6/17170).
Der sinnvollerweise stufenhaft zu gestaltenden Charakter eines Umstiegs in eine Landbewirtschaftung weitgehend ohne chemisch-synthetische Biozide mit Enddatum und flankierender Alternativenforschung scheint eine gute Lösung.
Unsere Forderungen zum Thema Pflanzenschutzmittel lauten:
- Forschung und die gezielte Beratung zu Alternativen zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft intensivieren und die Sensibilität für Bestäuber und deren Lebensansprüchen und Bedeutung erhöhen,
- Auslistung von bienengefährlichen Pflanzenschutzmitteln aus Baumärkten,
- Verbot von für Bestäuber besonders gefährlichen Pestiziden wie Neonikotinoiden und Verbot von Glyphosat auf Bundesebene,
- Reform der Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel und der Sicherheitsprüfung bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln auf EU-Ebene anregen, diesbezügliche Initiativen unterstützen
… den Umbau der Agrarsubventionen – entsprechend den Möglichkeiten der jeweiligen Politikebene – auf einen Vorrang für den Ökolandbau im Interesse von Naturschutz, Gewässern, Bodenfruchtbarkeit und Klima!
Die EU-Agrarpolitik ist aus LINKER Sicht sozial und ökologisch gescheitert. Einer Landwirtschaft, die zur billigen Rohstofflieferantin degradiert, mit starrem Blick auf den Weltmarkt, soziale und ökologische Leistungen nur als Kostenfaktoren ansieht, ist mit Symptomlinderung durch bessere Agrarfördersysteme und freiwillige Maßnahmen nicht geholfen. „Vorrang für Ökolandbau“ allein, ohne das Gesamtsystem zu verändern springt aus unserer Sicht zu kurz und vermag zahlreiche Probleme nicht zu bewältigen.
DIE LINKE. Sachsen fordert, die Landwirtschaft strategisch wieder am Gemeinwohl zu orientieren. Unter anderem muss landwirtschaftsfremdes Kapital vom Bodenerwerb und von Agrarförderung ausgeschlossen werden. Von landwirtschaftlicher Arbeit müssen die Betriebe auch dann leben können, wenn sie Mensch und Natur mit Respekt behandeln.
… einen konsequenten Artenschutz, etwa beim Wolf!
Eine Begrenzung der Wolfspopulation, eine geregelte Bejagung von Wölfen und wolfsfreie Zonen lehnen wir in der gegenwärtigen Situation ab. Wölfe üben arteigenes Verhalten aus, dessen Tolerierung gleichwohl bei Gefahr für Leib und Leben von Menschen endet. Im Vorfeld sind die bislang nur untergeordnet angewandten Maßnahmen der Vergrämung zu überdenken und – wo sinnvoll – zu intensivieren. Dies auch, um den befürchteten Situationen zuvorzukommen und bereits jetzt handlungsfähig zu sein. Gleichwohl liefern Menschen den Wölfen durch gezielte Fütterung, aber auch unangemessen geschützte Tierhaltung immer wieder Vorwände und Angebote, um Nahrung in Nähe der Menschen und nicht in der Natur zu suchen; das ist nicht den Tieren vorzuwerfen.
… die Erhaltung und Einhaltung der EU-Wasserrahmenrichtlinie und ihrer Ziele eines guten Gewässerzustandes bis spätestens 2027 für 100 % der Gewässer statt bisher 3 % – einschließlich eines Hochwasserschutzes, der nicht länger auf weitgehend technischem Wege abläuft, sondern den Gewässern mehr Raum gibt!
In deutlich stärkerem Umfang als jetzt ist der Erhalt und die Entwicklung ökologisch wertvoller Gewässer sowie Renaturierung oder Verbesserung des ökologischen Potenzials naturferner, ausgebauter Gewässer voranzutreiben. Dies sollte durch flusseinzugsgebietsbezogene Gewässerunterhaltungsverbände erledigt werden, die aufgrund fachlich fundierter Gewässerbewirtschaftungspläne vorgehen. Ein solches (steuerfinanziertes) Modell wird gerade im Rot-Rot-Grün regierten Thüringen angegangen.
Die Landwirtschaft ist für den Hauptanteil der unerwünschten Stickstofffrachten in den Gewässern verantwortlich die gesteckten Minderungsziele wurden hier bislang nicht erreicht. Die in Deutschland erst auf massiven Druck der EU novellierte Düngeverordnung beinhaltet schärfere Regeln zugunsten des Gewässerschutzes und der Luftreinhaltung. Die Ergebnisse stehen noch aus. Die Gewässerrandstreifen und die dort geltenden strengen Regelungen für den Gewässerschutz bedürfen einer höheren Aufmerksamkeit. Hier gibt es in erster Linie ein Vollzugsdefizit. Die Einhaltung der Gesetze ist durch eine leistungsfähige und qualifizierte Verwaltung sicherzustellen.
DIE LINKE. Sachsen unterstützt Initiativen für strategische Ansätze zur Identifizierung und Priorisierung gewässerrelevanter Mikroschadstoffe, inklusive einer Ableitung von Umweltqualitätsnormvorschlägen und Gegenmaßnahmen.
… die Konzentration auf ökologische Verkehre in der Verkehrspolitik!
DIE LINKE. Sachsen befürwortet das und sieht darin eine der wichtigsten Antworten auf die Klimaschutzfrage im Verkehrssektor. Beispielsweise fordert DIE LINKE im Sächsischen Landtag dass „der ÖPNV in der Landesentwicklungs- und Verkehrsplanung gegenüber dem Motorisierten Individualverkehr priorisiert und zusammen mit der Förderung von Rad- und Fußverkehr deutlich forciert wird.“ Im Landtagswahlprogramm der LINKEN sind Ziele und Vorhaben für den Mobilitätssektor festgehalten, u.a. Verkehrsreduzierung, Landesamt für Straßen und Verkehr in Landesamt für nachhaltige Mobilität umstrukturieren, Schienenstrecken elektrifizieren, Fußverkehr ins Blickfeld rücken, Radverkehr stärken sowie Wege und Abstellanlagen ausbauen.