Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: DAZ.online (Deutsche Apotheker Zeitung)
Frage 1:
Wie schätzt Ihre Partei die Rolle und die Funktion der Apotheken für die örtliche Infrastruktur und die Versorgung in Sachsen ein?
Die Versorgung mit Medikamenten erfolgt im Wesentlichen über Apotheken. Deshalb sehen wir sie – wie auch die medizinisch-ärztliche Versorgung – als wesentlichen Bestandteil einer insgesamt guten gesundheitlichen Versorgung. Demzufolge gehören Apotheken zu den Einrichtungen der sozialen Daseinsvorsorge und Infrastruktur, die wohnortnah erreichbar sein oder versorgen müssen.
Frage 2:
Die Apothekenzahl hat auch in Sachsen in den vergangenen Jahren abgenommen. Wie beurteilen Sie die Versorgungslage im Land mit Apotheken? Sehen Sie Handlungsbedarf, um die Versorgung aufrecht zu erhalten? Wenn ja, welchen?
Der Sächsische Apothekerverband geht davon aus, dass möglichst mindestens 4000 Menschen im Einzugsgebiet einer Apotheke erforderlich sind, um ein wirtschaftliches Arbeiten zu ermöglichen. Diese Einwohnerdichte ist in Sachsen zum Teil nicht gegeben. Dazu kommen örtliche und regionale Kaufkraftunterschiede. Dementsprechend ist auch in Sachsen festzustellen, dass vor allem Apotheken in Randlagen der Städte, im ländlichen Raum und in Stadtvierteln mit Einwohnerinnen und Einwohnern durchschnittlich geringerer Kaufkraft in ihrer Existenz bedroht sind, weil sie nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Wir deshalb Handlungsbedarf, um die Arzneimittelversorgung überall im Freistaat Sachsen zu sichern, weil nur dadurch gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen gewährleistet werden können. Diesem Problem könnte mit verschiedenen Maßnahmen begegnet werden. Dazu gehören z. B. eine Umstellung der Vergütung, indem nicht nur die abgegebenen Packungen, sondern auch die Beratungsleistungen in der Apotheke vergütet werden, oder ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten, was zudem größeren Schutz vor Fälschungen böte.
Frage 3:
Der Versandhandel spielt eine immer größere Rolle in der Arzneimittel-Versorgung. Die Apotheker haben unter der Konkurrenz allerdings zu leiden. Wie sieht Ihre Partei den Arzneimittel-Versandhandel? Kann er die Landversorgung verbessern? (Wenn ja, wieso?) Oder ist er eine Gefahr für die Apotheken und sollte daher im Zaum gehalten werden?
DIE LINKE ist der Auffassung, dass der Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten, welche mit rund 80 % den größten Teil des Umsatzes von üblichen Apotheken ausmachen, in Deutschland verboten werden sollte. Patientinnen und Patienten benötigen in einer Vielzahl von Krankheitsfällen eine fachkundige Beratung, die durch eine wohnortnahe Apotheke am besten erfolgen kann. Es ist wichtig für den Therapieerfolg, dass mit einer auf die konkrete Beratungssituation angepassten Sprache das vorgeschriebene aktive Angebot der Beratung umgesetzt werden kann. Dies ist beim Versandhandel nicht entsprechend gegeben.
Diese Positionen sind ausführlicher in einem Antrag der Fraktion DIE LINKE im Bundestag in Drucksache 19/9462 „Gute und wohnortnahe Arzneimittelversorgung erhalten – Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln verbieten“ dargelegt.
Frage 4:
In der Bundespolitik gibt es derzeit einen Konflikt um den einheitlichen Abgabepreis in Apotheken. Finden Sie, dass verschreibungspflichtige Medikamente in Apotheken einen einheitlichen Preis haben sollten (Preisbindung wie bei Büchern)? Oder wären Sie offen für eine Preisfreigabe?
DIE LINKE fordert eine länderübergreifende Preisbindung für Arzneimittel in Europa und lehnt eine Preisfreigabe dementsprechend ab. Wir vertreten diese Position, weil die gesundheitliche Versorgung als Kernbereich sozialer Daseinsvorsorge den marktwirtschaftlichen Mechanismen und der Profitmaximierung entzogen sein sollte.
Frage 5:
Um größere Regionen ohne Apotheke zu versorgen, kann die Apothekerkammer Rezeptsammelstellen auf dem Land zulassen. Dort werfen die Bewohner des Ortes dann ihre Rezepte ein und werden dann beliefert. Reicht Ihrer Partei diese Ersatz-Versorgung? Oder würden Sie gerne neue Konzepte ausprobieren (Apothekenbus, Video-Beratung, Arzneimittel-Automat? Wenn ja, welche und wieso?
Rezeptsammelstellen gibt es in Sachsen bereits. Wir begrüßen dies, weil die verschriebenen Medikamente von den betreuenden Apotheken nach Hause gebracht werden, wo dann auch die fachgerechte Beratung stattfindet. Inwieweit diese Form der Versorgung ausreichend ist, kann unsererseits derzeit nicht bewertet werden. In jedem Fall müssen weitere Lösungen gesucht und Angebote geschaffen werden, wenn damit bestehende Versorgungsprobleme nicht behoben werden können. Ein solches, weiteres Angebot können nach unserer Auffassung mobile Lösungen wie ein Apothekenbus sein, sofern dieser mit Fachkundigen besetzt ist, da so die Beratung gesichert bleibt. Dies ist bei Arzneimittel-Automaten nicht der Fall, weshalb wir diese nicht unterstützen. Video-Beratungen sehen wir vordergründig als Möglichkeit der zwischenzeitlichen Rückfrage bei Ärztinnen und Ärzten oder auch bei Apothekerinnen und Apothekern des Vertrauens z. B. im Falle von Unsicherheiten der Patientinnen und Patienten im Rahmen der therapeutischen Medikation. Insofern sprechen wir uns nicht gegen Video-Beratungen aus, sehen sie aber lediglich als ergänzende Angebote im Rahmen einer bestehenden Arzt-Patienten- bzw. Apotheker-Patienten-Beziehung und nicht als eine von dieser Beziehung abgekoppelte Form der Arzneimittelversorgung.