Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Industrieverein Sachsen 1828 e.V.

Wirtschaftsstandort / Zukunftstechnologien 

  1. Welches sind Ihre wichtigsten Themen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Sachsen im nächsten Jahrzehnt?

DIE LINKE bekennt sich zum Wirtschafts- und Industriestandort Sachsen. Den seit mehreren hundert Jahren andauernden Erfindergeist der Handwerker*innen, Ingenieur*innen und Wissenschaftler*innen wollen wir weiter fördern, um neue innovative Ideen „Made in Saxony“ zu befördern.

Der Kapitalismus ist jedoch immer auf Prozesse von Beschleunigung, Ausdehnung, Vervielfachung, Umbruch angewiesen. Problematisch ist das zum einen für die Beschäftigten in den Betrieben, da sie immer öfter Veränderungsprozessen unterworfen sind. Das wird aber immer stärker auch zum Problem ganzer Regionen oder sogar Gesellschaften, des gesamten Globus (Stichwort: Klimawandel). Insbesondere die Menschen im Osten haben keine guten Erfahrungen mit wirtschaftlichen Umbrüchen gemacht.

Die Lösung rechtskonservativer Kräfte heißt: Zurück in die Vergangenheit. Im Gegensatz dazu setzen wir uns als LINKE für eine sozial und ökologisch ausgerichtete Wirtschaft Zukunft ein. Aus unserer Sicht braucht ein zukunftsfähiger Wirtschaftsstandort Sachsen auch mehr ökologische, soziale, „enkeltaugliche“ usw. Produktionsweisen bzw. Geschäftsmodelle.

Wir wollen Arbeits- und Entlohnungsbedingungen in Sachsen sozial gerecht gestalten und gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen im Land sichern. Wir wollen die Einkommensschere zwischen Ost und West schließen. Wir setzen auf gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit in Ost und West.

Für DIE LINKE. Sachsen ist klar: Neben dem Strukturwandel in der Lausitz und im Südraum Leipzig, im Zug des Endes der Braunkohleverstromung, wird die größte Herausforderungen in Südwestsachsen/Erzgebirge/Chemnitzer-Raum liegen, weil es da eine Vielzahl von Autozulieferfirmen gibt, die bei der Umstellung auf Elektromobilität, vor enormen Herausforderungen stehen. Hier muss sich die Landesregierung dem beginnendem Wandel stellen, ohne das wir uns für die Einstellung des Verbrennungsmotors in naher Zukunft aussprechen.

  1. Welche Pläne verfolgen Sie hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung der Regionen außerhalb der drei Großstädte (z.B. Region Bautzen-Görlitz, Sächsische Schweiz, Erzgebirge, Mittelsachsen…)?

Wir wollen Sachsen und all seinen Regionen eine selbst tragende Wirtschaftsentwicklung ermöglichen. Dazu wollen wir die Binnenwirtschaft sowie regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Wir warten nicht auf Großinvestitionen von außerhalb Sachsens, sondern wollen Potentiale im Freistaat identifizieren und intelligent fördern.

Im Speziellen sehen wir folgende Vorhaben sehen als erfolgreich oder sogar als zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung der ländlichen Regionen in Sachsen:

  1. Ausbau des ÖPNV: Die Organisation des ÖPNV werden wir für die Kommunen zur Pflichtaufgabe machen. Dabei müssen Qualitätsstandards eingehalten werden, die für jede Kommune mit mehr als 500 Einwohner*innen eine ÖPNV Anbindung im Zweistundentakt, bei 5000 Einwohner*innen einen Einstundentakt und bei mehr als 10.000 Einwohner*innen im Halbstundentakt als Mindestvoraussetzung festschreibt. Wir werden das Tarifwirrwarr im ÖPNV beenden und unter anderem ein landesweites günstiges Azubi- und Ausbildungsticket einführen. Wir wollen den Ausbau des Schienennetzes und dessen Modernisierung und Elektrifizierung vorantreiben, unter anderem durch die Wiederinbetriebnahme abbestellter Zugverbindungen, die schnelle Elektrifizierung der Bahnstrecken Dresden-Bautzen-Görlitz-Polen, Leipzig-Chemnitz, Leipzig-Grimma sowie eine S‑Bahn-Verbindung von Dresden nach Hoyerswerda und die Wiedererrichtung der Strecke Hoyerswerda-Bautzen, notfalls mit Eigenmitteln des Freistaats Sachsen.
  2. Guter Zugang zu digitaler Infrastruktur: Das Breitbandkompetenzzentrum Sachsen wollen wir von einer Beratungsstelle zu einer Landesgesellschaft für digitale Infrastruktur als Servicestelle für die Kommunen in Sachen Breitbandausbau und Schaffung digitaler Infrastruktur weiterentwickeln, welche für die Kommunen die Beantragung von Fördermitteln, insbesondere im Hinblick auf notwendige Machbarkeits- und Marktstudien, sowie Koordinations- und Infrastrukturaufgaben übernimmt.
  3. Fachkräftesicherung durch Daseinsvorsorge: Wir werden ein Förderprogramm „Fachkräftesicherung“ auflegen. So wollen wir kleine und mittelständische Unternehmen genauso wie sächsische Kommunen bei der Entwicklung von Arbeits‑, Lern-¬ und Lebensbedingungen unterstützen, um Fachkräfte im Freistaat zu halten bzw. nach Sachsen zu holen. Dazu gehören beispielsweise Projekte für lernförderliche Arbeitsbedingungen in den Unternehmen und familienfreundliche Infrastrukturen in den Kommunen.
  4. Verbleib gut qualifizierter Frauen: Junge, gut ausgebildete Frauen verlassen immer noch zu sehr großen Teilen den ländlichen Raum. Dadurch entsteht eine gesellschaftliche und arbeitsmarktpolitische, aber auch eine unternehmerische Lücke. Deshalb wollen wir auf übergeordneter Ebene eine strategisch-politische Förderung der Bleibechancen von gut ausgebildeten Frauen im ländlichen Raum erreichen. Weiterhin werden wir innovative Unternehmungsgründungen von Frauen durch den Freistaat Sachsen besonders fördern lassen.
  5. Welche Maßnahmen sehen Sie vor, damit Unternehmen eine Entscheidung für eine Ansiedlung in Sachsen treffen?

Es gibt sicher viele Maßnahmen, um die Ansiedlung in Sachsen zu begünstigen. Den Fachkräftemangel haben wir bereits in Frage 2 angesprochen. An dieser Stelle möchten wir auf zwei weitere, wichtige Verbesserungsmöglichkeiten für den Wirtschaftsstandort Sachsen hinweisen:

Willkommenskultur: In Sachsen werden Menschen auf Grund ihrer Herkunft oder Hautfarbe offen auf der Straße angefeindet, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist weit verbreitet. Reisen und Gespräche des Wirtschaftsministers zur Anbahnung internationaler Investitionen und Unternehmensansiedlungen in Sachsen, Welcome Center in Universitäten oder Rathäusern, Stipendien und gute Forschungsinfrastruktur können das nicht wettmachen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es in Sachsen eine Willkommenskultur für alle Menschen braucht, unabhängig ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion oder ihrer Ausbildung bzw. Talente. Unsere Vorschläge für mehr Demokratie, Vielfalt und sozialen Zusammenhalt würden auch positive Effekte für das „Willkommen fühlen“ von „internationalen Talenten“ haben. Darüber hinaus haben wir in unserem Wahlprogramm Vorschläge vorgelegt, die ausländischen Arbeitskräften bessere (Zugangs-)Bedingungen für den deutschen Arbeitsmarkt erlauben und die interkulturelle Kompetenz der Sächsinnen und Sachsen fördern.

Förderpolitik: Die bisherige Förderpolitik des Freistaates, insbesondere bei Großansiedlungen, unterliegt der Standortlogik und dem Wettbewerb. Gefördert wird vor allem, wer eigentlich schon finanzkräftig ist. Wir wollen die Förderpolitik im Freistaat deshalb wieder vom Kopf auf die Füße stellen: Im Fokus steht nachhaltiges Wirtschaften statt Standortwettbewerb. Dazu gehört auch, bürokratische Hürden bei der Beantragung von Förderung abzubauen. Wir werden auch Projekte initiieren, die es ermöglichen, gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen komplette Anschubfinanzierungen zu ermöglichen und nicht nur Teile ihrer Investitionsmasse zu übernehmen. Die unmittelbare finanzielle Förderung von Unternehmen wollen wir auf Darlehen oder Mitarbeiter*innen- bzw. öffentliche Beteiligungen umstellen. Durch die finanziellen Rückflüsse aus Darlehen ermöglichen wir kontinuierlich ausgestattete, revolvierende Förderfonds. Um die einseitige Abhängigkeit ganzer Regionen von einzelnen Wirtschaftsbranchen zu reduzieren, wollen wir eine konsequente Umstellung der Gründungsförderung in Sachsen auf die Unterstützung forschungs- und wissensbasierter Produkte und Dienstleistungen mit nachhaltiger Wirkung. Dazu werden wir kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie Start-up-Unternehmen aus Praxis und Wissenschaft stille Beteiligungen des Freistaates und öffentliches Risikokapital – verbunden mit Gewinnbeteiligung – zur Verfügung stellen.

Fachkräftesicherung

  1. Welche Strategien verfolgen Sie, um den überregionalen/internationalen Zuzug notwendiger Fachkräfte und Auszubildender nach Sachsen zu befördern?

Wir haben mit unserem Wahlprogramm Vorschläge vorgelegt, die ausländischen Arbeitskräften bessere (Zugangs-)Bedingungen für den deutschen Arbeitsmarkt erlauben und die interkulturelle Kompetenz der Sächsinnen und Sachsen fördern. Im Folgenden eine Auswahl:

  • europaweite Mindeststandards für die Arbeitnehmerfreizügigkeit
  • stärkere Kooperation im Drei-Länder-Eck DE-CZ-PL, u.a. institutionelle Unterstützung
  • Ausbau des ÖPNV-Netzes und der Bildungsprojekte mit Polen und Tschechien
  • Mehrsprachigkeit in Kitas und Schulen
  • Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung von Schul‑, Berufs- und Hochschulabschlüssen in der Europäischen Union.

Bildung

  1. Wie wollen Sie dem anhaltenden Lehrkräftemangel in Sachsen kurz- und mittelfristig begegnen?

Die bestimmende bildungspolitische Auseinandersetzung dieser Wahlperiode bestand im Kampf gegen den Lehrkräftemangel, vor dem wir bereits 2006 im Landtag gewarnt hatten und den die CDU beispielsweise durch tätiges Unterlassen entsprechender Personalplanungen heraufbeschworen hat – ihrem Fetisch geschuldet, die Staatsausgaben so weit wie möglich zu reduzieren, selbst wenn darunter die Aufgabenerfüllung leidet. Wir halten es – nebenbei bemerkt – nicht für ausreichend, über den Personalmangel in den Bildungssektoren zu debattieren. Darüber, wie gelehrt und gelernt werden soll, wäre eigentlich zu reden; das ist allerdings nicht nur in den vergangenen fünf Jahren in Sachsen zu kurz gekommen. Es ist zum Beispiel eine langjährige Forderung unserer Partei, längeres gemeinsames Lernen in Sachsen zu ermöglichen, das eine langfristig stabile Lernumgebung ohne Trennung der Kinder nach der vierten Klasse etabliert und Freiraum schafft für eine gelingende individuelle Förderung.

Eine schnelle Lösung für den Lehrkräftemangel gibt es nicht mehr. Auch auf der Basis einer Großen Anfrage an die Landesregierung (Drs 6/6279 – Lehrkräfte an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen – Situation und Ausblick) haben wir zahlreiche Vorschläge gemacht, um zu retten, was zu retten ist – darunter ein verlässliches Personalentwicklungskonzept, konkurrenzfähige Gehälter und eine bessere Einstellungspraxis, die Bewerberinnen und Bewerber nicht als Bittsteller ansieht (Drs 6/3537 – Mangel an Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen durch attraktive Einstellungspraxis begegnen). Wer händeringend pädagogisches Fachpersonal sucht, der muss den Bewerberinnen und Bewerbern auch ein attraktives Angebot unterbreiten. Gruppenverfahren, wie sie immer noch an der Tagesordnung sind, gehören nicht dazu, sie schrecken eher ab. Nötig ist stattdessen ein konkreter und ernsthafter Kontakt der jungen Leute mit Schulleitern und Bürgermeistern in den Regionen, in die sie gehen. Die Stellen müssen auf die jungen Leute zugeschnitten werden. Dazu gehört auch, wie in anderen Bundesländern Fahrtkosten zu erstatten, wenn sie sich Schulen anschauen.

Der aus unserer Sicht antiquierten, ungerechten und nicht ausreichend wirksamen Verbeamtung jüngerer Lehrkräfte stellten wir die Forderung eines attraktiven allgemeinen Tarifvertrages gegenüber (Drs 6/11549 – Nicht kleckern, sondern klotzen: Lehrer-Tarifvertrag für Sachsen statt nebulöser befristeter Verbeamtungsversprechungen für „Neulehrer“!). Ein solcher Tarifvertrag müsste nicht nur konkurrenzfähige Nettogehälter, sondern vor allem attraktive Arbeitsbedingungen garantieren.

Wissenschaft / Forschung 

  1. Welche Strategie verfolgen Sie für Sachsen beim Thema Künstliche Intelligenz (KI)?

Automatisierung, künstliche Intelligenz, Robotik, die Globalisierung von Geld- und Warenströmen – all das verändert nicht nur Wirtschaft und Arbeit, die Digitalisierung greift in alle Bereiche des Lebens ein. Die Auswirkungen von Technologien und Umbrüchen sind in einer vernetzten Welt unberechenbarer und weitreichender. Gesetzgebungen, Reglementierungen, Technologien und Dienste können erhebliche Aus- und Nachwirkungen haben und müssen hinsichtlich ihrer Folgen für Grund- und Freiheitsrechte klar abschätzbar sein. Mit einem Staatsministerium und einer Enquete-Kommission für Digitalisierung wollen wir versuchen, uns den Herausforderungen zu stellen und diese auf einem demokratischen und nachhaltigen Wege zu lösen.

Infrastruktur

  1. Welche Infrastrukturprojekte im Freistaat erachten Sie als sehr wichtig?

Eisenbahn: Langfristig erscheint eine Anbindung aller sächsischen Mittelstädte auf den Strecken Cottbus-Zittau, Görlitz-Dresden, Hof-Dresden, Erfurt-Chemnitz und Leipzig-Chemnitz für sinnvoll. Sowohl nach Tschechien, als auch nach Polen müssen mittelfristig reguläre, mehrmals täglich verkehrende Schienenfernverkehrsangebote realisiert werden, egal ob ICE oder EC/IC. Insbesondere für die Verbindung Dresden-Wroclaw besteht Handlungsbedarf, aber auch nach Liberec. Ein erster Schritt wäre die Verankerung der Elektrifizierung von Cottbus-Zittau und Dresden-Görlitz in Investitionsprogrammen bzw. Bund-Länder-Verträgen im Zuge der Gesetze zum Kohleausstieg in diesem Jahr. Darüber hinaus bedarf es auch im Regionalverkehr einer besseren Grenzüberschreitenden Angebots- und Investitionsplanung, als Beispiel können die Verbindungen im Erzgebirge nach Tschechien mit der Bahn, aber auch das immer noch nicht umgesetzte Straßenbahnprojekt in Görlitz gesehen werden.

Wohnungsbau: Wir wollen, vor allem in den Städten, den sozialen Wohnungsbau ankurbeln

Bildungsinfrastruktur: Der Sanierungsstau an den Hochschulen muss durch eine Mittelerhöhung abgemildert werden. Wir werden bei Schulbaumaßnahmen insbesondere solche Konzepte fördern, welche eine Beschulung außerhalb von Klassenverbünden und –räumen ermöglichen und offene Denkräume bzw. offene Lernlandschaften schaffen. Darüber hinaus streben wir eine flächendeckende Versorgung der Schulen mit W‑LAN an.

Breitbandausbau: Siehe Frage 2.

Infrastruktur für Daseinsvorsorge im ländlichen Raum: Wir wollen, vor allem in den kleineren Orten, die Nahversorgung sicherstellen. Dafür wollen wir öffentlich geförderte oder genossenschaftlich verwaltete Nahversorgungszentren (Dorfläden) etablieren, mehr öffentliche Pflegeeinrichtungen schaffen und durch Anreize die Haus- und Facharztversorgung deutlich verbessern.

Umweltpolitik

  1. Mit welchen Maßnahmen werden Sie zum Umweltschutz beitragen?

Sachsen hat keine moderne Umweltschutzpolitik. Das betrifft alle Schutzgüter: Biologische Vielfalt, Wasser, Boden, Luft.

Die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt und die Vielfalt des Ökosystems nehmen weiter ab. Diese eingetretenen Schäden betreffen die Nutzungs- und Funktionsfähigkeit des gesamten Naturhaushaltes und damit uns alle unmittelbar. Dennoch gibt es unter anderem keine Maßnahmenpakete für Vogelschutzgebiete in Umsetzung der europäischen NATURA2000-Richtlinie, es gibt keine funktionierende Biotopverbünde, es gibt keinen Plan, um das Insektensterben einzudämmen und vieles mehr.

Dies wollen wir ändern.

Wir streben Naturschutz in der Fläche an. Hierfür setzen wir auf die kleinteiligere Bewirtschaftung und

den Schutz vieler unterschiedlicher Kulturarten sowie die Erweiterung der Fruchtfolgen. Dies bedeutet auch eine konsequente Zielerreichung in Nationalparks und Naturschutzgebieten, den Erhalt von Stadtnatur sowie den Ausbau eines weiteren Biosphärenreservates in Sachsen. Wir wollen eine nachhaltige Landwirtschaft fördern, also auch bestäuberfreundliche Praktiken in der Fläche sowie Blühstreifen in Städten und Dörfern ausbauen. Wir werden ein Programm zur Wiederbegrünung und Renaturierung von Gemeindeflächen im Freistaat landespolitisch und finanziell unterstützen.

Das „Baum-ab-Gesetz“, wodurch zahlreiche Bäume ohne Ersatz gefällt wurden, nehmen wir zurück.

Wir führen das kommunale Vorkaufsrecht im Wald‑, Wasser- und Naturschutzrecht wieder ein, um die kommunale Entscheidungsfreiheit wiederherzustellen.

Nur der Rückkauf von Flächen kann einen effizienten Hochwasserschutz gewährleisten und nur eine standortangepasste Mischung aus technischen und naturnahen Hochwasserschutzmaßnahmen kann weiterhelfen. Wir überwinden die Zersplitterung der Zuständigkeiten für kleine und große Flüsse und Bäche und betrachten Hochwasserschutz von der Quelle bis zur Mündung. Grundlage dafür ist, unter anderem, durch die gezielte Unterstützung aller Gemeinden für einen effektiven Hochwasserschutz an ihren Gewässern zu sorgen. Dazu gehört auch der Stopp weiterer Bebauung in Überschwemmungsgebieten.

Sachsenweit setzen wir uns für die Verringerung des Flächenziels der Bodenversiegelung von 4 ha auf 2 ha pro Tag ein.

Ein ebenso zentraler Bestandteil von Umweltpolitik stellt der Schutz vor Luftverschmutzung dar. Auch in Sachsen stehen wir vor der Herausforderung, Emissionen von Stickoxiden, Kohlenstoffdioxid, Feinstäuben, Schwermetallen wie Quecksilber und weiteren Schadstoffen zu reduzieren.

In den vergangenen Jahren ist die Umweltverwaltung geschwächt worden. Zahlreiche Aufgaben – vom Abfallsektor bis zum Naturschutz – können nur noch unvollständig wahrgenommen werden. Wir werden die Umweltverwaltung ertüchtigen und bei Gesetzesvorhaben deren Mitwirkungsrechte und ‑möglichkeiten in Abstimmungsprozessen zu Planvorhaben stärken. Daneben werden wir eine frühzeitige, transparente Beteiligung der Bürger*innen und Vereine ermöglichen, um Konflikte in Bauvorhaben zu reduzieren und das Umweltinformationsrecht zu stärken.

 

Gesellschaft

  1. Welche konkreten Maßnahmen verfolgen Sie, um den Zusammenhalt und das offene Zusammenleben der Zivilgesellschaft in Sachsen zu fördern – auch unter Beachtung der Unterschiede zwischen dem ländlichen Raum und den Ballungszentren?

Oft wird der mangelnd Zusammenhalt der Gesellschaft bedauert. Allerdings entsteht Zusammenhalt nicht von allein, sondern er muss politisch gewollt sein. Oft richten sich Wut und Hass gegen andere, gegen Personen oder Gruppen, die vermeintlich Schuld sind an der eigenen Situation. Über Jahrzehnte hinweg wurde nicht gegen bestimmte Stereotypen gewirkt. Damit ist eine Situation entstanden, in der oft Jung gegen Alt ausgespielt wird oder Menschen, die hier geboren wurden, gegen Menschen ausgespielt werden, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind.

Deshalb wollen wir Projekte für Miteinander und Toleranz in den Kommunen fördern. Sie dienen der Begegnung, der Diskussion. Sie sollen Brennpunkte aufsuchen, bei der Konfliktbewältigung unterstützen und zur Problemlösung beitragen. Viele Sächsinnen und Sachsen engagieren sich freiwillig in ihrer Nachbarschaft, in Pflegeeinrichtungen, Vereinen, Bürgerinitiativen, Selbsthilfegruppen, im Kulturbereich, in Seniorenvertretungen und bei der Unterstützung geflüchteter Menschen. Dieses unverzichtbare Engagement ist wichtig für ein gutes Miteinander und es gibt Anstöße für die Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens. Begegnungen müssen organisiert werden, um Vorurteile abzubauen. Doch das Ehrenamt ist nicht dazu da, staatliches Handeln zu ersetzen. Das Hauptamt ist stattdessen das Rückgrat für ehrenamtliches Engagement. Und das wollen wir durch ein Bündel von Maßnahmen fördern. Dazu zählen Weiterbildungsangebote, professionelle Begleitung und Aufwandsentschädigungen, wie z. B. Fahrkarten. Wir werden flächendeckend Freiwilligenzentren dauerhaft finanzieren. Diese dienen dem Austausch, der Unterstützung und der Beratung Ehrenamtlicher. Zudem werden wir einen Vorschlag für eine landesweite Ehrenamtsrente erarbeiten. Zur Förderung ehrenamtlichen Engagements werden wir uns für die Einrichtung von Stadtteilfonds und ähnlicher unbürokratischer Fördermöglichkeiten einsetzen, bspw. für Dorfgemeinschaften. Wohnungspolitisch legen wir Wert auf die soziale Durchmischung der Quartiere.

Orte der Begegnung sind in Sachsen viel zu oft verloren gegangen – ob der Bäcker um die Ecke, die kleine Einkaufsmöglichkeit im Ortsteil, die Kneipe oder das Vereins- und Kulturhaus im Dorf. Wir sind davon überzeugt, dass diese Orte der Begegnung wesentlich zu einem stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt beitragen. Wo sich Menschen begegnen, können sie sich verbinden und gemeinsam Großes leisten. Deshalb wollen wir flächendeckend solche Orte der Begegnung erhalten und wieder ausbauen, seien es die Jugendtreffs und soziokulturelle Zentren, aber auch Kultur- und Vereinshäuser oder Nachbarschaftszentren. Vor allem die Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit hatten es in den letzten Jahren schwer und mussten oft um ihre Existenz kämpfen. Damit auch zukünftig wieder flächendeckend in Sachsen Angebote für Kinder und Jugendliche vorhanden sind, werden wir uns für eine Reform der Jugendpauschale sowie eine Anhebung der finanziellen Mittel im Landeshaushalt einsetzen. Insbesondere werden wir uns für die Unterstützung selbstverwalteter Jugendzentren einsetzen, in denen junge Menschen sich bspw. selbst dazu befähigen, Veranstaltungen zu organisieren oder ihre Freiräume auszubauen. Sollten wir im Landtag in die Entscheiderposition kommen, werden wir gern versuchen, ein entsprechendes Förderprogramm auf den Weg zu bringen.

Europapolitik/ Internationalisierung

  1. Wo soll Sachsen in der Europapolitik stehen und wie wollen Sie diesen Standpunkt vertreten?

Geleitet von den europapolitischen Grundsätzen der LINKEN sind unsere parlamentarischen und außerparlamentarischen Initiativen darauf gerichtet, ein soziales, demokratisches und friedliches Europa zu gestalten, in dem ein solidarisches Zusammenleben aller Menschen möglich ist und gepflegt wird. Diese Grundsätze richten sich kritisch an bestehende Institutionen der EU und hinterfragen deren Praktiken – insbesondere an den Europäischen Rat (die Zusammenkunft der Staatschefs), den Rat der Europäischen Union (Minister der Regierungen von EU-Ländern) und die Europäische Kommission. In Zeiten rasanter globaler Transformationsprozesse, von digitalem Wandel und wirtschaftlichem sowie sozialem Umbruch zeigt sich, dass die politische Grundkonstruktion der EU die mit den vor sich gehenden Umbrüchen verbundenen Herausforderungen bislang nicht ausreichend beantworten konnte. Folge ist eine Dauerkrise in der Wirtschafts- und Finanzwelt, im Umweltbereich, nicht zuletzt auch bei der Gewährleistung innerer und äußerer Sicherheit und auf vielen anderen Gebieten. Die Kehrseite dieser Dauerkrise findet ihren Ausdruck u.a. in sozialen Konflikten und politischer Zerstrittenheit unter EU-Mitgliedsstaaten bis hin zum Austritt des Vereinigten Königreichs, dem BREXIT. Damit einher gehen ein teilweise diffuser EU-Skeptizismus und ein Erstarken nationalistischer und populistischer Bewegungen. Diesen Entwicklungen tritt DIE LINKE auch mit Initiativen in Sachsen entgegen, um langfristig einen radikalen Umbau der EU-Institutionen und die Schaffung echter Demokratie zu erreichen, in der die Bürgerinnen und Bürger wirklich beteiligt sind. Die LINKE in Sachsen favorisiert in dieser EU-kritischen Perspektive als ein visionäres Konzept, das geeignet erscheint, diesen Umbruch in die Wege zu leiten und erfolgreich zu gestalten, eine „Europäische Republik der Regionen“. Hier wird den Menschen in den Regionen eine zentrale gestalterische Rolle und wirkliche Mitsprache in allen mit der EU verbundenen Fragen nicht nur versprochen, sondern tatsächlich durch eine entsprechende Gestaltung der politischen Mechanismen und Beteiligungsformen (das sog. Mehr-Ebenen-System des Regierens und der Parlamente wäre hier durchaus ein Anfang) auch ermöglicht. Entscheidend ist dabei, dass der Prozess der europäischen Integration auf die Bedürfnisse der Menschen in Europa gerichtet sein muss, eine weitere Spaltung zwischen Arm und Reich nicht nur verhindert, sondern diese umgekehrt wird und die EU zu einer Sozialunion umgestaltet wird.

Wir wollen also von Sachsen aus ein positives Leitbild für ein Europa der Regionen entwickeln und Sachsen darin als Teil einer größeren grenzüberschreitenden Region betrachten. Wir streiten in einem ersten Schritt für die Umgestaltung der Europäischen Union zu einer Sozial‑, Rechts- und Wirtschaftsunion. Dazu muss insbesondere die soziale Säule der Europäischen Union stark ausgebaut werden. Wir lassen uns nicht davon abbringen, Gemeinsames für diesen Kontinent zu entwickeln, nach vorn zu treiben, zu erstreiten. Freiheit in Gleichheit, Wohlfahrt, Rechtsstaatlichkeit und starke Grundrechte sollen dafür ebenso Grundlage sein wie ein demokratischer Aufbruch in Europa. Wir wollen kein Europa des Kapitals, sondern eines für uns Menschen. Unsere Vision ist nicht die nationale Grenzstation.

Sachsen nutzt seine Möglichkeiten nur ungenügend und bewegt wenig, um die europäische Einigung zu vertiefen und sozial auszugestalten. Sächsische Europapolitik arf sich nicht darin genügen, Fördermittel abzugreifen. Sachsen setzt EU-Recht, das Rahmenbedingungen für Gerechtigkeit, Teilhabe und sozialen Ausgleich dient, nur zögerlich oder gar nicht um. Dabei sind dies gerade Felder, die für viele Menschen das Leben erleichtern und sicherer machen können und über die sie auch erfahren können, welchen Gebrauchswert die Europäische Union für den Einzelnen wie die Gesellschaft haben kann – über die Fördermittelpolitik hinaus. Es wird seitens des Freistaates kaum in der Öffentlichkeit vermittelt, was unsere Vertreterinnen und Vertreter in den verschiedenen europäischen Gremien bewirken und in welcher Weise sie initiativ werden. Kein Wunder, dass so der Gedanke der europäischen Einheit und dessen Übersetzung in praktische Politik für viele abstrakt bleiben und es Menschen gibt, die jenen Alt- und Neurechten auf den Leim gehen, die das europäische Projekt am liebsten begraben sähen und Menschen anderer Herkunft von vornherein ausschließen wollen. Sachsen muss sich stärker einbringen in Europa. Bislang hat es der Freistaat versäumt, die Möglichkeiten zur Mitarbeit in den verschiedenen EU-Gremien, wie etwa den Ausschuss der Regionen, auch nur annähernd auszuschöpfen. Wir erwarten von einer neuen sächsischen Regierung, dass sie sich intensiv beteiligt bei der Suche nach Wegen aus der strukturellen Krise der EU. Sachsen braucht eine effektivere Interessenvertretung in der EU als bisher, wir werden daher das Vertretungsmodell im Ausschuss der Regionen verändern (bislang nimmt ein MdL im Auftrag der Staatsregierung diese Funktion wahr) und darüber hinaus Möglichkeiten schaffen, dass sich Regionen auch außerhalb der direkten Landesgesetzgebung an der EU-Gesetzgebung beteiligen können. Wir werden die Informationspolitik zu den Aktivitäten und eigenen Initiativen des Freistaates im Ausschuss der Regionen verbessern und für Transparenz sorgen. Der Informationsfluss zwischen dem Ausschuss der Regionen auf der einen und Sächsischem Landtag bzw. Öffentlichkeit auf der anderen Seite funktioniert derzeit nicht. Notwendig ist es, im Rahmen einer tiefgreifenden Demokratisierung der Institutionen den Ausschuss der Regionen als wichtigstes Vertretungsgremium von Kommunen und Regionen auf europäischer Ebene zu stärken. Wir wollen mehr Mitspracherecht der Regionen erreichen, auch in ihren Unterschieden. Regionale und kommunale Belange sollen in der EU eine größere Rolle spielen als bisher. Wir treten dafür ein, dass die Regionen von Anfang an beteiligt werden bei der Erarbeitung von Gesetzesvorhaben, die sie selbst betreffen, der Ausschuss der Regionen ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht erhält und perspektivisch zu einer mit verbindlichen gesetzgeberischen Rechten ausgestatteten Kommunalkammer ausgebaut wird. Sachsen darf kein Bremsklotz sein bei der Vertiefung der europäischen Kooperation in Sachen sozialen Ausgleichs und des Klimawandels. Sachsen muss sich hier thematisch in die europäische Suche nach Lösungsansätzen einbringen, etwa in Fragen des Umsteuerns vom Kraftverkehr weg zu anderen Arten von Transport und Mobilität, in Fragen des Energie- und Ressourcenverbrauchs, der Vermeidung von Bodenversiegelung, des Umgangs mit den Auswirkungen des Klimawandels.

Wir betrachten die europäische Einigung auch vor allem als Friedensprojekt. 30 Jahre nach dem historischen Umbruch in Europa ist der Frieden wieder gefährdet: Immer umfangreichere NATO-Militärtransporte durchqueren Sachsen in Richtung Osten, immer wieder werden Bundeswehreinheiten aus sächsischen Standorten an die russische Westgrenze verlegt, immer unverfrorener wirbt die Bundeswehr in den Schulen unseres Bundeslandes. Wir lehnen diese Militarisierungstendenzen klar und deutlich ab. Sachsen soll nicht zum Schauplatz der Vorbereitung einer militärischen Eskalation in Osteuropa werden. Wir werden uns gemeinsam mit allen friedensbewussten Menschen in Sachsen dagegen engagieren. Wir wollen ein Europa, das sich weiterhin für die politische Lösung von Konflikten engagiert, auf dem Kontinent wie anderswo auf der Welt. Wir wollen ein Europa, das auch im Verhältnis zu Russland auf Dialog und Kooperation setzt, statt in eine Logik des Kalten Krieges zurückzufallen. Wir wollen uns dafür einsetzen, die Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu beenden. Wir wollen von Sachsen aus ein Europa mitgestalten, das seine Beziehungen zu den Entwicklungsländern klar auf der Basis von Gerechtigkeit, Solidarität und gegenseitigem Respekt neu ausrichtet, statt den Abschluss von Freihandelsabkommen zu betreiben, die deren Abhängigkeit zementieren und nur noch verstärken.

Wir werden uns ferner stark machen für die Fortsetzung der länderübergreifenden Kohäsionspolitik, die einen guten Ansatz solidarischen Miteinanders in der EU darstellt. Wir treten darüber hinaus für die Neubelebung des Netzwerkes der Städtepartnerschaften ein, denn auch sie sind geeignet, individuellen wie administrativen Austausch über Ländergrenzen hinweg zu befördern. Wir setzen uns dafür ein, dass Programme wie der Europäische Sozialfonds (ESF), der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und andere in Sachsen sinnvoll und nachhaltig genutzt werden.