Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: LandesRektorenKonferenz Sachsen
- Sachsen hat derzeit 14 staatliche Hochschulen. Jede sächsische Hochschule leistet einen regional wichtigen Beitrag im Aufbau zukünftig tragfähiger Strukturen und Standortvorteile. Mit ihren jeweiligen disziplinenübergreifenden Profilen sichern die sächsischen Hochschulen ihr innovatives Forschungspotential und ihre Attraktivität als Studienorte. – Wie beurteilen Sie die Bedeutung der gegenwärtigen Hochschulstandorte? Wie und mit welchen konkreten Ansätzen und Maßnahmen wollen Sie die Leistungsfähigkeit und Attraktivität der sächsischen Hochschulen sichern und vor allem weiter steigern? Wie sehen Sie die zukünftige Rolle von Universitäten, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Sachsen?
Antwort: Die sächsischen Hochschulen sollen Orte kritischer Reflexion und Infragestellung aktueller Themen und Probleme sein. Dieses Potential soll auf kommunaler sowie auf Landes‑, Bundes und internationaler Ebene genutzt werden. Hochschulen sind Orientierungspunkte für die persönliche, individuelle, aber auch gesellschaftliche Entwicklung, mit dem Anspruch Theorie und Praxis zu verbinden. Alle Hochschulstandorte in Sachsen sind von großer Bedeutung für die Region sowie als Motor für Innovation und Entwicklung.
Die Leistungsfähigkeit der Hochschulen sollte sich nicht ausschließlich an wirtschaftlichen Interessen orientieren. Wir setzten uns dafür ein die Hochschulen intensiver mit der kommunalen Ebene zu vernetzen und Kooperationen zwischen den Mitgliedergruppen der Hochschule und der Stadtgesellschaft voran zu treiben.
Im Kosmos der Hochschulen werden auch aktuelle Themen und Probleme der Gesellschaft deutlich. Doch hier können und müssen sie zugleich aktiv angegangen werden: Diversity, Gleichberechtigung, Digitalisierung, demokratische Mitbestimmung und vieles mehr. Daraus ergibt sich für die Hochschulen die Chance und die normative Verpflichtung „Vordenkerinnen“ und „Vorreiterinnen“ zu sein. Um diese Chance zu nutzen und den Hochschulen die Möglichkeit zu geben, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, bedarf es bestimmter Voraussetzungen: die Hochschulen, die HAW und auch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen müssen (welt-)offene, freie, demokratische und vielfältige Orte sein. Nur dann können sie für das Schaffen, das Vorhalten, die Vermittlung, das Bewahren und die Verbreitung von Wissen Sorge tragen. Um die Herausforderungen unserer Zukunft anzugehen (Renaissance des Faschismus, die Folgen der Globalisierung, die Frage nach globaler Gerechtigkeit, nach dem Umgang mit der Endlichkeit der Ressourcen und alternativen Wegen für den Klimaschutz, …) ist ein gesteigertes Verantwortungsbewusstsein auch und insbesondere der akademisch ausgebildeten Menschen notwendig.
- In den meisten Bundesländern haben die Hochschulen zwischenzeitlich die Liegenschaftshoheit und Bauherreneigenschaft, oder die verbindliche Möglichkeit, diese auf Antrag zu erhalten. Es hat sich gezeigt, dass dadurch die Bauzeiten und Baukosten verringert werden. – Was halten Sie von einer vollständigen oder antrags- und maßnahmenbezogenen Übertragung der Bauherreneigenschaft auf (einzelne) sächsische Hochschulen? Wie engagieren Sie sich darüber hinaus für die Autonomie der Hochschulen?
Antwort: DIE LINKE befürwortet die Bauherreneigenschaft der Hochschulen und wird sich dafür in der kommenden Legislaturperiode einsetzen. Dies würde für die Hochschulen bedeuten, bedarfsorientierte Baumaßnahmen eigenständiger planen und durchführen zu können. Die Finanzierung von Bauvorhaben muss jedoch finanziell stärker von Staat und Bund unterstützt werden. Um die Autonomie der Hochschulen wieder herzustellen, wollen wir eine Novellierung des Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetzes. Wichtige die Hochschule betreffende Entscheidungen müssen gleichberechtigt von allen Mitgliedergruppen der Hochschule getroffen werden.
Die Unterwerfung der Hochschulen unter kapitalistische Zwänge wollen wir stoppen. Die Entwicklung der Hochschulen darf nicht von den fehlenden finanziellen Mitteln abhängen. Die daraus resultierende Dominanz der Drittmittel und den damit verbundenen personellen und finanziellen Aufwand zur Einwerbung muss eingedämmt werden. Notwendig ist eine Hochschulfinanzierung, die sich an den Bedürfnissen der einzelnen Hochschulen richtet. Nur dann kann die Freiheit und Unabhängigkeit der sächsischen Hochschulen gewährleistet werden.
Um den Sanierungsstau an den Hochschulen abzubauen, tritt DIE LINKE dafür ein, die frühere Gemeinschaftsaufgabe Hochschulbau wieder einzuführen. Sie wurde im Rahmen der Föderalismusreform durch den deutlich niedriger ausgestatteten Fördertopf für Forschungsbauten von überregionaler Bedeutung ersetzt. Die Bundesländer erhalten zudem seit der Föderalismusreform I so genannten Entflechtungsmittel zur Kompensation von Ausgaben, die bisher gemeinsame Aufgaben von Bund und Ländern waren und die die Bundesländer ab 2019 allein finanzieren müssen. Hiervon sind bis Ende 2019 695,3 Mio. € jährlich für die Hochschulen vorgesehen. Die Mittel werden nach einem festgelegten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. DIE LINKE schlägt vor, diese Zahlungen zu verstetigen und auf eine Milliarde zu erhöhen sowie in den Folgejahren um drei Prozent jährlich zu steigern. Die Fördermittel der Programme zur Förderung von Forschungsbauten und Großgeräten sollten in diesen Bundeszuschuss aufgenommen werden.
- Die Leistungen der sächsischen Hochschulen, ihrer Studierenden und Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter brauchen tragfähige und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen. – An welchen Stellen sehen Sie Nachbesserungsbedarf zu den gegenwärtigen hochschulrechtlichen Rahmenbedingungen für die sächsischen Hochschulen, z.B. beim Sächsischen Hochschulfreiheitsgesetz?
Antwort: DIE LINKE im Sächsischen Landtag hat einen umfassenden Gesetzesentwurf zur Novellierung des Hochschulfreiheitsgesetzes vorgelegt. Wesentliche Punkte sind:
- Die Abschaffung des Lehrstuhlprinzips zugunsten des Departmentmodells: Kollegiale Zusammenarbeit statt steiler Hierarchien.
- Die Einführung einer Zivilklausel.
- Die Abschaffung aller Studiengebühren.
- Vorbeugung von Studienabbruch durch stärkere Begleitung und Hilfsangebote.
- Ein Rechtsanspruch auf ein Teilzeitstudium.
- Die Stärkung der studentischen Selbstverwaltung bspw. durch die Abschaffung der Austrittsmöglichkeit aus der verfassten Studierendenschaft.
- Der Abbau von Zugangshürden zum Studium durch die Einführung eines zweisemestrigen Orientierungsstudiums; Stärkung des Zugangs über den zweiten Bildungsweg und das Studium ohne Abitur.
- Ausbau demokratischer Mitbestimmungsrechte aller Mitgliedergruppen in den Gremien der Hochschule durch eine viertelparitätische Besetzung des Senates und die Abschaffung des Hochschulrates zugunsten eines lokal verankerten Hochschulkuratoriums.
- Stärkung der Karriereperspektiven im Mittelbau.
- Stärkung der Bereiche Inklusion, Diversity und Integration für eine Hochschule für Alle.
Den gesamten Gesetzesentwurf finden Sie unter: http://gleft.de/1UX
Wir beabsichtigen zudem, die Regelungen zur Hochschulsteuerung zu lockern, damit die Hochschulen dem Freistaat bei Zielvereinbarungsverhandlungen wieder als gleichberechtigte Partner*innen gegenübertreten können. Die Möglichkeiten des SMWK, im Falle einer Nichteinigung die Entscheidungskompetenz komplett an sich ziehen zu können, wollen wir wieder abschaffen. Hochschulsteuerung bedeutet aus unserer Sicht nicht Oktroyierung, sondern Teamarbeit.
Neben dem Hochschulfreiheitsgesetz sehen wir ebenfalls Änderungsbedarf beispielsweise beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz, welches wir abschaffen wollen zugunsten eines echten Wissenschaftsqualifizierungsgesetzes.
Und auch der Akkreditierungsstaatsvertrag muss überarbeitet werden. Studierenden muss bei der Akkreditierung ein gleichberechtigtes Mitspracherecht eingeräumt werden.
- Zwischen den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und den Universitäten besteht Konsens darüber, dass Nachwuchswissenschaftlern und Nachwuchswissenschaftlerinnen an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften ein verbesserter Zugang zu Promotionen ermöglicht werden muss. Die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften wünschen sich dafür die Übertragung des Promotionsrechts. Die Universitäten sehen als probates Mittel hierfür die Stärkung der kooperativen Promotionsverfahren an. Welche Position vertreten Sie hier«!
Antwort: Wir wollen das Promotionsrecht auch auf die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften übertragen.
- Die Digitalisierung der sächsischen Hochschulen schreitet insgesamt zu langsam voran. Hier bedarf es eines deutlichen Schubes und Unterstützungssignals von Seiten der Landesregierung. – Was werden Sie unternehmen, um die Hochschulen bei diesen Aufgaben zu unterstützen? Wie könnte ein Unterstützungssignal aussehen? Welche Maßnahmen planen Sie, um den anhaltend hohen Bedarf an Informatiker und Informatikerinnen zu decken?
Antwort: Die Digitalisierung ist eine grundlegende Aufgabe der Hochschulen, für deren Umsetzung eine auskömmliche Finanzierung notwendig ist. Darüber hinaus müssen alle Mitgliedergruppen einbezogen werden. Hochschullehrende sollten verpflichtende Schulungs- und Weiterbildungsangebote erhalten, wobei die Teilnahme auf das Lehrdeputat angerechnet werden soll. Auch E‑Learning-Angebote müssen ausgebaut und vereinheitlicht werden, um die Vernetzung zwischen Studierenden, Forscher*innen und Lehrenden zu unterstützen. Auch die verpflichtende Möglichkeit zur Open-Access-Veröffentlichung von Forschungsergebnissen wollen wir fördern, damit diese Informationen möglichst leicht verfügbar und für alle zugänglich sind.
Den hohen Bedarf an Informatiker*innen wollen wir mit der Schaffung von mehr Studienplätzen entgegen kommen. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes, eigenständiges Studium geschaffen werden. Dazu gehören für uns auch der Ausbau studentischen Wohnraums, um auch Studierenden weiterhin günstige Wohnungen zur Verfügung stellen zu können. Ebenso sind der Erhalt von (sub-)kulturellen Angeboten in den Hochschulstädten, eine gute ÖPNV-Anbindung sowie geringe Lebenshaltungskosten für viele Studienanfänger*innen ein Grund in Sachsen zu studieren und auch hier zu bleiben.
- Die sächsischen Hochschulen haben in den vergangenen 20 Jahren einen massiven Stellenabbau umsetzen müssen und einen weiteren schmerzhaften Stellenabbau bis 2016 akzeptiert. Jeder weitere Abbau von Personalstellen gefährdet substantiell Studium, Forschung und Transfer im Freistaat. – Sind Sie bereit, für die Unterstützung von Lehre und Forschung sowie für einen leistungsstarken Wissenschaftsstandort Sachsen den Stellenumfang auszubauen? Welche Entwicklungsbedarfe sehen Sie und wie wollen Sie diesen Bedarfen begegnen?
Antwort: Ja. Wir haben in der Debatte zum aktuellen Doppelhaushalt für den Hochschulbereich eine „Hochschulpolitische-Wiedergutmachungsinitative“ in Höhe von ca. 740 Mio für 2019 und ca. 790 Mio Euro für 2020 gefordert, um auch den massiven Stellenabbau rückgängig zu machen. Dieser Antrag beinhaltete die Anhebung der Grundfinanzierung aller sächsischen Hochschulen sowie einen Ausgleich der Drittmitteleinnahmen der Hochschulen. Damit wollen wir die Abhängigkeit der Hochschulen von Drittmitteln eindämmen. Außerdem sollte die Landesstudierendenvertretung über eigene Mittel verfügen, um Aufwandsentschädigungen, Veranstaltungen und eigene Projekte finanzieren zu können. Ebenfalls wurden in unseren Finanzierungsvorschlag Gelder für die Studierendenwerke veranschlagt, um den Bau von Wohnheimplätzen und die Finanzierung der Mensen und Cafeterien zu unterstützen. Auch die Berufsakademien benötigen eine höhere finanzielle Unterstützung, vor allem auch, um ihre neuen Strukturen zu etablieren und Stellen zu schaffen. Um eine angemessene Hochschulfinanzierung zu sichern forderten wir ebenfalls eine Dynamisierung des Hochschuletats.
Entwicklungsbedarf sehen wir außerdem bei den Investitionen für die Hochschulen. Der riesige Investitionsstau muss abgebaut werden. Auch die Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an den Sächsischen Universitäten und Hochschulen muss besser finanziell und personell ausgestattet sein, um vor allem kleiner Hochschulen bei ihren Anliegen zu unterstützen.
- 7. Die Koalition aus CDU und SPD hat sich auf eine Deckelung der sächsischen Studierendenzahlen auf 000 verständigt, mit dem Ziel der Verbesserung der Qualität der Lehre. Wie wollen Sie mit dieser Vereinbarung umgehen? Halten Sie eine Deckelung der Studierendenzahlen für sinnvoll? Wie stehen Sie zu einer Vorgabe von konkreten Studierendenzahlen an die Hochschulen? Wie stehen Sie zu einer gegebenenfalls möglichen Sanktionierung bei Unter- oder Überschreitung der Zielvorgaben? Welche Maßnahmen werden Sie zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels (Studierender je Professor(in)) ergreifen?
Antwort: Wir empfinden die Deckelung der sächsischen Studierendenzahlen auf 95.000 als realitätsfern. Der Stellenabbau der letzten Jahre, mit dem Hochschulen immer noch zu kämpfen haben und die Absenkung der Studierendenzahlen, werden rein gar nichts zur Verbesserung der Lehrqualität beitragen. Sachsen ist und bleibt ein beliebter Studienstandort und das sollte auch genutzt und gestärkt werden. Gerade die Hochschulen tragen zu einem positiven Wanderungssaldo im Freistaat bei. Durch Zuwanderung von Studierenden sind die Hochschulen nicht nur die wirksamste staatliche Institution zur Begegnung von Abwanderung und demografischem Wandel, sondern zugleich Orte des Zusammenwachsens von Ost und West und der interkulturellen Begegnung.
Wir werden in den nächsten Jahren nicht nur mehr Lehrer*innen benötigen, sondern auch Informatiker*innen, Jurist*innen oder Ärzt*innen. Das bedeutet für uns, dass die Studienplatzkapazitäten ausgebaut und gute Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen, damit junge Menschen nicht nur in Sachsen studieren, sondern auch nach dem Studium hier bleiben wollen.
- Die Studienanfänger werden im Hinblick auf Hochschulzugangsvoraussetzung, Bildungsbiografie, Vorwissen, aber auch bezüglich ihrer sozialen und persönlichen Situation (Alter, Familiensituation, Berufstätigkeit, Herkunft) immer heterogener. Das stellt die Hochschulen vor enorme Herausforderungen, insbesondere in den ersten Semestern die Studierfähigkeit herzustellen, Studienabbruch zu verhindern und den Studienerfolg zu sichern. Notwendige Maßnahmen in den sächsischen Hochschulen konnten bisher nur durch zusätzliche Mittel aus dem Hochschulpakt und dem Qualitätspakt Lehre realisiert werden. – Was planen Sie, um die Hochschule zukünftig bei diesen Aufgaben zu unterstützen und wie sollten die Hochschulpaktmittel aus Ihrer Sicht zukünftig auf die sächsischen Hochschulen verteilt werden? Welche Maßnahmen planen Sie, damit die schulische Bildung adäquat auf das Studium vorbereitet?
Antwort: Die Hochschulpaktmittel sollten zusätzliche Unterstützung für alle Hochschulen sein. Vor allem sollten die Gelder die Bedarfe bspw. in der Lehramtsausbildung, Jurist*innenausbildung, Informatiker*innenausbildung etc. eingesetzt werden. Unerlässlich ist eine auskömmliche Grundfinanzierung, um die Bedarfe der Hochschulen zu decken. Zusätzlich muss auf die heterogener werdende Studierendenschaft reagiert werden. Wir fordern individuellere Regelungen zur Aufnahme eines Studiums, vor allem bei Studieninteressierten aus dem Ausland. Zur Vermeidung von Studienabbrüchen und zur besseren Vorbereitung auf das Studium wollen wir ein Orientierungsstudium einführen. Um den gleichberechtigten Zugang zur Hochschule zur gewährleisten muss der N.C. abgeschafft werden.
- Sachsen ist, neben· Berlin, das einzige ostdeutsche Bundesland, in dem mehr junge Studienanfängerinnen und Studierende zuwandern statt abzuwandern (vgl. Statistisches Bundesamt, Hochschulen auf einen Blick, 2018). – Finden Sie diesen Trend unterstützenswert? Falls ja, wie sieht Ihre Unterstützung aus?
Antwort: Der Trend, dass mehr junge Studienanfänger*innen nach Sachsen zuwandern ist zu unterstützen. Wir wollen die Rahmenbedingungen dafür verbessern: bspw. Förderung von studentischem Wohnraum, Stärkung kultureller und sozialer Angebote, Förderung der Familienfreundlichkeit, bessere Arbeitsbedingungen an den Hochschulen.
- Die sächsischen Hochschulen haben in den vergangenen Jahren einen Zuwachs an Studierenden und vielen zusätzlichen Aufgaben im Rahmen von Qualitätssicherung, Dritter Mission, Marketing, Transfer, u. ä. zu verzeichnen. Die Finanzierung der sächsischen Hochschulen ist derzeit durch das problematische Instrument der »Drei-Säulen Budgetierung« gekennzeichnet. Die Finanzierung erfolgte im Wesentlichen aus Projektmitteln. – Halten Sie die Grundfinanzierung der sächsischen Hochschulen für ausreichend? Wie wollen Sie zukünftig eine solide Grundfinanzierung der Hochschulen sowie Dauerstellen für Daueraufgaben absichern? Inwieweit sind Sie bereit, die Finanzierung in Richtung einer angemessenen Grundausstattung zu verändern!
Antwort: Der neoliberale Umbau der Hochschulen in den letzten 20 Jahren hat den Druck auf Studierende und Lehrende massiv erhöht. Wirtschaftlichkeits- und Nutzbarkeitszwänge zwingen die Forschung in ein viel zu enges Korsett. Die Grundfinanzierung muss sich an den Bedarfen vor Ort orientieren. Das heißt, die Hochschulen müssen selbst entscheiden können, für was sie wie viel Geld benötigen und wofür sie die Gelder letztlich einsetzen. Die Einnahmen durch Drittmittel sind fast so hoch, wie die finanzielle Ausstattung durch den Freistaat. Ohne diese Drittmittel können die Hochschulen ihre grundständigen Aufgaben nicht erfüllen. Dafür muss aber der Staat Sorge tragen, deshalb brauchen die Hochschulen eine Erhöhung der Grundfinanzierung. In den letzten Verhandlungen zum Doppelhaushalt 19/20 schlug unsere Fraktion im Sächsischen Landtag eine Wiedergutmachungsinitiative in Höhe von ca. 740 Mio für 2019 und ca. 790 Mio Euro für 2020 vor. Dann wäre auch genug Geld da, um die prekäre Beschäftigung im Mittelbau zu überwinden, die Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Lehrenden zu verbessern, Beratungsangebote auszubauen, den Gleichstellungsauftrag an den Hochschulen zu erfüllen, Inklusionskonzepte nicht nur aufzuschreiben, sondern auch umzusetzen, etc. … Das sind alles keine kurzfristigen Programme oder Phasen sondern explizite Daueraufgaben! Und dafür benötigen die Hochschulen dauerhaft und planmäßig ausreichend Geld.
Die von unserer Fraktion veranschlagten Mittel könnten dafür nur ein Anfang sein und würden die angefallenen Probleme natürlich nicht in den nächsten Jahren sofort lösen. Deshalb war es uns wichtig, dass es für die Hochschulfinanzierung eine Dynamisierung, also einen ab 2020 jährlichen Aufwuchs von 6% gibt. Damit hätten die Hochschulen in Sachsen Planungssicherheit und könnten zudem neue Herausforderungen und Aufgaben angehen. Der Antrag wurde jedoch von der CDU/SPD-Koalition abgelehnt.
Außerdem hat die Landesstudierendenvertretung bis heute keine eigenen finanziellen Mittel und damit keine Unterstützung ihrer Infrastruktur, keine staatliche Unterstützung zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Die Konferenz der Sächsischen Studierendenschaften (KSS) soll ein eigenes Budget bekommen, um für Amtsträger*innen eine Aufwandsentschädigung gewähren zu können, um Workshops zu organisieren, um die Studierenden aller staatlichen Hochschulen zu vernetzen, um Veranstaltungen durchführen zu können, um Werbematerial anfertigen zu können, letztlich um ihrem Auftrag der (hochschul-)politischen Bildung nachkommen zu können.
Der Bedarf an Wohnheimplätzen wächst immer mehr. Grund dafür sind einerseits die hohen Studierendenzahlen als auch die Mietsteigerungen im Allgemeinen. Wenn Studierende keine Wohnung bzw. kein WG-Zimmer finden, was nicht annähernd über das schon zu gering bemessene BAföG finanziert werden kann, dann entscheiden sie sich natürlich eher für einen Wohnheimplatz. Die Deckungsquote der Wohnheime liegt aktuell bei 14%, was im bundesweiten Vergleich (9%) zwar gut ist, allerdings in Relation zu den Mietpreisentwicklungen und den Studierendenzahlen gerade in den Ballungszentren zukünftig zu knapp bemessen sein dürfte. Mehr Wohnheimplätze würden zudem die Konkurrenzsituation zwischen Studierenden, jungen Familien, etc. auf dem freien Mietmarkt entspannen. Hier muss der Staat Verantwortung übernehmen. Die sächsischen Studierendenwerke haben erheblichen Mehrbedarf für Sanierungen und Investitionen im Bereich Wohnheime und Mensen angemeldet. Dieser muss berücksichtigt werden. Es muss endlich begonnen werden den Sanierungsstau der sich über die letzten Jahre summiert hat abzubauen.
Trotz der Novellierung des Berufsakademiegesetzes und der damit einhergehenden Umstrukturierung (der Schaffung neuer Posten bspw. Direktor der BA Sachsen) gab es keinen Mittelzuwachs. Die Kosten für die Verwaltung einer BA an 7 verschiedenen Standorten sind sehr hoch. Um auch Forschung und Lehre auf hohem Niveau zu halten, braucht es bessere finanzielle Anreize für gute Professor*innen, sowie Mittel für Verbesserung der Familienfreundlichkeit, Inklusion, Gleichstellung etc.
Der Investitionsstau an den Hochschulen ist enorm. Es muss endlich begonnen werden diesen Sanierungsstau, der sich über die letzten Jahre summiert hat abzubauen. Betont werden muss, dass sich in den letzten Jahren 2015 bis 2017 ein Investitionsstau in Höhe von 669,5 Mio Euro (2015: HS Mittweida: 29,5, TUD: 500 Mio, 2016: UL: 140 Mio) angesammelt hat. Mit einem Zuschuss in Höhe von 100 Mio pro Jahr soll das in Zukunft verringert werden.
Die Koordinierungsstelle zur Förderung der Chancengleichheit an den sächsischen Universitäten und Hochschulen hat das Thema Inklusion als Aufgabenbereich dazubekommen, ohne dass dafür finanzielle Mittel bereitgestellt wurden. Abzüglich des Stellenaufwandes wird kaum genügend Geld vorhanden sein, um den Bereichen Gender, Diversität und Inklusion sowohl für Projekte als auch für Workshops gerecht zu werden. Zukunftsinvestitionen, wie bspw. der Ausbau des Angebots in Richtung digitaler Kursangebote, sind damit nicht realisierbar. Mit der Verdoppelung des Planungsansatzes auf 400.000 Euro pro Jahr soll diesem Umstand Rechnung getragen werden.
- Welchen Stellenwert messen Sie Zielvereinbarungen zwischen den sächsischen Hochschulen und dem SMWK bei und wie werden Sie künftig damit umgehen?
Antwort: Die Zielvereinbarungen sind in der derzeitigen Form nicht tragbar. Weder verhandeln die Hochschulen auf Augenhöhe mit dem SMWK noch erfüllt die Drohung mit der Kürzung finanzieller Mittel, wenn Ziele nicht erreicht werden, den eigentlichen Zweck. Wir wollen, dass die Zielvereinbarungen auf Augenhöhe und auf Grundlage der von den Hochschulen erstellten Entwicklungspläne verhandelt werden. Außerdem sollen die an die Zielerreichung geknüpften Gelder zusätzlich an die Hochschulen ausgegeben werden. Schluss mit Sanktionen, bei sowieso schon geringen finanziellen Mitteln!
- Wissenschaft ist international. Die sächsischen Hochschulen leben vom Miteinander ausländischer und deutscher Studierender, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Künstlerinnen und Künstlern. Grundlage hierfür sind Weltoffenheit und Toleranz.- Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um diese zu stärken?
Antwort: Die sächsischen Hochschulen stehen zudem im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe und die besten Ideen.- Welche Vorhaben werden Sie und Ihre Partei voranbringen, um die internationale Attraktivität der sächsischen Hochschulen weiter zu erhöhen, damit mehr hervorragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler für Sachsen geworben werden können?
Hochschulbildung muss für alle zugänglich sein. Wir wollen mehr Menschen zur Aufnahme eine Studium befähigen. Studieninteressierte sollen unabhängig von sozialer Herkunft, Kultur, Geschlecht und Nationalität den gleichen Zugang zum Studium erhalten. Bildung ist ein Schlüsselelement für gesellschaftlichen Zusammenhalt, Frieden und Fortschritt. Um Weltoffenheit und Toleranz als Grundlage für ein gelungenes Miteinander an den Hochschulen zu stärken, wollen wir den Studierendenvertretungen die Möglichkeit geben, nicht nur auf interne hochschulpolitische Belange reagieren zu können, sondern sich auch öffentlich zu „externen“ Entwicklungen positionieren zu können. Um das zu erreichen, soll das hochschulpolitische Mandat ausgeweitet werden. Als eine weitere Maßnahme, um Diskriminierung und Ausgrenzung zu verhindern, sollen Möglichkeiten zur Sanktionierung bei diskriminierenden Äußerungen durch Hochschulangehörige geprüft und umgesetzt werden. Die besten Voraussetzungen, um hervorragende Nachwuchswissenschaftler*innen für Sachsen zu gewinnen sind beste Arbeitsbedingungen. Mit der Einführung des Department-Modells und der Schaffung verlässlicher Karriereperspektiven wollen wir diese Voraussetzungen schaffen. Neben der Stärkung der Chancengleichheit an den sächsischen Hochschulen müssen auch Angebote wie bspw. die Möglichkeit des Dual-Career ausgebaut werden.
- Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den sächsischen Hochschulen brauchen nachhaltig sichere Rahmenbedingungen, um in Bildung und Forschung herausragende Leistungen zu erbringen. – Welche Initiativen werden Sie zur Verbesserung in der Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses ergreifen? Wie stehen Sie zur entfristeten Beschäftigung von Drittmittelbeschäftigten?
Antwort: Um für ihre Mitarbeiter*innen nachhaltig sichere Rahmenbedingungen vorhalten zu können, benötigen die Hochschulen eine sichere finanzielle und personelle Ausstattung. Um ihnen mehr Möglichkeiten zu geben, Mitarbeiter*innen unbefristet anzustellen, wollen wir Departments einrichten. In diesen soll kollegial gelehrt und geforscht werden unabhängig vom*von der Lehrstuhlinhaber*in. Als eine Möglichkeit, den Mittelbau als tragendes Fundament in Forschung und Lehre zu stärken, hat die Leipziger Mittelbauinitiative ein Personalmodell erarbeitet, das die bestehenden Beschäftigungsarten um die Stellenkategorien Senior Lecturer und Senior Researcher erweitern würde. Diese Ideen müssen in die Personalplanung an den Hochschulen einfließen. Auch die entfristete Beschäftigung von Drittmittelbeschäftigten kann über eine Poollösung gelingen und würde vielen Wissenschaftler*innen an den sächsischen Hochschulen bei der Lebens- und Familienplanung helfen.
- Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist insbesondere für die technikwissenschaftlichen Hochschulen in Sachsen eine große Herausforderung. – Welche unterstützenden Maßnahmen sehen Sie bei der Umsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft in allen Karrierephasen vor?
Antwort: Vor allem das Fehlen von sicheren Karriereperspektiven ist ein Grund, der Frauen von einer Karriere in Wissenschaft und Forschung abhält. Diese Hürden wollen wir überwinden. Um auch in den Gremien der Hochschule ein Bewusstsein für den Bereich der Gleichstellung zu schaffen, wollen wir die Rechte der Gleichstellungsbeauftragten und deren Stellung aufwerten.
- Die fünf staatlichen Kunsthochschulen im Freistaat leisten einen wesentlichen Beitrag zur kulturellen und künstlerischen Bildung und Entwicklung weit über Sachsen hinaus. Ihr Beitrag zur Forschung ist neben ihren wissenschaflichen Kompetenzen an der künstlerischen Praxis orientiert, die sich ökonomischen oder am Arbeitsmarkt orientierten Bewertungskriterien weitgehend entzieht. Etliche Elemente der gegenwärtigen Hochschulsteuerung, wie sie gesetzlich vorgeschrieben ist, eignen sich für die Kunsthochschulen nicht – Inwieweit sind Sie bereit, bei der anstehenden Novellierung des Hochschulfreiheitsgesetzes dieser Tatsache Rechnung zu tragen und mit den Kunsthochschulen adäquate Regelungen zu diskutieren und diese dann auch festzuschreiben?
Antwort: Wir lehnen die voranschreitende Ökonomisierung nahezu aller Lebensbereiche ab. Dazu gehören auch Kunst und Kultur. Die Steuerung der Hochschulen durch beispielsweise Zielvereinbarungen ist in der derzeitigen Form nicht tragbar. Weder verhandeln die Hochschulen auf Augenhöhe mit dem SMWK noch erfüllt die Drohung mit der Kürzung finanzieller Mittel, wenn Ziele nicht erreicht werden, den eigentlichen Zweck. Wir wollen, dass die Zielvereinbarungen auf Augenhöhe und auf Grundlage der von den (Kunst-)Hochschulen erstellten Entwicklungspläne verhandelt werden. Außerdem sollen die an die Zielerreichung geknüpften Gelder zusätzlich an die Hochschulen ausgegeben werden.
- Die staatliche Forschungsförderung beschränkt sich im Wesentlichen auf wissenschaftliche Fachgebiete. Für künstlerische Entwicklungsvorhaben und Forschung auf den künstlerischen Fachgebieten greifen die Programme des Bundes und des Freistaates Sachsen indes in der Regel nicht. ‑Sind Sie bereit, für die künstlerischen Fachgebiete eine vergleichbare Förderung einzurichten?
Antwort: Ja. DIE LINKE befürwortet grundsätzlich die Förderung von Forschungsvorhaben auf künstlerischem Gebiet.
- Basierend auf der Aussage in dem zwischen der CDU und der SPD geschlossenen Koalitionsvertrag haben sich auch die fünf staatlichen Kunsthochschulen verpflichtet, bis zum Jahr 2025 ihre Studierendenzahlen in einem nicht unerheblichen Maße zu reduzieren. Diese Reduzierung zieht jedoch entgegen der politischen Absicht bei den Kunsthochschulen keine Verbesserung der Lehre nach sich. Insbesondere für die Musikhochschulen bedeutet eine Reduzierung der Studierendenzahlen eine Verschlechterung der Lehre. So kann mit einer reduzierten Studierendenzahl die Spielfähigkeit der verschiedenen Hochschulensembles und insbesondere des Hochschulorchesters nicht aufrechterhalten werden. Die Hochschulen können dann ihren Studierenden letztendlich nur ein reduziertes Studienangebot bieten, was sich auf jeden Fall auf die Qualität der Abschlüsse auswirken wird.- Wollen Sie an der Vorgabe der Reduzierung der Studierendenzahlen festhalten«!
Antwort: Nein.