Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Sprachrettungsklub Bautzen/Oberlausitz e.V.
1. Sprachförderung
Die Pflege der deutschen wie auch der sorbischen Sprache bedarf der gesellschaftlichen Unterstützung. Zur Förderung der bedrohten sorbischen Sprache existieren staatliche Programme, die deutsche Sprachkultur hingegen ist dem Selbstlauf überlassen. Welche Notwendigkeit bzw. Möglichkeiten zur Abhilfe sieht Ihre Partei?
Es ist gut und vernünftig, eine bedrohte Minderheitensprache wie die sorbische mit staatlichen Programmen zu unterstützen. Sprachen wandeln sich ständig, auch das Deutsche als Amts- und Mehrheitssprache unterliegt Veränderungen im Strom der Zeit (siehe auch Frage 3). Das ließe sich, selbst wenn man das wollte, politisch nicht verhindern. Wir halten es dessen ungeachtet für sehr wichtig, dass die Menschen von klein auf Gelegenheit haben, für den Reichtum ihrer Muttersprache bezüglich Wortschatz, Grammatik, Satzbau und Sprachbilder sensibilisiert zu werden. Im Mittelpunkt muss die Befähigung zur regelmäßigen aktiven mündlichen wie schriftlichen Anwendung der Sprache in ihrer ganzen Fülle stehen. Das ist zuallererst die Aufgabe von Eltern und öffentlichem Bildungssystem. Versuche, angesichts des von der CDU verursachten Lehrkräftemangels Abstriche bei der Sprachbildung zu machen, lehnen wir ab. Alle Bildungsinstitutionen von der Kita bis zur Erwachsenenbildung sollten im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zur Sprachpflege beitragen.
Ehrenamtlich Engagierte, die sich um die Sprachkultur bemühen, sollen besser unterstützt werden (siehe Frage 5). Auch Medien dürfen bei Bedarf an ihre Verantwortung erinnert werden, Sprache korrekt zu verwenden und nicht durch Banalisierung der Kommunikation verkümmern zu lassen; politische Eingriffe verbieten sich freilich aufgrund des Grundrechts der Pressefreiheit.
2. Öffentliche Sprachkultur
Die Behörden- und Parteiensprache sind zum Teil schwer verständlich und finden auch deshalb unter der Bevölkerung kaum Anklang. Wie möchte Ihre Partei dazu beitragen, dass sprachliche Missverständnisse ausgeschlossen werden, und die Sprache als Voraussetzung demokratischer Verständigung und gesellschaftlicher Dialoge angewandt wird?
Wir versuchen, unsere Äußerungen als Partei – die der anderen können wir ja nicht beeinflussen – so verständlich wie möglich zu halten. Wo immer wir Einfluss auf Verwaltungsabläufe nehmen können, sei es in den Kommunen oder auch auf höheren Ebenen, wollen wir auf bürgerfreundliche und gut verständliche Behördensprache hinwirken. Grundsätzlich müssen Behörden zusätzlich auch in sogenannter leichter Sprache agieren können. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt von Barrierefreiheit. Viel zu oft sind Prozesse und Verfahren schwer verständlich und für die Betroffenen kaum nachvollziehbar. Dazu wollen wir eine Landesagentur für Leichte Sprache etablieren, welche sämtlichen Behörden dienstleistend zur Seite steht und als Ansprechpartnerin für Bürgerinnen und Bürger dient.
3. Genderismus
Sprachregelungen zur vermeintlichen Geschlechter-Sprachgerechtigkeit finden unter der Bevölkerungsmehrheit keine Zustimmung. Wie positioniert sich Ihre Partei hierzu?
Sprache prägt Denken und Denken prägt Sprache. Somit spiegelt Sprache die gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungen wider, und sie wird durch dieselben beeinflusst. In diesem Sinne sehen wir das Anliegen, unterrepräsentierte oder benachteiligte Personengruppen auch sprachlich öffentlich sichtbarer zu machen, die Wirklichkeit damit genauer zu erfassen und zum Nachdenken anzuregen. Wir unterstützen dies aus Gründen unseres Bemühens um eine gerechtere Gesellschaft. Dabei trifft es sicher zu, dass damit einhergehende Konzepte für Formulierungen und Zeichensetzung den gewohnten Sprach- und Redefluss bzw. ‑gebrauch durchbrechen und auch als „unästhetisch“ gewertet werden. Allerdings war dies auch bei anderen Entwicklungen bereits der Fall, denn Sprache war und ist naturgemäß immer Veränderungen unterworfen, wie an der Übernahme von einstigen Begriffen der sogenannten Jugendsprache oder von Worten und Redewendungen fremdsprachlichen Ursprungs in unsere Alltagssprache erkennbar ist. Wir wollen und können deshalb niemandem einen bestimmten Sprachgebrauch vorschreiben, und wir verurteilen auch niemanden, die oder der sich dazu entschließt, ungewohnte Sprachformen in der eigenen Kommunikation einzusetzen. Bezüglich der Genderfrage setzen wir in erster Linie auf eine langfristige gesellschaftliche Auseinandersetzung um die noch ausstehende Gleichstellung der Geschlechter und Lebensentwürfe, um die es ja eigentlich geht – und die weitaus mehr Bereiche betrifft als die Sprache, die in diesem Fall lediglich als eine Projektionsfläche unter vielen dient. Im übrigen ist davon auszugehen, dass sich auch die „Gender-Sprache“ weiterentwickeln wird, so wie Sprache allgemein.
4. Sprachbildung Jugendlicher
Der Sprachrettungsklub Bautzen schrieb einst einen Sprachpreis für Kinder und Jugendliche aus. Insbesondere wegen ausbleibender Unterstützung durch staatliche Bildungsstellen hatte er nur kurzzeitig Bestand. Worin sieht Ihre Partei Möglichkeiten, die Sprachbildung der Schülerschaft auch außerhalb des Unterrichts zu fördern?
Der Sprachbildung tun zweifellos auch zivilgesellschaftliche Angebote gut, die deshalb entsprechende öffentliche Unterstützung verdienen. Sie motivieren zum Mitmachen. Wie in der Antwort auf Frage 5 beschrieben, wollen wir alle Spielräume nutzen, um ehrenamtliche Initiativen wie Sprachpreis-Ausschreibungen mit staatlichen Mitteln zu fördern. Wir denken neben Wettbewerben vor allem an Kunstprojekte wie Theateraufführungen, die idealerweise mit dem Schulunterricht verzahnt werden können. Dafür sollten die Schulträger Fördermöglichkeiten erhalten. Auch ehrenamtliche Sprachkurse und Unterstützungsangebote für Geflüchtete sollten unterstützt werden, wenn sich dafür Interessenten finden, die zur Sprachvermittlung beitragen wollen. Eine ordentliche Ausstattung der Volkshochschulen und übrigen Träger der Weiterbildung zählt ebenfalls zu unseren Zielen. Nicht zu unterschätzen ist ferner die Rolle der sozialen Medien, die von Jugendlichen genutzt werden. Schließlich erreichen Angebote ihre Adressaten nur über die Kanäle, die von den Adressaten tatsächlich genutzt werden. Die Landesregierung könnte prüfen, inwiefern sich Sprachbildungskampagnen unter Einbeziehung von „Influencern“ verwirklichen lassen. Projekte sollten möglichst auf einen Multiplikator-Effekt orientiert sein.
5. Dialekte
Sprachliche Sonderformen wie Dialekte sind im Verschwinden. Damit geht wertvolles Kulturgut verloren. Dem wirken viele Heimatvereine entgegen. Welche Möglichkeiten sieht Ihre Partei zur Förderung dieser Vereine und der von ihnen getragenen Einrichtungen, wie z. B. Heimatstuben?
Wir stimmen zu, dass Dialekte Kulturgüter darstellen, die Pflege verdient haben. Wir sind Ihrer Meinung, dass die Rolle ehrenamtlich engagierter Menschen dabei nicht genug wertgeschätzt werden kann, ob sie sich nun in Vereinen, Heimatstuben, im Mundarttheater oder anderweitig engagieren. Sie dürfen in dieser Tätigkeit nicht alleingelassen werden. Deshalb unterstützen wir es, wenn beispielsweise der MDR, die „Sächsische Zeitung“ oder andere Organisationen auf die Bedeutung von Dialekten hinweisen, etwa in Wettbewerben schöne sächsische Wörter würdigen oder auf vom Aussterben bedrohte Wörter hinweisen. Wir würden es auch begrüßen, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender stärker auf Formate setzen würden, die zum Ziel des Dialekterhalts beitragen. Allerdings ist das wichtigste, dass der Freistaat ehrenamtlich Engagierte besser unterstützt, die sich für die regionale und lokale Sprachvielfalt einsetzen. Viele Sächsinnen und Sachsen engagieren sich freiwillig. Dieses unverzichtbare Engagement ist wichtig für ein gutes Miteinander und gibt Anstöße für die Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens. Das Hauptamt muss das Rückgrat für ehrenamtliches Engagement sein. Das wollen wir durch ein Bündel von Maßnahmen fördern, die ehrenamtlich Engagierten zugutekommen. Dazu zählen Weiterbildungsangebote, professionelle Begleitung und Aufwandsentschädigungen wie z. B. Fahrkarten. Wir wollen flächendeckend Freiwilligenzentren dauerhaft finanzieren. Diese dienen dem Austausch, der Unterstützung und der Beratung Ehrenamtlicher. Zudem werden wir einen Vorschlag für eine landesweite Ehrenamtsrente erarbeiten. So wollen wir für je fünf Jahre ehrenamtlicher Arbeit einen Rentenpunkt für die Rentenberechnung anrechnen lassen. Zur Förderung ehrenamtlichen Engagements werden wir uns auch für die Einrichtung von Stadtteilfonds und ähnlicher unbürokratischer Fördermöglichkeiten einsetzen, von denen auch Heimatvereine profitieren sollen – etwa für Investitionen und die Umsetzung ihrer kreativen Projektideen. In den Verhandlungen zum Doppelhaushalt haben wir uns darüber hinaus eine höhere Ehrenamtspauschale vorgeschlagen. Vereine und Initiativen können beim Freistaat beantragen, dass ihre Engagierten diese Pauschale erhalten – bisher maximal 40 Euro im Monat, die aber nur für elf Monate pro Jahr gezahlt werden. Wir wollen, dass wenigstens 50 Euro als Anerkennung gezahlt werden, und das im ganzen Jahr.