Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Verband der Restauratoren (VDR) e. V.
1. Das Fehlen des geschützten Berufstitels für Restauratoren führt zu einem enormen Konkurrenzdruck auch durch wenig oder nicht qualifizierte selbst erklärte „Restauratoren“ außerhalb der Gruppen der wissenschaftlichen Restauratoren oder auch der Restauratoren im Handwerk. Darüber hinaus führt diese Leerstelle zu einer grundlegenden Gefährdung von Kulturgütern und Denkmalen durch unsachgemäße Behandlung. Wird sich Ihre Partei in Regierungsverantwortung für den Schutz des Berufstitels „Restaurator“ einsetzen?
Mit ihrer Tätigkeit übernehmen Restauratorinnen und Restauratoren eine hohe Verantwortung für den Erhalt unwiederbringlichen Kunst- und Kulturgutes. Zu dieser Tätigkeit gehört die Untersuchung, Erfassung, Konservierung, Restaurierung, Wartung, Erforschung und Dokumentation vorhandener historischer materieller Substanz ebenso wie die fachlich fundierte Beratung und Betreuung der Eigentümer. Der den Restauratorinnen und Restauratoren zukommenden Verantwortung wird durch intensive Aufwendungen der öffentlichen Hand für die Ausbildung von Restauratorinnen und Restauratoren und für den Erhalt von Kulturgütern Rechnung getragen. Trotz der im Interesse der Allgemeinheit bestehenden kulturpolitischen Verpflichtung zum Erhalt von Kultur- und Kunstgütern werden bei Restaurierungsarbeiten durch unzureichend qualifizierte Personen immer wieder erhebliche materielle und ideelle Schäden verursacht.
DIE LINKE strebt die Erarbeitung eines Gesetzentwurfes an, der Mindestanforderungen für das Führen der Berufszeichnung „Restauratorin/Restaurator“ festlegt und das Führen und die Verwendung dieser Berufsbezeichnung nur noch den in der Sächsischen Restaurator/innenliste eingetragenen Personen gestattet (Berufsschutz). Damit wird der Verbraucher und potentielle Auftraggeber in die Lage versetzt, vor der Auftragserteilung bewusst zwischen eingetragenen und nicht eingetragenen Restauratorinnen und Restauratoren auswählen und somit Risiken bei der Restaurierung abwägen zu können. Der Gesetzentwurf verhindert dabei ausdrücklich nicht Ausübung von restauratorischen Leistungen durch Berufsinhaber, die nicht die nach diesem Gesetz vorgesehene Qualifikation besitzen.
2. Die Mehrheit der vom VDR vertretenen Restauratorinnen und Restauratoren ist selbstständig. Obwohl deren Hochschulausbildung hinsichtlich der Dauer und Anforderungen mit einem Ingenieurstudium vergleichbar ist und der Verband der Restauratoren sich als Mitglied des Bundes der Freien Berufe etabliert hat, hat eine Aufnahme des Berufes in die Katalogberufe nach § 18 EStG aber bisher nicht stattgefunden. Damit einher geht die Schwierigkeit, dass Berufsangehörige immer wieder in langwierigen Auseinandersetzungen um die Anerkennung der Freiberuflichkeit ringen müssen. Auch die Orientierung des Restauratorenberufs am Gemeinwohl wird oft angefochten. Kleinstbetriebe finden sich als Gewerbe eingruppiert und u.U. mit hohen Steuern und Abgaben belastet. Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass der Beruf des wissenschaftlichen Restaurators katalogisiert und damit verbindlich als ein am Allgemeinwohl orientierter Freier Beruf anerkannt wird?
Im Kontext eines zu erarbeitenden Gesetzentwurfes sind die angesprochenen Fragen zu klären und rechtlich zu fixieren.
3. Da nur ein Teil der wissenschaftlichen Restauratoren in öffentlichen Einrichtungen angestellt wird, ist für die meisten Restauratoren die eigene Existenzgründung unerlässlich – auch ohne entsprechendes Kapital im Hintergrund. Zusätzlich übersteigen die Sozialabgaben anfangs oft die finanziellen Möglichkeiten der Berufseinsteiger. Der Beruf ist nicht „verkammert“ und kommt nicht in den Genuss entsprechender Versorgungs- und Sozialwerke. Das trägt zu der zunehmend prekären Situation vieler selbstständiger Restauratoren bei. Wie wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass die soziale Absicherung erleichtert wird?
4. Der Restauratorenberuf ist zu einem wachsenden Anteil weiblich geprägt: Frauen stellen heute mehr als 90 % der Studienanfängerinnen. In Kombination mit der erwähnten Tatsache, dass der größte Teil der Restauratoren gar keine andere Möglichkeit hat, denn als „Solo-Selbständige“ zu überleben, stellt die Frage der Familienplanung ein zentrales Risiko dar. In welcher Form wird Ihre Partei sich des Risikos der Unternehmensaufgabe und der Gefahr der Prekarisierung von Frauen im Beruf durch Familienzuwachs stellen?
Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Für die Solo-Selbständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft müssen nach Ansicht der sächsischen LINKEN branchenspezifische, existenzsichernde Mindesthonorare eingeführt werden. Es braucht eine Einbindung von Solo-Selbständigen in die Sozialsysteme, Rente, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung. Und zwar so, dass diese sich das auch leisten können, dass die Beiträge nach ihrem wirklichen Verdienst berechnet werden und nicht pauschaliert.
5. Rund jeder dritte Restaurator arbeitet im Öffentlichen Dienst. Dort werden Restauratoren oft nicht ihren Qualifikationen entsprechend eingruppiert. Auch an den meisten staatlichen Museen und Stiftungen herrscht ein Ungleichgewicht zwischen den zu leistenden Aufgaben und den zur Verfügung stehenden, angemessen tariflich eingruppierten Stellen für Restauratorinnen und Restauratoren mit Hochschulqualifikation. Dies gefährdet auch den Schutz von Kulturgütern, wie aktuell in der Presse am Beispiel des Zustands der ethnologischen Sammlungen thematisiert wird . Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen (auch im Rahmen zukünftiger Tarifverhandlungen als Arbeitgeber), dass Restauratoren mit Hochschulstudium ihrer Qualifikation entsprechend nach EG 13, statt wie bislang oft üblich, nach EG 9 eingruppiert werden? Wird Ihre Partei sich dafür einsetzen, dass in den Museen eine den Aufgaben der Sammlungserhaltung eine angemessene Anzahl von RestauratorInnen eingestellt wird?
Auch das ist eine Frage, die im Kontext eines zu erarbeitenden Gesetzentwurfes im Sinne der Restaurator*innen zu regeln sein wird.
6. Kultur ist in Deutschland Ländersache. Die Länder spielen also im Kontext des Erhalts des Kulturerbes eine zentrale Rolle. Seit 2008 betreibt z.B. das Land Nordrhein-Westfalen unter Einbeziehung wissenschaftlicher Restauratorinnen in beratender, leitender und koordinierender Funktion das langfristig angelegte Förderprogramm „ Substanzerhalt von Kulturgütern – Das Restaurierungsprogramm Bildende Kunst des Landes Nordrhein-Westfalen“. Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, auch in Sachsen ein zentrales breites und mit relevanten finanziellen Mitteln unterlegtes Programm zum Schutz von Kulturerbe und Denkmalen zu entwickeln und umzusetzen?
Auch in Sachsen gibt es einen erheblichen Bedarf an zu restaurierenden Kulturgütern. Wir setzen uns für eine Erfassung des tatsächlichen Bedarfes und der Dringlichkeiten ein um die Grundlage für zielgerichtete langfristige Förderinstrumente zu schaffen. Die Erfahrungen des Förderprogrammes „Substanzerhalt von Kulturgütern“ in Nordrhein-Westfalen sollten dabei berücksichtigt werden.
7. Im Zuge der (geplanten) Verabschiedung des BBIMoG durch das Bundeskabinett soll der neue „Senior Professional“ als dritte Fortbildungsstufe im Handwerk dem DQR7 zugeordnet werden – während das „alte“ FH-Diplom der Restauratoren weiterhin dem DQR6 zugeordnet bleibt. Wird sich Ihre Partei im Bundeskabinett gegen diese Aufweichung und die Verschiebung der DQR-Zuordnung stellen bzw. wie gedenken Sie, die Unterscheidbarkeit zwischen beiden Bildungssträngen zu garantieren? Werden Sie sich, sollte das Thema in der KMK wieder aufgerufen werden, dafür einsetzen, dass das „alte“ FH-Diplom für Restauratoren und auch für andere hochqualifizierte Berufsgruppen dem DQR7 zugeordnet werden, so dass diese auch an entsprechend kategorisierten Ausschreibungen teilnehmen können?
Das ist eine Frage, die eigentlich in die bundespolitische Zuständigkeit fällt; die sächsische LINKE wird sich jedoch für die entsprechende Zuordnung stark machen.
8. Werden Sie sich dafür einsetzen, dass bei denkmal‑, museums‑, und kulturbezogenen Ausschreibungen des Landes und in Landesbetrieben für restaurierende Aufgaben spezifisch Restauratoren angesprochen werden und eine Versicherung sowohl für die Planung als auch für die Ausführung der Arbeiten am Denkmal obligatorisch ist? Werden Sie sich auch dafür einsetzen, dass über reine Kostenerwägungen hinaus („Der billigste Anbieter gewinnt den Auftrag“) auch Fragen der Qualität, der Qualifizierung, gerechter Entlohnung und des Kulturerbeerhalts entsprechend gewichtet werden?
Im Kontext der Gesetzesinitiative der künftigen Fraktion DIE LINKE im sächsischen Landtag sind diese Fragen mit dem Landesverband zu besprechen und im Sinne der Restaurator*innen zu klären. Mit unserem Entwurf für ein sozial-ökologisches Vergabegesetz werben wir für einen Paradigmenwechsel in der öffentlichen Vergabepraxis, damit nicht mehr der Preis allein für die öffentliche Hand ausschlaggebend ist. CDU, SPD und AfD lehnten das im März ab.
9. Der Europäische Tag der Restaurierung war 2018 das am meisten besuchte Ereignis im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres. Wird sich das Land Sachsen im laufenden Jahr am 13. Oktober positiv auf die zweite Auflage des Ereignisses beziehen und sowohl das Denkmalamt als auch seine Museums- und kulturellen Einrichtungen ermutigen, daran teilzunehmen?
DIE LINKE wird im Rahmen ihrer Möglichkeiten den Kontakt zu den Einrichtungen zu suchen und für eine Teilnahme am Tag der Restaurierung werben.
10. Die Restauratoren müssen eine Anerkennung und Versicherung der planerischen restaurierenden Leistungen erreichen. Da eine Verkammerung der Restauratoren politisch noch durch die Schließung der Liste vor dem Hintergrund der Zuständigkeitsgarantie der öffentlichen versus berufsständischen Versorgungswerke unmöglich ist, wäre die Eröffnung der Möglichkeit des Beitritts zu Architekten- oder Ingenieurkammer auf einer separaten Liste wünschenswert. Die Erlangung einer Vorlageberechtigung soll dabei nicht erzielt werden. Vorteile wären außerdem eine mögliche Absicherung jüngerer Kollegen über ein Versorgungswerk oder auch die berufsübergreifende Weiterbildung von Ingenieuren/Architekten und Restauratoren. Wird sich Ihre Partei für die Anerkennung des wissenschaftlich-technischen Charakters des Restauratorenberufs einsetzen und den Zugang in eine der genannten Kammern ermöglichen?
DIE LINKE hat die Ablösung des ständischen Bildungssystems durch das Marktmodell stets kritisiert. Deswegen befürwortet DIE LINKE in Sachsen die Anerkennung des wissenschaftlich-technischen Charakters des Restauratoren*innenberufs und den Zugang in eine der Kammern.