Landesvorstand schlägt Fahrplan für Wahlauswertung vor
Liebe Genossinnen und Genossen,
nach der gestrigen Sitzung des Landesvorstandes und der heutigen ersten Sitzung der Abgeordneten wollen wir versuchen, Worte für das zu finden, was am Sonntag passiert ist. Wir wollen keine abschließende Wertung oder Deutungsmuster verschicken, sondern einen Anfang machen, die notwendige Debatte zu organisieren. Denn nichts bleibt, wie es ist.
Der vergangene Wahlsonntag war für uns als Partei und auch für uns persönlich ein schwer zu verkraftender Schlag in die Magengrube. Die Partei hat nach der bitteren Enttäuschung der Kommunal- und Europawahlen alle Kraft gesammelt um unsere gemeinsam in Regionalkonferenzen und in der Mitgliederbefragung im Rahmen von „Basis ist Boss“ erarbeitete Kampagne auf die Straße getragen. Wir wollten gegen autoritäres Denken und Marktlogik eine Perspektive der Demokratie und der Neubegründung des Zusammenhaltes eröffnen und thematisieren. Wir müssen angesichts der Ergebnisse konstatieren, dass es uns nicht gelungen ist. Das Ergebnis ist schmerzhaft gegenüber all den vielen Ehrenamtlichen, die sich aufgerieben haben, ist es unfair. Und doch ist es das Ergebnis, mit denen wir die kommenden fünf Jahre als Partei umgehen müssen.
Dass wir bei den gleichzeitig stattfindenden Landtagswahlen in Brandenburg unter gänzlich anderen Startvoraussetzungen mit einem sehr ähnlichen Ergebnis eingefahren sind, muss wachrütteln: Nicht nur wir in Sachsen sondern unsere Gesamtpartei steht vor einer existenziellen Herausforderung. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der LINKEN insgesamt. Und genau deshalb werden wir uns nicht beteiligen an den schnellen Fingerzeigen, wie sie seit dem Wahlabend in den sozialen Netzwerken, aber auch inzwischen über die Presse gespielt werden. Für einfache Erklärungen und eingeübte Rituale aus der Mottenkiste des etablierten Politkbetriebs nach Wahlabenden ist die Lage zu ernst. Auch im Hinblick auf die anstehenden Landtagswahlen in Thüringen wollen wir öffentlichen Trubel vermeiden – ohne interne Debatten einzuschränken.
Ein solches Wahlergebnis sowie unsere neue Situation müssen dazu führen, mit alten Angewohnheiten zu brechen und zusammenzurücken. Egal, aus welchem Teil des Landes, egal aus welchem Flügel, egal mit welchem Stallgeruch: Wir alle haben eine Gesamtverantwortung für diese unsere Partei DIE LINKE und den sächsischen Landesverband. Für uns persönlich bedeutet diese Verantwortung, nicht davonzulaufen, sondern den notwendigen Findungsprozess und Neuanfang unserer Partei mitzugestalten. Wir wollen diesen Prozess gemeinsam mit euch als Genossinnen und Genossen anstoßen, uns über die Rolle unserer Partei im sächsischen Parteiensystem, über Inhalt und Form unserer Politik, über die notwendigen Schritte für die kommenden Jahre verständigen. Frei von persönlichen Eitelkeiten, denn es geht jetzt nicht mehr um Personen und Befindlichkeiten, es geht um unsere Partei.
Deshalb haben wir uns über die kommenden Schritte im Landesvorstand verständigt und wir wollen euch heute unseren Vorschlag unterbreiten, wie wir diesen Prozess gemeinsam gestalten können:
- Am 27. September wird sich der Landesvorstand zu einer weiteren Wahlauswertung und zur Vorbereitung des Landesparteitages treffen.
- Für den 28. September hat der Landesvorstand eine gemeinsame Beratung von Landesvorstand, Landesrat und Kreisvorsitzenden einberufen. Diese wird ab 10.00 Uhr in Dresden stattfinden.
- Im Oktober werden wir Regionalkonferenzen zur Wahlauswertung und zur künftigen Positionierung der Partei durchführen. Die genauen Termine werden wir euch schnellstmöglich mitteilen. Wir möchten euch aber bereits jetzt herzlich dazu einladen, euch an dieser Debatte zu beteiligen.
- Die für den 16./17. November 2019 geplante Beratung der 2. Tagung des 15. Landesparteitages werden wir – vorbehaltlich der Zustimmung der Gremien – bereits auf den 15. November 2019 verlängern, um Raum zu schaffen, über die Zukunft unserer Partei zu reden. Diese Tagung hat zudem die Aufgabe, die Gremien des Landesverbandes neu zu wählen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir stehen mit diesem Wahlergebnissen an einem Punkt, der Ähnlichkeiten zu unserer dramatischen Lage Anfang 1990 aufweist. Genau deshalb werden wir in den kommenden Wochen auch all jene aktiv einbinden, die zu diesem Zeitpunkt aktiv am Neuaufbau der Partei beteiligt waren. Der Freistaat Sachsen hat einen massiven Rechtsruck erlebt. So schwierig die Lage nach dieser Wahl für uns ist, so sehr sind wir davon überzeugt: Wir als Partei werden gebraucht. Wir sind die Partei der Systemopposition, die für eine gerechte, solidarische – kurz demokratisch-sozialistische – Perspektive für die Menschen in diesem Land streitet. Wir geben all jenen eine Stimme, die in dieser Gesellschaft bei fortgesetzter CDU-Politik marginalisiert werden: Sozialarbeitern, Pflegerinnen, Mieterinnen und Mietern und den fleißigen Kolleginnen und Kollegen, die hart arbeiten und trotzdem Angst haben müssen, dass es nicht reicht. Wir müssen all jenen den Rücken stärken, die durch das Erstarken der extremen Rechten Angst haben müssen um ihre Projekte, ihre Arbeit und nicht selten leider auch um ihre körperliche Unversehrtheit. Dafür braucht es jede und jeden Einzelnen von uns. Wir haben die Pflicht, nicht aufzugeben.
Mit solidarischen Grüßen,
Antje Feiks
Landesvorsitzende
Thomas Dudzak
Landesgeschäftsführer