Erzgebirge: Widerstand gegen Konzern Bosse in Zschopau
Beitrag unseres Genossen Norbert S. aus Zschopau über die Pläne, ein Werk mit vollen Auftragsbüchern zu schließen
Zschopau ist ein romantisches Städtchen, hoch auf einem Felsplateau, über dem gleichnamigen Fluss gelegen. Der Besucher findet eine hübsch renovierte Altstadt, mit zwei Marktplätzen, Schloss Wildeck mit Museum und Bibliothek, einem Neuen Rathaus im Renaissance-Stil und einem Alten Rathaus in bestem Barock. Russische Zaren und sächsische Könige logierten hier einst im „Gasthof zum Weißen Rößgen“, später „Hotel Stadt Wien“. 1906 kam der Däne Jörgen Skafte Rasmussen in die Stadt und errichtete eine Maschinenfabrik, die sich ab 1922 zu einer Serienfabrikation für Motorräder entwickelte. Unter dem Markennamen VEB Motorradwerk Zschopau wurde daraus bis 1990 der weltweit größte Motorradhersteller. Pro Jahr wurden 85.000 Maschinen produziert, die man in einhundert Länder der Welt exportierte. Nachdem die Sachsen 1990 den christdemokratischen Kurt Biedenkopf, als Ministerpräsidenten, in den Freistaat „importiert“ hatten, machte er unter dem blumigen Spruch, „Im Osten geht die Sonne auf“, die versprochene „Aufschwung Ost“ Politik. Von der Treuhandanstalt beauftragte „Unternehmensberater“ versuchten sich nun an der ehemaligen Weltfirma – und brachten sie auf die Fahrt in die Bodenlosigkeit. 3000 Beschäftigte wurden in den folgenden Jahren auf die Straße gefegt. “König Kurt“, der Landesvater in Dresden, hatte dazumal mit weisen Worten gesprochen: “Es zeigte sich immer mehr, dass der Markt uninteressiert war… Sie können den Markt nicht zwingen.“ Das war es. Der Markt, da kann man nichts machen. Von der größten Motorradfabrik der Welt gibt es heute nur noch die Gebäude. In der ehemaligen Montagehalle, wo die einst gefragten Maschinen, auf dem weltweit ersten Fließband für Motorradproduktion vom Band rollten, kann man heute nur noch die Kugeln in einem Bowling Center rollen lassen. Auch heute, dreißig Jahre nach dem Beginn der Vernichtung der Zschopauer Industrie wird dieser Prozess an den spärlichen Resten fortgesetzt. In einer Werkhalle des damaligen Motorradwerkes arbeiten 86 Arbeitnehmer der J. M. Voith SE & Co. KG, ein weltweit tätiger Technik Konzern. Dessen Bosse beabsichtigen den Standort in Zschopau ersatzlos zu schließen und die 86 Arbeitnehmer zu feuern. “Reine Gewinnmaximierungsabsicht“, sagt der Betriebsrat. Aber es regt sich Widerstand. Belegschaft, Gewerkschaft, der Oberbürgermeister, Abgeordnete aber auch DIE LINKE sind aktiv. Protestaktionen finden statt. Am 30. 11. 2019 fand eine Protestaktion, initiiert vom Betriebsrat und der IG Metall Chemnitz im Gewerkschaftshaus in Chemnitz und vor dem Werk statt. Die von Arbeitslosigkeit bedrohten Kolleginnen und Kollegen protestierten lautstark gegen die Schließung des Betriebes, der übrigens wegen voller Auftragsbücher in zwei Schichten arbeitet. Kollegen anderer Betriebe, Vertreter der Parteien und der Stadt Zschopau beteiligten sich an der Aktion. Die Belegschaft vernetzte sich mit ihren Kollegen anderer Standorte, die auch von Schließung bedroht sind. Die politisch Verantwortlichen werden zum Handeln aufgefordert. DIE LINKE in Zschopau sammelten auf dem Marktplatz der Stadt Unterschriften gegen die Betriebsschließung. Sie wird ihrer Landtagsfraktion vorschlagen die Angelegenheit in den Sächsischen Landtag einzubringen. Man kann etwas gegen die Willkür von Konzernbossen tun! Soziale Ansprüche müssen nicht den Zschopaufluss hinunter gespült werden. Sie sind der Verteidigung wert! Die Zivilgesellschaft hat die Kraft dazu!