Nach der Krise ist vor der Krise oder Plötzlich kann Politik Prioritäten setzen
1. Die Covid-19-Pandemie, die Wirtschaftskrise und ihre sozialen Verwerfungen
Die Corona-Pandemie hat weltweit eine Krise des Kapitalismus ausgelöst. Der Lokomotive Kapitalismus geht der Dampf aus. Irgendwann soll sie wieder rollen, aber wohin? Die Weichen sind noch nicht gestellt. Nach rechts, zurück zum Nationalstaat, sagen die Nationalisten und Rassisten: Sie vergessen, dass Nationalstaaten keine Lösung für die globalen Probleme von Hunger, Krieg, Wasser, Energie und Umwelt bieten können. Sie verweigern geflüchteten Menschen die Solidarität. Sie ignorieren die weltweit immer weiter um sich greifende Armut als Folge von Ausbeutung. Weiter geradeaus, sagen die Konservativen: Sie vergessen, dass es die Folgen des neoliberalen Wirtschaftens sind, die Menschen aus deren Heimat vertreiben. Sie vergessen, dass Krieg keine Lösung von Konflikten bedeutet. Sie treiben Rüstungsausgaben in die Höhe, organisieren Militärmanöver an der Ostgrenze der EU und wollen noch mehr Soldat*innen in Polen stationieren. Sie nutzen Rassismus für ihre Machtpolitik. Sie haben Schuld am Raubbau an der Natur und tragen die Hauptverantwortung für den Klimawandel.
Die Corona-Pandemie ist ein dramatischer gesellschaftlicher Weckruf, denn sie hat Verdecktes sichtbar gemacht und Auswüchse bloßgestellt. Gnadenlos ans Licht gezerrt wurde die soziale Spaltung unserer Gesellschaft genauso wie die Gefährlichkeit einer Politik der Privatisierung von sozialer Daseinsvorsorge und des Kaputtsparens der öffentlichen Hand. Im Freistaat Sachsen kletterte die Arbeitslosenquote innerhalb von zwei Monaten auf 6,4 % und damit auf das Niveau von 2017. Angst vor Mittellosigkeit und Insolvenz treiben neben geringverdienenden Arbeiter*innen und Angestellten besonders Soloselbständige und Kultur- und Kreativleute um. Hart trifft es die Betriebe im Gastronomie- und Tourismusgewerbe in Sachsen. 40 % von ihnen fürchteten nach einer Umfrage vom Frühjahr 2020 um ihre Existenz. Allein im März und April hatten über 58.000 Betriebe in Sachsen für mehr als eine halbe Million Menschen Kurzarbeit angemeldet. Über 150.000 Familien, und damit 1400 mehr, lebten im Mai von Grundsicherung, die auch ohne Corona nicht ansatzweise soziale Teilhabe sichert. Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen kämpften mit zusätzlichen Belastungen durch Schulschließungen und Kontaktsperren. Kinder aus armen Familien drohen in der Schule zurückzufallen. Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder stiegen. Und: Armut und Angst machen krank. Davon sind insbesondere auch behinderte Menschen betroffen, und deswegen ist auf Verbesserung der Teilhabechancen und der Inklusion während und nach Corona eine intensivere Fokussierung zu legen.
Gegen all diese Auswüchse stemmten sich viele Menschen täglich und überall ganz praktisch, indem sie zeigten, wie wichtig unbedingte Solidarität und uneigennützige Einsatzbereitschaft für das Funktionieren und den Zusammenhalt einer Gesellschaft sind. Nicht nur in Corona-Zeiten, aber besonders dann. Das macht Mut.
Aber Mut macht auch eine andere Seite der Pandemie: Die Entschleunigung des Alltags und der Produktion, weniger Verkehr, bessere Luft und weniger Lärm zeigten gleichzeitig, dass Wirtschaft und Staat, dass Konsum- und Mobilitätsmuster innerhalb kurzer Zeit veränderbar sind, wenn es ein höheres Ziel verlangt. Gerade in diesen Zeiten wird die Vergesellschaftung von Eigentum zur realen politischen Aufgabe. Ab jetzt sollte Wirtschaftsförderung nicht mehr stur auf Wachstum setzen, sondern öffentliche Aufträge konsequent an Nachhaltigkeitskriterien und inklusivere Strukturen ausrichten. Diese Chancen gilt es zu nutzen, um die soziale Ungleichheit in der Gesellschaft zu überwinden, den Sozialstaat zu stärken und die Wirtschaft dauerhaft an globalen Menschenrechtszielen, an Klimaschutz, Ressourcenschonung und Emissionsminderung auszurichten. Entscheidend wird sein, wie wir als LINKE, aber auch als Gesellschaft, aus den guten und schlechten Erfahrungen in der Corona-Krise lernen. DIE LINKE muss sich mit mutigen Ideen eines anderen Gesellschaftsansatzes Gehör verschaffen. Denn: Es ist Zeit für Veränderungen. Jetzt!
Wohin sollen die Weichen also gestellt werden? Wir sagen, der Kapitalismus gehört aufs Abstellgleis. Wir sind der Überzeugung, dass eine solidarische Welt möglich ist, in der Menschen, Tiere und Pflanzen ihre natürlichen Lebensgrundlagen erhalten können. Eine Welt, in der Ökonomie, Ökologie, Bildung und Kultur miteinander in Symbiose leben. Unsere Aufgabe ist es, dafür Perspektiven zu eröffnen, mit denen sich viele Menschen identifizieren können. Die Chancen dafür stehen gut, wenn es uns gelingt, die weltweiten Bewegungen, die es auch in Deutschland und in Sachsen gibt, mit unseren politischen Zielen zu verbinden. Wir wollen endlich einen Wasserstoff-Zug. Es reicht nicht aus, die Lokomotive rot anzustreichen! Wir wollen durchgängige Waggons, ohne erste und dritte Klasse, damit alle gemeinsam entschieden können, wohin die Reise geht – nennen wir es ruhig Demokratischer Sozialismus.
2. Corona-Lastenausgleich gegen Staatsschuldenkrise
Der Landtag hat die Staatsregierung ermächtigt, zur Bewältigung der Corona-Krise neue Schulden in Höhe von bis zu sechs Milliarden Euro aufzunehmen. Entgegen der weit verbreiteten Meinung wurde damit jedoch keineswegs die Schuldenbremse ausgesetzt. Im Gegenteil, sie soll konsequent angewandt werden. Nach aktueller Lage bedeutet das, dass der Freistaat 2023 beginnend sämtliche Kredite bis 2028 zurückzahlen muss. Folge wäre eine zusätzliche Belastung durch die jährliche Tilgung eines Sechstels der Kreditsumme (max. 1 Mrd. Euro). Hier muss eine grundlegend andere Regelung her, die nicht die Verwaltung in ihrer Funktionsfähigkeit in Frage stellt und zu zwangsweisen Kürzungen im Sozial‑, Bildungs- und Kulturbereich führt.
Unsere Forderung: Wir brauchen unverzügliche fraktionsübergreifende Gespräche über eine Verfassungsänderung mit einer grundlegenden Reform der Schuldenbremse! Dabei treten wir für deren Abschaffung ein.
Der Corona-Ausnahmezustand hat dazu geführt, dass insbesondere in der Fördermittelgewährung – wenn auch aus der Not heraus – alte Bürokratiezöpfe abgeschnitten wurden. Die konsequente Digitalisierung von Antrags- und Überprüfungsverfahren in der Abwicklung der Soforthilfen hat gezeigt, wie Bürokratieabbau allen hilft. Die Corona-Krise war hier Motor eines Verfahrens, das zuvor über Jahrzehnte verschleppt wurde.
Unsere Forderung: Der (notgedrungen) eingeschlagene Weg muss fortgesetzt, der Förderdschungel gelichtet und die Verfahren konsequent vereinfacht werden.
Besonders hart hat es die Kommunen im Freistaat getroffen. Die Einnahmemöglichkeiten auf kommunaler Ebene sind begrenzt auf wenige Steuern und Gebühren. Vor allem die Einbrüche in den Gewerbesteuereinnahmen und die pandemiebedingten Sonderausgaben sorgen nun für Haushaltssperren sowie eine Debatte über freiwillige Leistungen. Gerade die Ebene der Gemeinden und Landkreise ist der Ort, wo die Menschen Einschnitte zuerst zu spüren bekommen. Ein weiteres Auseinanderbrechen des sozialen Gefüges wäre die Konsequenz.
Unsere Forderung: Der Freistaat darf den Kommunen nicht nur die Ausgaben für ihre Pflichtaufgaben erstatten. Gerade jetzt heißt es, den freiwilligen Bereich zu stärken. Außerdem muss unsere Forderung nach mehr frei verfügbarem Geld, also ohne eine bestimmte Zweckbindung, durch die Einführung von Regionalbudgets endlich umgesetzt werden.
Bereits in der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich gezeigt, was konservative Krisenpolitik bedeutet – Sicherung der Pfründe der Besitzenden und Geschenke an Großunternehmen. Sozialer Zusammenhalt stand nie im Fokus, Fördermittel für Vereine wurde zusammengestrichen, Jugend- und Sozialarbeit abgebaut. Auch in der aktuellen Krise zeigt sich, dass die Regierung nur wenig dazu gelernt hat und die Zivilgesellschaft im Ungewissen lässt, was auf sie zukommen wird.
Unsere Forderung: Alles, was den sozialen Zusammenhalt in unserem Land garantiert, darf nicht auf der Streichliste stehen. Vor allem auch wenn wir im Jahr 2021 aufgrund der erst im April zu erwartenden Beschlussfassung eines gültigen Landeshaushalts in die vorläufige Haushaltsführung rutschen, muss der Freistaat Förderbewilligungen für Vereine, Verbände und Initiativen trotzdem rechtzeitig ausreichen.
Es ist wie immer: Wer hat, behält und bekommt sogar mehr und diejenigen, die nur wenig besitzen, zahlen die Zeche. Aktuelle Studien zeigen, dass die Vermögensschere in Deutschland unaufhörlich auseinandergeht, trotz oder wegen Corona? Während normale Bürger*innen um ihren Job bangen oder seit Monaten in Kurzarbeit sind und mit steigenden Preisen kämpfen, schöpfen Quandt und Co. weiterhin fleißig Rendite aus Unternehmen ab, die auf der anderen Seite staatliche Förderung in Anspruch nehmen.
Unsere Forderung: Die Rückzahlung der Corona-Schulden muss durch eine mehrjährige Lastenausgleichszahlung aus großen Vermögen finanziert werden. Wir wollen den Staat auf eine breitere und gerechtere finanzielle Grundlage stellen, indem große Einkommen und insbesondere Vermögen wieder stärker belastet werden. Im Gegenzug sind kleine und mittlere Einkommen zu entlasten.
3. Beschäftigte, Unternehmen und Arbeitslosigkeit in Sachsen
Die Corona-Pandemie hat tiefgreifende und wenigstens mittelfristig andauernde ökonomische Auswirkungen. Es zeichnet sich ab, dass nicht nur in Sachsen bzw. Deutschland, sondern weltweit eine wirtschaftliche, soziale und politische Großkrise begonnen hat, deren Talsohle des wirtschaftlichen Niedergangs sich noch nicht abzeichnet. Die Prognosen über den Einbruch des BIP stimmen darin überein, dass dieser deutlich über das hinausgeht, was vor einem Jahrzehnt in der weltweiten Finanzkrise stattgefunden hat, und dass ein kurz- bzw. mittelfristiger Anstieg auf Vorkrisenniveau nicht wahrscheinlich ist. Die Pandemie hat schonungslos die Schwächen des kapitalistischen Weltwirtschaftssystems aufgezeigt. Hierzu zählen insbesondere auch Menschen mit Behinderungen, die teilweise immer noch einer sehr restriktiven Arbeitsmarktpolitik und damit ebenso vielen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Der „klassenlose Arbeitsmarkt“ bleibt weitgehend weiterhin Utopie. DIE LINKE. Sachsen ist mit ihrer Politik diesen Vielen verpflichtet, unsere Vorschläge richten sich darauf, sicherzustellen, dass Lebensunterhalt und soziale Sicherheit gewährleistet sind. Darüber hinaus ist diese Krise für uns ein klares Argument dafür, den sozial-ökologisch-digitalen gesellschaftlichen Wandel voranzutreiben, dessen wichtigstes Thema die Art und Weise der Produktion des gesellschaftlichen Reichtums und dessen Verteilung ist.
Mit ihrem Antrag „Investitions- und Konjunkturprogramm jetzt – Folgen der Coronavirus-Pandemie für Beschäftigung und Wirtschaft rechtzeitig abwenden!“ ist DIE LINKE im Sächsischen Landtag dieser Aufgabe bereits inmitten der Krise gerecht geworden. In weitgehender Übereinstimmung mit den Forderungen des DGB Sachsen für ein sächsisches Konjunkturprogramm im Sinne der Beschäftigten bringen wir unsere Positionen in die gesellschaftliche Debatte ein. Deutlich über den bisherigen Rahmen unserer wirtschaftspolitischen Ansätze hinaus geht der Vorschlag zur Gründung einer Landesgesellschaft zur Beteiligung an Unternehmen. Damit soll der Freistaat nicht nur Fördermittel ausreichen, sondern durch die Beteiligung am Unternehmenseigentum selbstverständlich auch am Gewinn beteiligt sein.
Die Entwicklung einer sächsischen Industriestrategie für den sozial-ökologisch-digitalen Wandel ist unter dem Eindruck der aktuellen Krise dringend erforderlich. Ebenso ist es notwendig, die Arbeit der gemeinnützigen Vereine, Verbände und Initiativen dauerhaft sicherzustellen, die nicht nur Wesentliches für den gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten, sondern auch Arbeitgeber für zahlreiche Menschen in Sachsen sind.
Bei absehbarer Fortdauer der Wirtschaftskrise steht DIE LINKE. Sachsen für eine aktive Arbeitsmarktpolitik.
4. Soziale Sicherheit als Grundlage eines guten Lebens
Soziale Sicherheit bedeutet für uns den Schutz vor Armut. Aktuell erleben wir, wie eine Pandemie Menschen in ihrer wirtschaftlichen Existenz in ungeahntem Ausmaß bedroht. Einem weiteren Abbau des Sozialstaates ist daher eine klare Absage zu erteilen, ebenso dem Erhalt des Status Quo. Waren bislang vor allem Menschen von Armut betroffen, die Sozialleistungen beziehen, trifft es jetzt auch zunehmend Menschen, die sich in Erwerbsarbeit befinden und aufgrund von Corona Einkommensverluste auf Grund von Kurzarbeit oder wegen der Betreuung der Kinder zu Hause hinnehmen müssen. Es wird mit weiteren Entlassungen zu rechnen sein – deshalb steht uns die vermeintlich durch Corona verursachte Krise erst noch bevor.
Unsere Forderung lautet daher, Hartz IV abzuschaffen und durch eine sanktionsfreie, existenzsichernde Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro zu ersetzen. Darüber hinaus muss für alle behinderten Menschen, die auf Assistenz und Unterstützungsleistungen angewiesen sind, zwingend gewährleistet sein, diese anrechnungsfrei und unverzüglich zu bekommen. Auf dem Weg dahin sind alle Sanktionen abzuschaffen und der Regelsatz auf ein existenzsicherndes Niveau anzuheben. Der Bezug von Arbeitslosengeld I muss insgesamt wieder ausgedehnt werden und soll altersabhängig auf mindestens 36 Monate angehoben werden.
Für Studierende und Auszubildende fordern wir gebührenfreie Ausbildung und eine Grundsicherungsleistung in Höhe von 1.050 Euro. Für jedes Kind schlagen wir ein Kindergeld in Höhe von 328 Euro vor, einkommensunabhängig. Zudem sollen Eltern mit niedrigen Einkommen oder die auf Sozialleistungen angewiesen sind, weitere Zuschläge erhalten, um Kindern ein sorgenfreies und unbeschwertes Aufwachsen zu ermöglichen. Auf Landesebene wollen wir eine auf Sozialleistungen nicht anrechenbare Übergangsvariante in Form eines Landeskindergeldes finden.
Langfristig sollen in die Rentenversicherung alle Erwerbseinkommen eingehen, auch die von Selbstständigen, Beamt*innen und Politiker*innen, um das Rentenniveau nachhaltig zu erhöhen. Beitragsbemessungsgrenzen sollen der Vergangenheit angehören. Zusätzlich wollen wir eine armutsfeste Grundrente in Höhe von mindestens 1.200 Euro.
Zudem bedarf es einer auskömmlichen Finanzierung von Kommunen und Hilfsinstitutionen, um Betroffene und Bedrohte von Wohnungslosigkeit besser zu unterstützen. Mietrückstände dürfen nicht zur Kündigung von Mietverhältnissen oder zur Verschuldung von Betroffenen führen. Auch hier ist der Sozialstaat gefragt und in der Pflicht, zumindest Betriebskostenausfälle den Vermieter*innen zu ersetzen. Kaltmieten können, bei Feststellung der Bedürftigkeit des Vermieters bzw. der Vermieterin, ebenfalls übernommen werden.
Zur Refinanzierung eines solchen Sozialstaats ist der Spitzensteuersatz wieder anzuheben und auf alle Einkommen zu berechnen. Zudem muss die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden. Der Freibetrag für die Erbschaftssteuer soll zukünftig 50.000 Euro betragen und gilt ebenso in dieser Höhe für Betriebsvermögen. Zudem brauchen wir in Deutschland eine Finanztransaktionssteuer, um Kapitalerträge und Spekulationen zu regulieren.
Auch wenn Corona gezeigt hat, wie leicht Menschen in Armut geraten können, so ist die Pandemie nicht allein Auslöser von Armut. DIE LINKE weiß, dass soziale Sicherheit in einem kapitalistischen System dauerhaft nicht möglich ist. Druck und Existenzangst sind im Kapitalismus allgegenwärtig. Um diesen Druck aus der Gesellschaft zu nehmen, müssen wir letztlich die Systemfrage stellen.
5. Gesundheit als öffentliches Gut im Freistaat
Die Corona-Pandemie macht sehr deutlich, dass die Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitswesens in den letzten Jahren ein potentiell lebensgefährlicher Irrweg gewesen ist. Corona hat zudem gezeigt, wie selektiv und behindertenfeindlich das derzeit aktuelle Gesundheitssystem ist. DIE LINKE fordert ein Gesundheitssystem mit entsprechenden Ressourcen, welches dem Bedarf aller Menschen gerecht wird. Zu dieser eigentlich offenkundigen Einsicht scheinen aber noch längst nicht alle gekommen zu sein, insbesondere nicht die Sächsische Union und ihr Ministerpräsident. So äußerte Michael Kretschmer auf der Versammlung der Sächsischen Landesärztekammer Mitte Juni, dass er kein kommunales Krankenhaus kenne, das Gewinn abwerfe, um sogleich die Schließung von Krankenhausstandorten ins Spiel zu bringen. Was könnte die Halsstarrigkeit und Unbelehrbarkeit der seit nunmehr 30 Jahren herrschenden CDU besser zeigen als diese Äußerung?
DIE LINKE. Sachsen, als einzige demokratische und soziale Opposition im Freistaat, entgegnet dem unmissverständlich: Gesundheit ist keine Ware! Gesundheit muss sich nicht „rechnen“, sie ist ein unveräußerliches Recht eines jeden Menschen! Das gleiche gilt für den Zugang zu einer bestmöglichen Gesundheitsversorgung: Wir kämpfen dafür, die Krankenhausstandorte in Sachsen zu erhalten. Sollten Schließungen oder Zusammenlegungen von Standorten unumgänglich sein, dann muss eine wohnortnahe Grundversorgung bestehen bleiben und die Anfahrtswege zu Fachbehandlungen müssen zumutbar sein. Wir setzen uns für eine am Bedarf statt an der Rendite orientierte Krankenhausplanung ein und wollen Krankenhäuser, wo möglich, rekommunalisieren. Zur wohnortnahen medizinischen Grundversorgung wollen wir ebenso ein flächendeckendes Netz von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) etablieren, das den v. a. im ländlichen Raum herrschenden Mangel an niedergelassenen Allgemeinärzt*innen entgegenwirkt. Schließlich muss auch die Produktion essentiell notwendiger Medikamente wieder möglichst nah vor Ort angesiedelt werden, denn auch hier ist die neoliberale Globalisierung an ihre Grenzen geraten und in der Pandemie gescheitert. Der Markt regelt eben nicht alles, insbesondere dann nicht, wenn es sich nicht rentiert oder der freie Verkehr von Waren, Dienstleistungen und Arbeitskräften durch unvorhergesehene, krisenhafte Ereignisse eingeschränkt wird. Wer das nicht erkennen will, riskiert im Ernstfall Menschenleben!
In eben einem solchen Ernstfall hat der in der Vergangenheit bis an die Leistungsgrenze zusammengesparte öffentliche Gesundheitsdienst Großartiges geleistet. Er muss in Zukunft wieder gestärkt und ausgebaut werden. Als Dank gebührt seinen Mitarbeiter*innen nicht nur ein warmer Händedruck, sondern eine bessere Bezahlung, die sich an den in Kliniken gezahlten Tarifen orientiert.
Dasselbe gilt für die Beschäftigten in der Pflege, wo sich die schlechten Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen am krassesten ausprägen. Sie brauchen eine bessere Bezahlung, kürzere Arbeitszeiten, mehr Kolleg*innen sowie eine Entlastung von ausufernder Bürokratie. Dabei dürfen die pflegenden Angehörigen nicht vergessen werden. Sie müssen, ähnlich wie bei der Elternzeit, Lohnersatzleistungen und einen rechtlichen Anspruch auf einen Wiedereinstieg in ihre alte (Vollzeit-) Beschäftigung bekommen. Zudem müssen sie auch in der Zeit, in der sie sich um ihre pflegebedürftigen Angehörigen kümmern, Rentenansprüche erwerben können.
Zu guter Letzt setzen wir uns dafür ein, dass das deutsche Gesundheitssystem auf eine breitere finanzielle Grundlage gestellt wird. Die Zeiten kapitalgedeckter Vorsorge und Versicherungen sind angesichts der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise gezählt. Es braucht eine solidarische Gesundheitsversicherung, in die alle einzahlen – auch Selbstständige, Freiberufler*innen und Abgeordnete. Außerdem soll die Pflegeversicherung von einer Teil- zu einer Vollversicherung erweitert werden. Als erste Schritte auf diesem Weg wollen wir eine Krankenversicherungspflicht für Selbstständige, Freiberufler*innen und Abgeordnete einführen, die unsozialen Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen sowie die Eigenanteile für die Unterbringung in stationären Pflegeeinrichtungen deckeln.
6. Absturz des Bildungssystems, der Kultur und des Sports in Sachsen verhindern
Mehr als deutlich gemacht hat die Corona-Pandemie die Bildungsungerechtigkeit in unserem Bildungssystem. DIE LINKE wird sich auch weiterhin dafür einsetzen, dass jeder Mensch – unabhängig von Alter, Herkunft, sozialem Status, Geschlecht, Behinderung, Lernschwierigkeit oder geistiger Verfasstheit – das Recht auf Bildung wahrnehmen kann. Für die Inklusion in der Bildung müssen deutlich mehr Mittel bereitgestellt werden.
Kita und Schule: Bereits in der frühkindlichen Bildung zeigen die Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie die fehlende Prioritätensetzung der Staatsregierung. So fragt man sich einmal mehr, warum Erzieher*innen sich nicht wie bspw. Lehrer*innen freiwillig, kostenfrei und regelmäßig auf das Virus testen lassen können. Das kann fatale Folgen haben.
Laut PISA und dem Bildungsbericht 2020 hängt der Bildungserfolg der Kinder immer noch stark vom Einkommen und sozialen Status der Eltern ab. Damit haben Kinder von gutverdienenden Eltern weitaus höhere Chancen auf ein Abitur und damit auch auf einen Studienabschluss. Wir fordern deshalb die Ungerechtigkeiten beim Zugang zu Bildung auf allen Ebenen abzuschaffen: nicht nur beim Schulstart, sondern prinzipiell und konsequent in allen bildungspolitischen Prozessen. Wir setzten uns weiterhin für ein inklusives Bildungssystem auch im digitalen Raum ein. Die Corona-Pandemie hat gezeigt: gemeinsames Lernen ob digital, oder vor Ort in der Schule ist möglich und fördert die sozialen Kompetenzen und die Eigenwahrnehmung der Schüler*innen. In den skandinavischen Ländern ist der Kampf gegen Bildungsungerechtigkeiten schon wesentlich erfolgreicher. Das geht bei der kostenfreien Kita los bis hin zu den häufig deutlich besser und moderner ausgestatteten Schulen.
Die letzten Monate haben mehr als deutlich gezeigt, dass die digitale Ausstattung der Schulen und damit auch der Schüler*innen eine Katastrophe ist. Der Unterricht zu Hause wurde für viele Familien zu einer Tortur. Insbesondere Kinder aus benachteiligten Elternhäusern mussten darunter leiden. Wir fordern daher, dass auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit allen Beteiligten, sowohl Schüler*innen als auch Lehrkräften, ein Tablet oder Laptop zur Verfügung gestellt wird. Digitalisierung macht keine Pause. Schon allein deshalb muss Schule sich dahingehend verändern. Finnland macht es vor. Hier besitzen alle, egal ob Schüler*innen oder Lehrkräfte, ein solches digitales Endgerät.
Die Digitalisierung darf jedoch nicht alleiniges Mittel zum Zweck sein. Sie ist nur dort sinnvoll, wo sie Zugang zu Bildung ermöglicht und Bildungsangebote bereichert. Benachteiligung darf nicht durch digitale Angebote verschärft werden. Denn neben der fehlenden digitalen Ausstattung hat die Pandemie gezeigt, dass es eben auch darauf ankommt, die individuellen Fertigkeiten und Interessen der Kinder zu befördern. Dies gelingt vor allem durch den Ausbau von Ganztagsangeboten, die schnelle Umsetzung des längeren gemeinsamen Lernens und überhaupt braucht es für alle endlich angemessene Bildungsmöglichkeiten, ob im digitalen Raum oder im Gruppen- bzw. Klassenzimmer.
Hochschulen: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass Studierende an den sächsischen Hochschulen endlich finanzielle Sicherheit brauchen. Diejenigen, die keinen oder nur geringen Anspruch auf BAföG haben und während der Corona-Pandemie ihren Nebenjob verloren haben, sind in eine Situation geraten, in der sie nicht wissen, wie sie ihre Miete, Strom, Internet oder den Semesterbeitrag bezahlen sollen. Dies betrifft vor allem auch Studierende mit einer körperlichen Behinderung, Menschen mit Lernschwierigkeiten oder psychischen Beeinträchtigung. Dafür muss es unbedingte und unbürokratische Unterstützung vom Staat geben. Aber nicht nur Pandemien können Studierende in eine Notlage zwingen, deshalb muss das BAföG grundsätzlich reformiert werden.
Des Weiteren müssen die sächsischen Hochschulen dafür sorgen, dass Studienverläufe flexibel gestaltet werden können und niemandem Nachteile aus einer Krisensituation entstehen. Dafür braucht es klare Regelungen.
Beispielsweise muss die Regelstudienzeit endlich abgeschafft werden. Diese sollte eigentlich den Studierenden Sicherheit geben. Die Sicherheit, dass ein Studium in einer bestimmten Zeit abgeschlossen werden kann. Zurzeit dient die Regelstudienzeit dafür Studierende zu einem möglichst schnellen Studienabschluss zu drängen. Jedoch gibt es während eines Studiums immer unvorhersehbare Einschnitte: die Geburt eines Kindes, die Pflege von Angehörigen, persönliche Krisen oder eben auch eine Pandemie. Dafür müssen die Hochschulen immer flexible Lösungen anbieten können.
Für die Mitarbeiter*innen (ob wissenschaftliche, künstlerische oder technische) an den Hochschulen müssen sichere und gute Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Diese Beschäftigten brauchen Planungssicherheit. Seit Jahren kritisieren wir die prekären Beschäftigungsverhältnisse. Die Corona-Krise zeigt nun mehr als deutlich, wie dramatisch die Situation ist.
Für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen beispielsweise bedeutete die Corona-Krise, dass innerhalb von drei Wochen vor Beginn des neuen Semesters die Modulplanung komplett umgestaltet werden musste. Da das Semester ausschließlich digital stattfinden konnte, war es notwendig, jede Vorlesung, jedes Seminar, jedes Tutorium auf die neuen Gegebenheiten anzupassen. Zusätzlich zur Verlagerung der Lehre in den digitalen Raum bzw. ins eigene Wohnzimmer, mussten viele auch Kinder betreuen, Angehörige pflegen, nebenbei noch an der Promotion weiterarbeiten und auch selbst mit der Situation fertig werden. Das ist zeitintensiv und anstrengend. Dafür muss es Erleichterungen geben wie z. B. die Reduzierung des Lehrdeputats. Denn nicht zuletzt wirkt sich die Mehrbelastung auch auf die Gesundheit der Mitarbeiter*innen aus. Forschende und Lehrende stehen durch die coronabedingten Einschränkungen zusätzlich unter Druck. Für die Betroffenen, wie z.B. die Promovierenden, müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Nachteile auszugleichen. Beispielsweise sollten Stipendien sowie befristete Arbeitsverträge unkompliziert verlängert werden.
Fort- und Weiterbildung: Auch im Bereich der Fort- und Weiterbildung müssen neue und vor allem flexiblere Lösungen her. Um den Ansprüchen, die die Digitalisierung an alle Lebensbereiche stellt, gerecht zu werden, müssen Bildungsangebote für Jung und Alt zur Verfügung stehen. Und auch Menschen, die sich aufgrund der Corona-Pandemie umorientieren müssen, brauchen entsprechende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Für den Bildungsbereich von der Kita bis zur Hochschule bedarf es klarer Regularien für den Umgang mit Online-Angeboten. Dazu gehören klare verbindliche Regelungen der Arbeitsbedingungen sowie die entsprechende Qualifizierung für den Einsatz von digitalen Lehrmitteln von der Kita bis zur Hochschule. Fragen wie: „Welche Rechte und Pflichten haben die Beteiligten“ und „Wie werden Datenschutz und der Schutz der Persönlichkeit gewährleistet“ müssen für alle verbindlich beantwortet werden.
Kultur: Zur Sicherstellung einer angemessenen sozialen Absicherung der von den Auswirkungen der Corona-Krise besonderes stark betroffenen Soloselbständigen und Kleinunternehmer*innen – die insbesondere im Bereich der Kunst und Kultur, der Bildung und Fortbildung, der sozialen, psychologischen oder pädagogischen Betreuung und Begleitung von Menschen oder der Versorgung mit Dienstleistungen im Bereich Gastronomie, Freizeit, Beherbergung und Tourismus tätig sind – müssen schnellstmöglich die erforderlichen Vorkehrungen und Maßnahmen veranlasst werden, damit endlich ein aus Mitteln des Staatshaushaltes zu finanzierendes Grundeinkommen in Höhe von 1.050 Euro monatlich eingeführt wird.
Die notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise haben viele Menschen in den Ruin getrieben. Ziel der Politik in Sachsen muss es sein, die Menschen auch in dieser Zeit wirksam vor Armut zu schützen. Die bisherigen Fördermaßnahmen und ‑programme sind unzureichend und lückenhaft. Daneben gibt es einen Personenkreis, der bisher kaum Unterstützung erfahren hat, obwohl er von der Krise massiv betroffen ist – die Soloselbstständigen und Kleinunternehmer*innen insbesondere im Bereich von Kunst und Kultur, die Kreativen und Künstler*innen. Das Grundeinkommen soll daher an alle Soloselbständigen und Kleinunternehmer*innen unbürokratisch geleistet werden, solange deren wirtschaftliche Tätigkeit infolge der coronabedingten behördlichen Maßnahmen soweit eingeschränkt ist, dass sie ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können (Soloselbständigen-Grundeinkommen-Sachsen).
Sport: Die Corona-Pandemie hat das sportliche Leben in Sachsen zeitweise gänzlich zum Erliegen gebracht. Mit Vereinen, die von der Krise stark betroffen sind, muss es einen solidarischen Umgang geben, beispielsweise durch die Möglichkeit, auch auf coronabedingte Darlehen und Soforthilfen zurückgreifen zu können, mit der Option im Anschluss an die Krise oder zum Datum der Antragstellung noch Mitglied im Landessportbund zu werden. Der Staat ist verpflichtet, die Soforthilfe und Darlehenstöpfe gänzlich zum Erhalt der vielseitigen Sportlandschaft auszuschöpfen. Im Zweifel müssen finanzielle Mittel zum Ausgleich oder zur Subventionierung von ausbleibenden Mitgliederbeiträgen nutzbar gemacht werden.
Vor allem kleine Vereine trifft die Pandemie besonders hart. Der Rote Stern Leipzig 99 e.V. beispielsweise sieht sich nicht nur als sportlichen Verein, sondern zählt gerade auch die aktive Jugendarbeit zu seinen Hauptaufgaben. Beteiligung und Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen darf durch die außerordentliche Pandemie-Situation nicht gefährdet werden. Hierfür muss es staatliche Unterstützung geben.
Im Schuljahr 2019/2020 ist eine nicht kompensierte Menge an Unterricht entfallen. Das betrifft auch den Bereich des Sport- und Schwimmunterrichts. An dieser Stelle fordern wir die Staatsregierung auf, zusammen mit den relevanten Akteur*innen (Bädergesellschaft, Anbieter*innen von Schwimmkursen, Schwimmabteilungen der Sportvereine, DLRG, Wasserwacht, Kitas, Schulen) ein Konzept auf der Grundlage aller zur Verfügung stehenden Daten zu entwickeln, mit dem alle Kinder in Sachsen Angebote erhalten, um frühestmöglich sicheres Schwimmen zu erlernen.
7. Die Handlungsfähigkeit der Städte, Gemeinden und Landkreise in Sachsen verteidigen!
Die Auswirkungen der COVID19-Pandemie verdeutlichten die von uns immer wieder kritisierte finanzielle Ausstattung der sächsischen Kommunen. Die kaum noch vorhandene kommunale Selbstverwaltung, die Einschränkungen durch indirekte und direkte Regulierungen, Förderkriterien oder Verordnungen der letzten 30 Jahre konservativ geprägter Landespolitik führen dazu, dass die Kommunen in Krisensituationen weder vorbereitet noch infrastrukturell gut aufgestellt sind. Wir müssen umsteuern, und zwar sofort.
Die milliardenschweren Hilfsprogramme erwecken einen anderen Eindruck, aber die Verlierer*innen werden die Landkreise, Städte und Gemeinden sein. Die angestrebte Lastenteilung von 50/50 vernachlässigt, dass die breiteren Schultern die des Freistaates sind. Der Ausgleich von Steuerausfällen berücksichtigt nicht die Folgekosten der Pandemiemaßnahmen, die Sonderausgaben und die wegfallenden Einnahmen. Die Aufnahme von Schulden verlagert das Problem in die Zukunft und wird in den Folgejahren zu erheblichen finanztechnischen Auswirkungen führen.
Kommt es nicht zu einer von der Partei DIE LINKE stets geforderten, signifikanten Veränderung der Finanzbeziehungen zwischen einerseits den Landkreisen und den kreisangehörigen Gemeinden und anderseits zwischen den Kommunen und dem Freistaat Sachsen und einer neuen Rechtsstellung der sogenannten freiwilligen Leistungen werden wir – neben dem durch die Pandemiezeit verursachten Sterben zivilgesellschaftlicher Angebote – einen weiteren Kahlschlag durch finanzielles Austrocknen erleben.
Kostensteigerungen bei Gebühren, Hebesätzen, Entgelten und die Kürzung von Leistungen, vorrangig in den Bereichen Kinder- und Jugendarbeit, Kultur und Sport, werden das Leben nachhaltig verändern. Von lebenswerten Kommunen kann dann keine Rede mehr sein.
Die von der CDU geführte Regierung ist weder in der Lage noch hat sie den Willen umzusteuern und jetzt mehr Verantwortung und mehr finanziellen Spielraum in die Kommunen zu geben. Wer vermeiden will, dass auf die reale Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Ruf nach völkisch-nationalistischen Populisten folgt, der muss verhindern, dass es zu einer realen Verschlechterung der Lebensverhältnisse kommt. Der Status Quo steht als geringste Forderung, wobei gerade jetzt in neue zivilgesellschaftliche Angebote und Infrastrukturen investiert werden muss.
DIE LINKE steht für ein neues Modell der Finanzbeziehungen zwischen Freistaat und seinen Kommunen. Doch die Entscheidungen müssen vor Ort fallen, wo die Menschen leben und die dafür benötigten finanziellen Möglichkeiten geschaffen werden. Es darf in den Kommunen nicht mehr nur darum gehen, welche Förderprogramme aktuell abrufbar sind, vielmehr müssen die Bedürfnisse der Menschen, die dort leben, im Vordergrund stehen.
- Neujustierung sogenannter „freiwilliger Leistungen“ oder nicht weisungsgebundener Pflichtaufgaben
- das Ende der Abhängigkeit von Gewerbesteuerschwankungen
- Einführung von Bürger*innenhaushalten und die finanzielle und rechtliche Absicherung von Entscheidungen der Bürger*innenbeteiligung
Wir stehen für die Stärkung des öffentlichen Eigentums, um besonders in Notsituationen wie den jetzigen nicht darüber nachdenken zu müssen, ob Mieter*innen in ihren Wohnungen verbleiben dürfen oder ob der Strom weiter fließt, auch wenn kein Geld für die Rechnung aufgrund von Kurzarbeit oder Entlassung vorhanden ist! Die über die Jahre generierten Gewinne dürfen lediglich reinvestiert oder für gesellschaftliche Zwecke verwendet werden. Warum soll eine Stadt nicht durch eigene Wirtschaftsunternehmen Gelder eintreiben, die sie für Kultur und Sport, Kinder und Jugend sowie Inklusionspolitik verwenden kann? Wir wollen gesellschaftliche Gewinne der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, anstatt Aktionären hinterherzuwerfen.
- Förderung wirtschaftlicher Aktivitäten der Kommunen z.B. Stadtgut, Stadtwald
Wir wollen einen ticket- und barrierefreien ÖPNV ohne individuelles Beförderungsentgelt. Wir wollen die Anbindung des ländlichen Raumes unabhängig vom Schüler*innenverkehr an die regionalen Zentren mit Verbindungen, die eine sinnvolle Nutzung ermöglichen. Wir wollen eine Versorgungsinfrastruktur im ländlichen Raum auch für Güter des täglichen Bedarfs, da die grundlegende Versorgung nicht von der Verfügbarkeit einer individuellen Motorisierung abhängen darf.
- Dorfladen
- Märkte
8. Die Demokratie in Sachsen krisenfest machen
Die Möglichkeiten und Methoden der Beteiligung der Bürger*innen an politischen Entscheidungsprozessen müssen gestärkt werden. Parlamente und politische Entscheidungsträger*innen müssen befähigt werden, mit zeitgemäßen Mitteln und Methoden ihre Arbeit auch unter Bedingungen wie der Corona-Pandemie uneingeschränkt fortsetzen zu können. Die Nutzung vorhandener und die Entwicklung neuer, rechtssicherer Techniken parlamentarischer Arbeit auf digitaler Grundlage sollte vorangetrieben werden und auch außerhalb von Krisen zum alltäglichen Meinungs- und Entscheidungsprozess beitragen.
Die Corona-Pandemie hatte zur Folge, dass innerhalb kurzer Zeit schnelle politische Entscheidungen getroffen werden mussten. Für einen kurzen Zeitraum ist der Vorzug exekutiven Handelns vor der unmittelbaren Beteiligung der Bürger*innen krisenbedingt hinnehmbar. Die damit verbundenen Maßnahmen hielten wir auch für angemessen. Dennoch sollte diese Möglichkeit die Ausnahme und nicht die Regel in Krisenzeiten sein. Denn solche Verfahren stehen grundsätzlich im Widerspruch sowohl zum Grundgesetz als auch zu linker Politik. Daher verteidigen wir die Grundrechte gegen jede dauerhafte Einschränkung und stehen für die ständige Überprüfung der Verhältnismäßigkeit.
Für eine inklusive Beteiligung an politischen Entscheidungen müssen Bürger*innen endlich als gleichrangige Kooperationspartner*innen angesehen werden. DIE LINKE tritt dafür ein, Menschen mit Behinderung an gesellschaftlichen Prozessen aktiv und in einer ebenso respekt- wie würdevollen Atmosphäre teilhaben zu lassen, indem sie ihre Anliegen und Forderungen aufnimmt und in politische Prozesse umzusetzen beginnt, und sie als voll gleichberechtigte Partner daran beteiligen lässt auf allen Ebenen.
Estland kann als Vorbild dienen, wenn es um die Zugänglichkeit zu politischen Entwicklungen für Bürger*innen geht. Dazu gehören beispielsweise: Eine gesetzlich geregelte Garantie für kostenlosen Zugang zum Internet, eine papierlose Regierung, die Möglichkeit Entscheidungsprozesse in Echtzeit zu verfolgen, 99% der staatlichen Dienstleistungen sind online verfügbar. Wichtige Voraussetzungen sind das Vertrauen der Bürger*innen in die elektronischen Angebote und Lösungen sowie die Möglichkeit aktiver Beteiligung.
Um die Chancen der Krise zu nutzen und die Mitwirkung der Bürger*innen auch in Sachsen nachhaltig zu stärken, wäre die Ermöglichung von digitalen Bürger*innenentscheiden auf kommunaler sowie auf Landesebene ein erster wichtiger Schritt. Alle digitalen Bürger*innenentscheide usw. müssen selbstverständlich barrierefrei lesbar sein. Durch eine Novellierung des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes müssen die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigten gestärkt werden.
9. Den patriarchalen Rollback verhindern
Die Erzählung der „alle gleichmachenden Pandemie“ ist ein gefährlicher Trugschluss. Ganz im Gegenteil: Besonders die anhaltende Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern hat sich massiv verschärft. Corona ist mehrheitlich für Frauen* zu einer Krise mit existenziellen Folgen geworden. Auch wenn die oft angesprochenen „Helden des Alltags“ zum größten Teil Frauen* sind, auch wenn wir ohne sie die Krise nicht so hätten bewältigen können, auch wenn Frauen* vermehrt in den Berufen arbeiten, die für die Aufrechterhaltung der Gesellschaft unabdingbar sind, zählen sie nun zu den großen Verlierer*innen der Krise.
Die Corona-Pandemie ist wie ein Brennglas für Probleme in unserer Gesellschaft, viel deutlicher als je zuvor treten bestehende Verhältnisse der Ungleichheit zutage und offenbaren uns die sozialen Schieflagen in unserer Gesellschaft.
Frauen* tragen in Zeiten geschlossener Schulen und Kindertagesstätten die Hauptlast. Etwa 27 % der Frauen* mit mindestens einem Kind unter 14 Jahren haben ihre Arbeitszeit reduziert, um die Betreuung der Kinder zu gewährleisten. Dagegen stehen bei den Männern* gerade mal 16 %.
In Haushalten mit mittlerem und geringem Einkommen vergrößert sich dieser Abstand noch weiter.[1] Die bereits existierende Lohnlücke zwischen den Geschlechtern wird somit immer weiter auseinanderklaffen und eine kaum überwindbare Größe erreichen, wenn wir hier nicht mit aller Kraft gegensteuern. In der Ungewissheit über den ökonomischen Verlauf der Krise versteckt sich auch die Gefahr einer erschwerten Rückkehr in die ursprüngliche Arbeitszeit und damit auch langfristig drastische Einschnitte in das Einkommen vieler Frauen*.
Mit Beginn des Stillstandes waren und sind es also vor allem Frauen*, die zuhause bleiben, die Betreuung der Kinder organisieren und unbezahlte und ungesehene Care-Arbeit verrichten. Care-Arbeit muss endlich als das angesehen werden was sie ist: als Arbeit, die unsere Gesellschaft im Kern zusammenhält.
Tatort: Trautes Heim. Nicht für alle Menschen ist das Zuhause ein Rückzugsort oder ein Ort der Geborgenheit.
Erste Studien belegen, dass Frauen* und Kinder in der Zeit der Kontaktbeschränkungen vermehrt Opfer häuslicher Gewalt wurden.[2] Neben körperlicher und sexualisierter Gewalt zählen dazu aber auch Bedrohungen oder die Kontrolle sozialer Kontakte über digitale Medien. Mit dieser Kontrolle und Überwachung, dem Zusammenleben auf engstem Raum, ist es Frauen* nahezu unmöglich, Beratungsangebote zu nutzen – die Vorstellung ist unerträglich und dennoch traurige Realität.
Die Bewältigung der Corona-Pandemie geht mit einer Re-Traditionalisierung und einem patriarchalen Rollback einher, die die hart erkämpften gleichstellungspolitischen Fortschritte der letzten Jahre innerhalb weniger Wochen zunichtemachen. Das müssen wir aufhalten und verhindern! Bereits marginalisierte Menschen sind auch während und nach der Krise besonders bedroht und schutzbedürftig. Das betrifft auch Migrant*innen und Geflüchtete, LGBTIQA* Personen, Wohnungslose, People of Colour, Sexarbeiter*innen und be_hinderte Menschen.
Um diesen Zustand der strukturellen Ungleichheit zu beenden, ist es an der Zeit, den Anspruch der Geschlechtergleichheit endlich zu erfüllen und sowohl den Arbeitsmarkt als auch den Arbeitsbegriff neu zu denken. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage, ein modernes Sächsisches Gleichstellungsgesetz, das seinen Namen auch verdient. Gerade der Sektor des Öffentlichen Dienstes, auf den die Politik unmittelbar Einfluss ausüben kann, muss so zu einem Beispiel für eine gerechte Arbeitswelt werden, indem er Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Chancengerechtigkeit bei Aufstiegschancen, echte Anerkennung von Care-Arbeit, neue Modelle für Elternzeit und Elterngeld, flexible Arbeitszeitgestaltung zugunsten der Familie und Teilzeitarbeit bei garantierter Rückkehroption zu Vollzeit erprobt und zum Maßstab für den gesamten Arbeitsmarkt etabliert. Auf die freie Wirtschaft muss zumindest mit Vergabekriterien Einfluss genommen werden. Es braucht eine Aufwertung von Pflegeberufen – nicht nur durch anerkennende Worte und Applaus, sondern durch konkrete finanzielle Besserstellung und verbindliche flächendeckende Tarifverträge. Maßnahmen zur Verkleinerung der Lohnlücke zwischen Männern* und Frauen* müssen im Arbeitsministerium zur Chef*innensache werden. Förderprogramme, gerade zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie, müssen kritisch daraufhin überprüft werden, ob sie strukturell alle Geschlechter gleichermaßen berücksichtigen (Gender-Budgeting). Und nicht zuletzt müssen die Vereine, Projekte und Initiativen, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter einsetzen, aber auch ganz konkret die Beratungslandschaft für geschlechterspezifische Problemlagen bilden, finanziell abgesichert werden. Ohne Frauen* und ihre (oft unbezahlte) Arbeit wäre die Krise nicht zu meistern gewesen, trotzdem sind sie nun härter und nachhaltiger von den Folgen betroffen – jetzt den Rotstift bei der Vereinslandschaft anzusetzen, wäre nichts anderes als zynisch.
Und dennoch: Das Erreichen von „Gleichstellung“ kann nur die geringste Forderung sein.
Es ist eben nicht unser Ziel, Menschen an ein System anzugleichen, das in seinen Grundzügen fehlerhaft ist. Vielmehr ist es notwendig, bestehende neoliberale Strukturen und den Kapitalismus, welcher sich auf Unterdrückung und Ausbeutung der Geschlechter stützt, zu durchbrechen. Patriarchale Strukturen müssen nachhaltig zerschlagen werden. Erst wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der jeder Mensch frei und selbstbestimmt leben kann, ist der Verfassungsgrundsatz der Gleichheit wirklich erfüllt.
Dafür braucht es eine emanzipatorische politische Praxis und feministische Lösungsansätze, die auch den geschlechtsspezifischen Dimensionen der Corona-Pandemie gerecht werden.
10. Die Herausforderung der Digitalisierung: vom Schlagwort zur Notwendigkeit
Während der Covid-19-Pandemie wurden Prozesse nachgeholt, die in anderen Teilen der Welt bereits längst zum Standard gehören. Dabei wurden aber auch Schwachstellen und Grenzen der Digitalisierung deutlich. Unzureichend ausgebaute Breitband-Infrastruktur oder fehlende Konzepte zum digitalen Lernen oder einer digitalen Verwaltung gehören ebenso dazu wie ein im Analogen verhaftetes Arbeitsrecht und eine Arbeitswelt, die Telearbeit lange als Ausnahmefall behandelt hat.
Was viele Soloselbständige seit Langem wissen: Home-Office ist keine verlängerte Familienzeit. Es gestaltet zwar die Arbeitszeiten flexibler, führt aber zu einer Entgrenzung von Arbeit und Freizeit und in der Summe zu längeren Arbeitszeiten. Noch dazu an Arbeitsplätzen, die oft nicht den Mindestanforderungen des Arbeitsschutzes entsprechen. Telearbeit heißt nicht einfach, dass man nicht mehr ins Büro muss, sondern dass die gesamte Arbeitsorganisation anders werden muss.
Die Tatsache, dass in Sachsen rund ein Viertel der abhängig Beschäftigten plötzlich im Home-Office waren, hat die Chancen und Grenzen wie unter einem Brennglas hervorgehoben. Es hat deutlich gemacht, wo Potentiale liegen und wo nicht. Gerade die in der Corona-Krise immer als systemrelevant bezeichneten Berufe, die menschennahe Dienstleistungen erbringen und oft durch prekäre Beschäftigungsverhältnisse geprägt sind, mussten sich als Präsenzberufe einem hohen Gesundheitsrisiko aussetzen. Da, wo Telearbeit funktioniert, entstehen dafür andere Fragen, beispielsweise wer eigentlich die Strom- und Kommunikationskosten zu zahlen hat.
Der Wegfall täglicher Arbeitswege hilft der Umwelt und spart Zeit. Hinzu kommt, digitale Austauschplattformen beschleunigen Prozesse deutlich, können aber gleichzeitig den sozialen Kontakt im Arbeitskollektiv nicht ersetzen. Der Home- oder Click-Worker ist oftmals Einzelkämpfer*in und nicht bewusstes Mitglied einer arbeitenden Klasse. Der Digitalisierungsschub hat auch andere Umbrüche beschleunigt. Während zahlreiche stationäre Einzelhändler*innen die Corona-Krise nicht überleben werden, ist der Marktanteil von Onlinehändler*innen sprunghaft gestiegen. Während immer mehr Kinos schließen, steigt der Umsatz von Streamingdiensten. Beides sind Beispiele für eine Verlagerung von Teilen des öffentlichen Lebens in den digitalen Raum, wodurch sich unsere Kommunen verändern und von dem hauptsächlich eine Handvoll internationaler Digitalkonzerne profitiert.
Grundsätzlich steht für uns die Frage im Vordergrund, wieviel Digitalisierung wir wollen, ab wann sie schädlich wird und was uns das persönliche Miteinander wert ist.
So praktisch es war, während der Covid-19-Pandemie über soziale Medien Kontakte halten zu können, so wirken diese Plattformen gerade in Krisenzeiten gleichzeitig als Brandbeschleuniger für Hetze und Verschwörungstheorien. Fehlende Medienkompetenz – auch eine Folge des unzureichend auf den digitalen Wandel eingestellten Bildungssystems – führt dazu, dass die absurdesten Inhalte kritiklos als vertrauenswürdig eingestuft und weiterverbreitet werden.
Es hat sich gezeigt, dass unser Bildungssystem auf die digitale Zukunft nicht vorbereitet ist. Fehlende technische Infrastruktur in Schulen, oder die Tatsache, dass sich nicht jede*r Schüler*in ein digitales Endgerät leisten kann, sind nur die Spitze des Eisberges.
Schulen und Bibliotheken müssen kurzfristig und flächendeckend mit Internet und bedarfsgerechter Technik ausgestattet werden. Es darf nicht nur darum gehen, sich mit Technik vertraut zu machen und ziellos alles zu digitalisieren. Um die nötigen IT- und Medienkompetenzen vermitteln zu können, müssen den Lehrkräften Angebote unterbreitet werden, die nicht nur während der eigenen Ausbildung, sondern auch im laufenden Schulbetrieb zur Verfügung stehen. Den Bildungseinrichtungen muss dafür zusätzliches IT-Fachpersonal bereitgestellt werden, dass das Lehrpersonal einerseits unterstützt und andererseits die digitale Infrastruktur administriert. Bestehende Lernplattformen müssen (inhaltlich) gleichsam frei zugänglich sein. Darüber hinaus sollten vom Kultusministerium zentrale Lehrmaterialien erstellt und auf diesen Plattformen veröffentlicht werden, um das Lehrpersonal zu entlasten. Lehrpläne können nur mit den Lernenden und nicht gegen die Lernenden erarbeitet werden. Nur so kann die eigentliche ausbildungstechnische Begleitung gewährleistet werden. Es gilt eine offene und transparente Bildung durch freie zugängliche Materialien, freie Lizenzen sowie Datenschutz und ‑sicherheit verstärkt in den Fokus zu rücken. Das fördert die Bildungsgerechtigkeit und ermöglicht ein barrierefreies Lernen.
Wir arbeiten darauf hin, dass das Prinzip der Barrierefreiheit jederzeit gilt, um damit allen Menschen die digitale Teilhabe zu ermöglichen. Neben der dringend nötigen Netzabdeckung und Internetverfügbarkeit, muss auch an inklusive Zugänge unabhängig vom Geldbeutel gedacht werden. Genauso ist es unumgänglich, alle digitalen Inhalte und öffentlichen Auftritte vollständig maschinenlesbar zu präsentieren. Nur so können Hilfsmittel wie Seitenformatierungen, Text-zu-Sprache Anwendungen oder Braillezeilen unproblematisch verwendet werden. Bibliotheken müssen dazu angehalten werden Druckerzeugnisse auch Digital vorrätig zu haben. Weiterhin ist zu beachten, wie die Online-Barrierefreiheit gerade bei den Dienstleistungen von Behörden oder Unternehmen sichergestellt werden kann. Bis jetzt sind private Unternehmen von verpflichtenden Barrierefreien Netzauftritten ausgenommen.
Neue Konzepte braucht es auch im staatlichen Bereich. Etliche Stadt- und Gemeinderäte und Kreistage sind derzeit nicht in der Lage, digital zu arbeiten und Verwaltungen sind vielerorts nicht auf digitale Abläufe vorbereitet. Umgekehrt muss die erstmals komplett digitale Bearbeitung der finanziellen Corona-Hilfen durch den Freistaat als gelungenes Beispiel für Bürokratieabbau gelten.
Auch nach dem erzwungenen Digitalisierungsschub ist vieles ungeklärt: der staatliche und private Umgang mit den neuerlich anfallenden Datenmengen, der mehr oder weniger blinde Verlass auf Plattformanbieter*innen beim Datenschutz oder die Frage, welche digitalen Dienstleistungen sinnvoll sind und welche uns als Gesellschaft schaden. Aber bei allen offenen Fragen steht fest: Die Digitalisierung wird immer weitere Bereiche der Gesellschaft erfassen. Sie ist dabei weder gut noch schlecht. Ob sie zum Wohle der Menschen ausgestaltet werden kann, daran muss sich linke Politik in Zukunft messen lassen.
Der Begriff »Digitalisierung« verkommt immer mehr zum übermäßig gebrauchten Schlagwort. Statt unbedachten Rufen nach mehr Technik und Automatisierung, wollen wir einen Grundstein für eine digitale Gesellschaft legen. Dieser Prozess ist kein Selbstläufer und kann nicht bloß auf die technische Umsetzbarkeit reduziert werden.
11. Corona und DIE LINKE – eine Partei vor neuen Herausforderungen
Unser Landesverband wurde von der Corona-Krise in einer Situation getroffen, in der wir an einer Vielzahl von Aufgaben in Folge des Landesparteitages gearbeitet haben. Die Arbeit an unseren Strukturen, an unserer Attraktivität für unsere Mitglieder oder an der Neuaufstellung unserer politischen Bildungsarbeit sind wesentliche Beispiele für Prozesse, die unterbrochen oder erschwert wurden. Einerseits haben wir im Land und in den Kreis- und Ortsverbänden sehr konsequent und zügig die Schlussfolgerungen aus der gesundheitsgefährdenden Situation gezogen. Die wichtigste Orientierung war für uns die Gesundheit unserer Mitglieder und unser Beitrag dazu, die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Dies haben wir auch in enger Zusammenarbeit mit unseren gesellschaftlichen Partner*innen getan, zum Beispiel bei der Gestaltung des 1. Mai mit den Gewerkschaften. Wir haben auch sehr schnell gelernt, die notwendigen politischen und organisatorischen Kommunikationen mit Online-Methoden zu bewältigen. Aber es gibt ausreichend viele Aufgaben, die auch der unmittelbaren Kommunikation bedürfen. Diese konnten wir, wie bspw. die Strukturdebatte, nicht in der geplanten Form bewältigen und sind deshalb mehrere Monate im Verzug.
Auch unsere politischen Vorhaben wurden ganz erheblich eingeschränkt. Die sehr gut vorbereiteten Aktionen gegen das NATO-Manöver Defender 2020, die wir gemeinsam mit mehreren Kreisverbänden, mit Landesweiten Zusammenschlüssen sowie in Zusammenarbeit mit der Bundes- und Landtagsfraktion vorbereitet haben und die einen Schwerpunkt unserer Aktivitäten in diesem Jahr bilden sollten, konnten nicht durchgeführt werden, ebenso das feierliche Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus. Dies ist insbesondere deshalb mehr als bedauerlich, da sehr viele Genoss*innen sehr viel Engagement in diese Arbeit gesteckt haben.
Aber es ist auch viel Positives in Folge der Krise zu verzeichnen. Die Digitalisierung unserer Arbeit hat sehr große Fortschritte gemacht, wir haben die Methoden erlernt und können bestimmte, dafür geeignete Aufgaben mit erheblicher Ersparnis an Zeit und Geld bewältigen. Wir konnten sehen, wie sich in vielen Orts- und Kreisverbänden die Genoss*innen nicht nur gegenseitig solidarisch unterstützt haben, sondern dies auch vor Ort für viele andere angeboten haben. Wir haben sehr zügig als Landesverband in enger Zusammenarbeit mit den Abgeordneten eine Website entwickelt, die nicht nur politische Botschaften, sondern eine Vielzahl von Informations- und Hilfsangeboten für verschiedene gesellschaftliche Gruppen enthält. Bei allen Schwierigkeiten: DIE LINKE. Sachsen hat gezeigt, dass sie unter schwierigen Verhältnissen weiter handlungsfähig und politisch aktiv ist.
Zusammenfassung und Ausblick
Die aktuelle Krise ist nicht nur eine des Kapitalismus, sondern entwickelt sich für viele Menschen zur ganz individuellen Lebenskrise. Die Lokomotive fährt ohne Zwischenstopp weiter, wenn wir nicht gemeinsam umsteuern. Die Krise ist unsere Chance einen sozialen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Der demokratische Sozialismus ist unser Bahnhof und erst wenn dieser erreicht ist, heißt es: Alles aussteigen bitte!
[1] https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-ruckschritt-durch-corona-23586.htm?fbclid=IwAR3-WZYKiaISNDekeMpimBZp1KP4K5aMwkLVkpHmSgtyc5rV5NMvvOnEZGs (zuletzt abgerufen am 10.07.2020)