Susanne Schaper zum Vorschlag von Henry Graichen: Wer Feiertage abschaffen will und nichts gegen hohe Pflegekosten unternimmt, bestraft die Leute doppelt

Pflegebedürftige, die den Eigenanteil für Pflegeleistungen – wie ihren Heimplatz – nicht bezahlen können, können beim Sozialamt die Sozialleistung „Hilfe zur Pflege“ beantragen. Dann springen die Kommunen ein – in Sachsen die Landkreise und Kreisfreien Städte, die dafür viele Millionen Euro ausgeben müssen. Angesichts dieser Belastung schlägt Henry Graichen (CDU), Präsident des Sächsischen Landkreistages, eine Debatte über Feiertage vor, um „die Wirtschaft“ zu entlasten. Dazu erklärt Susanne Schaper, Vorsitzende von Die Linke Sachsen:

„Wir haben volles Verständnis für die Finanznot der Kommunen – sie muss dringend behoben werden. Eine Debatte über Feiertage halte ich jedoch für einen aberwitzigen Vorschlag. Warum sollen die Leute in Sachsen auf Freizeit verzichten, weil die Regierenden in Bund und Land dabei versagen, die Pflegefinanzierung gerecht zu machen? Und wie soll es den Kommunen helfen, etwa den Buß- und Bettag in Frage zu stellen? Dieser ist nur noch in Sachsen ein Feiertag, wofür die hiesigen Beschäftigten jeden Monat ein halbes Prozent mehr vom Brutto in die Pflegeversicherung entrichten müssen. Wer durchschnittlich verdient, zahlt mehr als 200 Euro im Jahr. Diese Beiträge würden entfallen – es sei denn, Herr Graichen möchte den Feiertag abschaffen, nicht jedoch die höheren Pflegebeiträge.

Wir wollen beste Arbeitsbedingungen für das Personal und beste Versorgung für die Pflegebedürftigen – beides darf nicht gegeneinander ausgespielt werden, auch wenn die Eigenanteile vor allem wegen guter Tarifabschlüsse so stark steigen. Gerechtigkeit ist bezahlbar: Wir schlagen seit vielen Jahren vor, die Pflegeversicherung zur Vollversicherung zu machen, die das gesamte Pflegerisiko abdeckt. Alle, die hierzulande ein Einkommen erzielen, sollen dafür in denselben Topf Beiträge zahlen – und das ohne Beitragsbemessungsgrenze, die hohe und höchste Einkommen beitragsfrei stellt. Dann käme mehr Geld ins System, die Eigenanteile könnten sinken und die Kommunen aufatmen. Acht Wochen vor der Wahl kommen stattdessen solche Vorstöße aus der CDU, die seit mehr als drei Jahrzehnten in Sachsen regiert!

Es geht nicht an, dass Leute nach einem langen Arbeitsleben zum Sozialamt gehen müssen. Die Kretschmer-Koalition hat dabei versagt, dieses Problem zu lösen. Wir haben als ersten Schritt ein Pflegewohngeld vorgeschlagen: Der Freistaat soll die Investitionskosten der Heimbetreiber übernehmen, die sonst Teil des Eigenanteils sind. Das würde eine Entlastung um hunderte Euro pro Monat bedeuten. Das haben CDU, Grüne und SPD im Landtag abgelehnt.“